Besteht ein erhöhtes Präklampsierisiko? Frage an Leu

Liebe Barbara,

Ich frage hier für meine Schwester, die aktuell mit Zwillingen schwanger ist.

Die Zwillinge sind durch ICSI nach Transfer von zwei Blastozysten entstanden. Die Prognose vor Behandlung war eher schlecht, da sie wegen Azoospermie nur durch Microtese gewonnene, eingeschränkt motile Spermien nutzen konnten.

Die Schwangerschaft ist dichorial-diamniot und verläuft bisher unauffällig. Die Föten entwickeln sich gut und hatten bei SSW 13+1 eine Größe von um die 7,5 /7,8cm. Es ist für meine Schwester die erste Schwangerschaft.

Nun zu unserer eigentlichen Frage: Die Gynäkologin hat erst zur Einnahme von ASS geraten, um einer Präklampsie vorzubeugen. Da meine Schwester aber an Morbus Crohn erkrankt ist, ist die Einnahme von ASS in egal welcher Dosierung kontraindiziert und sollte nur nach sorgfältiger Abwägung erfolgen. Deshalb entschied sie sich für ein ETS, welches an 13+1 erfolgte und bei dem folgende Werte ermittelt wurden:


Rechte Ateria uterina

PI 1,23        RI 0,65 (15. Perzentile)


Linke Ateria uterina 

PI 1,00       RI 0,59 (4. Perzentile)


Mittlerer PI : 1,12 (8. Perzentile)

Die Ärztin im Pränataldiagnostik-Zentrum meinte, dass evtl. doch die ASS-Gabe zur Praeklampsie-Prophylaxe in Erwägung gezogen werden sollte, wollte sich aber noch nicht entgültig dafür aussprechen und die Blutergebnisse abwarten:

PAPP-A: 

21,400 IU/L     2,4356 MoM

freies ß-hCG: 

81,800 IU/L     1, 1680 MoM

Laut der Arzthelferin sind diese Werte in Ordnung, allerdings konnte meine Schwester nicht mit der Pränataldiagnostikerin sprechen, da diese die nächsten zwei Wochen im Urlaub ist. Eine Einordnung, wie hoch ihr Risiko genau ist, konnte man ihr am Telefon auch nicht geben. Ihre Gynäkologin hat auf Nachfrage zugegeben, sich auch nicht 100% sicher in der Beurteilung dieser Werte zu sein.

Sie befindet aktuell in SSW 14+2 und müsste nun zeitnah mit ASS beginnen, wenn eine Praeklampsieprophylaxe nach Leitlinien erfolgen soll. Sie ist ziemlich verunsichert. Gibt es eine Möglichkeit, mithilfe dieser Werte ihr individuelles Risiko etwas genauer zu ermitteln?

Vielen Dank für deine Hilfe!

Liebe Grüße,

Maria

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Hallo,

ich zwar nicht leu, aber habe selbst seit ~10 Jahren Morbus Crohn. Soweit ich weiß ist niedrig dosiertes ASS zur Präeklampsieprophylaxe (oder anderen Dingen) unbedenklich, da es hier wirklich auf die Dosis ankommt. Das unterstreichen auch mehrere Studien, die genau das untersucht haben und es wurde immer festgestellt, dass niedrig dosiertes ASS zur Präeklampsieprophylaxe keine Schübe/Verschlechterungen des MC fördern, siehe u.a. auch hier:
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38493274/
https://journals.lww.com/ajg/fulltext/2023/10001/s840_the_effect_of_low_dose_aspirin_on_disease.1379.aspx


Ob ASS in eurem Fall notwendig oder sinnvoll ist, das möchte & kann ich nicht beurteilen. Mir persönlich kommen die PI-Werte für diese Woche aber total in Ordnung vor (wir erleben selbst gerade eine Schwangerschaft mit deutlich höheren Werten). Auch der PAPP-A Wert spricht nicht dafür, dass ein erhöhtes Risiko für Präeklampsie besteht. PLGF wurde nicht ermittelt?

Für eine bessere Bewertung sind allerdings auch noch andere Werte wie MAP (Blutdruck), eventuelle Vorerkrankungen, Alter etc. von Belangen.

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Hallo Stern-23,

Vielen Dank für deine Antwort! Das klingt ja sehr beruhigend. Der Blutdruck lag zuletzt bei 125/81, meine Schwester ist 33 Jahre. PLGF wurde leider nicht ermittelt. Wegen Zysten an der Schilddrüse wird sie vom Endokrinologen engmaschig überwacht, aber bisher besteht noch kein Handlungsbedarf.

Dass niedrig dosiertes ASS laut der Studien keinen negativen Einfluss auf den Krankheitsverlauf hat, ist auf jeden Fall schon gut zu wissen! Danke für das Teilen der Studien! Das ist auf jeden Fall etwas, das man im Gespräch mit der Gynäkologin noch anbringen kann und sicher auch hilfreich für die eigene Risikoabwägung und Entscheidung.

Bzgl. der PI-Werte hatten wir nur die Referenzwerte aus dem Befund zur Einordnung. Klar ist, dass nicht alles am Rand oder außerhalb der Normwerte gleich kritisch sein muss. Etwas Unruhe kam leider doch auf, vor allem, weil bei meinem Sohn letztes Jahr trotz Risikofaktoren im Organscreening eine lebensbedrohliche Komplikation übersehen wurde (er ist zum Glück gesund).

Nochmal danke für deine ausführliche Antwort und dass du dir die Zeit dafür genommen hast!

Liebe Grüße,

Maria

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Meistens findet man Risikoangaben für Präeklampsie auf den Bericht des ETS. Ein errechnetes Risiko selbst wurde da wohl nicht genannt?

Bei ICSI bzw. künstlichen Schwangerschaften besteht ja generell ein erhöhtes Risiko für PE. Wenn man das und die genannten Werte (ohne PLGF, Vorerkrankungen, starkes Übergewicht, ...) berücksichtigt, dann wäre das Risiko immer noch recht gering (<99% vor der 37. SSW), aber ASS würde sicher nicht schaden und wäre die Standardvorgehensweise. Der MC sollte da ja kein Hindernis sein.

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Liebe Maria,
ich denke auch, dass man mit ASS kein hohes Risiko eingeht.
Allerdings ist speziell das PAPP-A bei deiner Schwester mit >2 MoM so günstig, dass vermutlich auch ohne ASS kein wesentliches Präeklampsierisiko absehbar ist. Ich fände es daher auch vertretbar, wenn deine Schwester auf die Einnahme verzichten würde. Sie kann sich da ziemlich frei entscheiden.
LG, Barbara

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Liebe Barbara,

Danke für deine Antwort! Die Antwort hier und auch die verlinkten Studien haben uns schon sehr beruhigt - letztlich sieht es so aus, als kann sie ja keine wirklich falsche Entscheidung treffen :-) Sie wird diese Woche nochmal mit ihrer Gynäkologin sprechen und dann entsprechend vorgehen.

Liebe Grüße,

Maria