Organscreening - pro und kontra?

Huhu,

wir überlegen gerade, ob wir beim zweiten US das Organscreening machen lassen sollen. Ehrlich gesagt steige ich noch nicht so ganz durch, was dafür und dagegen spricht, auch wenn ich mich schon etwas belesen habe. Natürlich möchte ich auch noch mit meiner Ärztin sprechen, aber für ein paar Impulse wäre ich sehr dankbar!

Wir haben uns gegen ETS und NIPT entschieden, weil wir auch ein Kind mit Einschränkungen nehmen würden, bzw. die Entscheidung am liebsten einfach nicht treffen würden, da ist uns Unwissen lieber. Auch würden wir weiterführende invasive Diagnostik gerne vermeiden und wissen um die Möglichkeit falscher Ergebnisse (in beide Richtungen).

Das alles gilt natürlich erst recht in einem späteren Stadium der Schwangerschaft. Ich habe nur überlegt, ob man manche Organfehler nicht besser einfach vorher wüsste, um z. B. in einer Spezialklinik zu entbinden und frühe Maßnahmen zu planen. Kenne mich da allerdings wenig aus. Würde man sowas z. B. auch beim "normalen" US feststellen? Wie hoch ist der "Mehrwert" beim Organscreening, kann man das sagen?

Es liegt keine Risikoschwangerschaft vor und bisher ist alles zeitgerecht. Ich bin 34, also schon an der Grenze zum Risiko vom Alter her...

Vielen Dank und liebe Grüße!

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Hallo Nad13,
viele Schwangere und auch manche Ärzte verwenden die Begriffe Organscreening und Feinultraschall bzw. Fehlbildungsultraschall synonym. Das ist aber eigentlich nicht ganz richtig. Seit 2013 haben die Schwangeren bezüglich des von den Mutterschaftsrichtlinien vorgesehenen Ultraschalls im 2. Trimester ("2. Screening") drei Möglichkeiten:
1. Sie lassen nur einen sogenannten Basisultraschall machen, den jeder Frauenarzt durchführen kann. Hierbei werden am Kind im Grunde nur Größe von Kopf, Bauch und Oberschenkelknochen gemessen.
2. Sie lassen ein etwas erweitertes "Organscreening" machen. Hierbei werden noch weitere Fragen beantwortet, z.B. Sind alle vier Herzkammern zu sehen? Ist das Kleinhirn zu sehen? Ist die Wirbelsäule geschlossen? Ist die Bauchdecke geschlossen?
Einen solchen Ultraschall darf nur ein Arzt durchführen, dessen Ultraschall bestimmte Qualitätsansprüche (entsprechend Degum-Stufe 1) erfüllt. Das sind immer noch ziemlich viele Frauenärzte.
3. Sie lassen einen Feinultraschall Degum Stufe 2 oder 3 machen. Das ist die genaueste Untersuchung aller Organe, aber auch diejenige, bei der am meisten Auffälligkeiten ohne klare Bedeutung entdeckt werden. Diese Stufen haben nur relativ wenige Frauenärzte, deshalb wird man dafür in der Regel in eine Spezialpraxis für Pränatalultraschall geschickt. Wenn keine medizinische Indikation vorliegt, die abhängig vom Wohnort unterschiedlich großzügig ausgestellt wird, muss man diese Untersuchung selbst bezahlen (bis zu ca. 300 €)
(ausführlichere Informationen z.B. unter https://www.familie.de/schwangerschaft/praenataldiagnostik/organscreening/#doc-d9GHqy6sx5 ).

Es sind immer Situationen denkbar, in denen das Kind gesundheitlich von einem Feinultraschall profitiert. Das passiert aber sehr viel seltener als man gemeinhin so denkt. Selbst für die meisten Herzfehler macht es oft keinen entscheidenden Unterschied, ob sie vorgeburtlich oder nachgeburtlich entdeckt werden, zumal der genaue Schweregrad vorgeburtlich oft ohnehin nicht festlegbar ist. Mir fallen hauptsächlich (große) Zwerchfelldefekte sein, bei denen für das Überleben die vorgeburtliche Entdeckung oft entscheidend ist. Diese treten bei ca. 1-4 von 10.000 Geburten auf. Insgesamt würde ich schätzen, dass sicherlich nicht mehr als eines von 1000 Kinder von einer vorgeburtlichen Feindiagnostik entscheidend profitiert. Vermutlich wird aber mindestens eine von 100 Schwangeren durch eine Feindiagnostik überflüssig beunruhigt.

Ich finde es gut, dass es den Feinultraschall gibt. Aber ich finde es nicht richtig, wenn Schwangeren, die ihn nicht wollen, ein schlechtes Gewissen gemacht wird. Jede Schwangere sollte selbst entscheiden können wieviel Risiko für nutzlose (oder sogar schädliche) Verunsicherung sie für welche Chance auf Profit ihres Kindes ertragen will.
LG, Barbara

Bearbeitet von -leu-
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Liebe Barbara,

vielen lieben Dank für die genauen und hilfreichen Ausführungen! Das hilft mir wirklich sehr weiter.

Vermutlich habe ich beim Nachlesen tatsächlich Dinge über die zwei Stufen (erweitert und Feinultraschall) vermischt und war auch deshalb verwirrt...

Jedenfalls bin ich ziemlich sicher, dass wir uns dann den Feinultraschall sparen werden und die mittlere Stufe wählen. Ich glaube, meine Ärztin kann das auch selbst machen.

Lieben Dank und viele Grüße!

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Liebe Nad,
eben habe ich auf einen Thread über deinem geantwortet, wo es schon wieder um Verunsicherung durch Organscreening geht. Du könntest dir evl. viele Nerven sparen, wenn du mit deiner Ärztin vor dem Ultraschall besprichst, dass du für den Geburtsverlauf irrelevante Softmarker gar nicht wissen willst.
LG, Barbara

Bearbeitet von -leu-
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Der zweite oder auch der große Ultraschall beinhaltet das Organscreening, das ist Kassenleistung und wird vom Gemeinsamen Bundesausschuss in den Mutterschaftsrichtlinien empfohlen, im Gegensatz zur Pränataldiagnostik (ETS und NIPT). Schau mal in den Mutterpass, da ist einfach etwas mehr im mittleren Feld anzukreuzen.

Dabei schaut der Arzt systematisch das Kind an, um Organfehlbildungen zu diagnostizieren. Eigentlich musst du dir nur überlegen, ob du auf dein Recht auf Nichtwissen gebrauch machen willst. Das müsstest du vor der Untersuchung mitteilen.

Ich persönlich finde diesen Ultraschall sinnvoll und wichtig, tatsächlich habe ich bei meinen Kindern nur diesen Schall durchführen lassen, also auf den 1. und den 3. verzichtet.

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Danke dir! Da ging wohl beim Nachlesen bei mir ein bisschen was durcheinander, was Barbara unten ja auch noch mal auf den Punkt gebracht hat. Dann sehe ich das genau wie du!

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Ich kann deine Argumentation genauso nachvollziehen und würde es genauso machen, nur organscreening um evtl in Spezialklinik zu fahren.

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Danke für deine Meinung, das bestätigt mein Gefühl ein bisschen =)

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Wir haben das Organscreening machen lassen.

Wir hatten uns auch aus Überzeugung gegen Nackenfaltenmessung und dieses Tests entschieden.
Das Organscreening war uns aber wichtig, weil sich von da aus ja Besonderheiten für die Geburt ergeben könnten. Wenn zum Beispiel ein Herzfehler oder ein Offener Rücken vorliegt. Dann wollten wir zum einen nicht aus Unwissen das größere Risiko der spontanen Geburt eingehen und zum anderen die Möglichkeit haben, in einer spezialisierten Klinik zu entbinden, damit das Kind sofort gut versorgt ist.

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Lieben Dank für deine Meinung!

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Bei uns ist es recht ähnlich. Wir haben uns gegen die Nackenfaltenmessung entschieden, haben heute aber den Termin zum Organscreening (privat - 250€ in Österreich). Hintergrund für uns ist, dass ich gerne in einem Geburtshaus gebären möchte. Sollte sich bei dem Screening nun irgendetwas herausstellen, was ein Risiko für das Kind bedeuten könnte, würde ich natürlich in eine Klinik mit Säuglingsambulanz wechseln. Mich beruhigt es einfach, dass der Bauchzwerg nochmals mit einem feinen Gerät durchgecheckt wird.

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