Todeswunsch für jemand, damit der andere leben könnte? Kindermund!!!

Hallo

Vor einigen Monaten ist ein junger Familienvater verstorben. Hirntumor. Er hat eine Frau und zwei Kinder (13 und 10) hinterlassen. Die Frau war eine gute Freundin von mir. Meine kleine Tochter und ihre waren die besten Freundinnen.
#kerze

Der Abschied vom Vater, DAS Thema ganz lange bei meiner Tochter und mir. Denn dem Mädchen wurde das verwehrt. ALLE im Ort wussten, dass er den Kampf gegen den Krebs verloren hat. Der Heilpraktiker hat noch versucht, so viel Geld wie geht, raus zu holen. Dem Sohn wurde es nur gesagt, da er mit 13 Jahren schon im Internet aktiv ist und viele Freunde hat,die hätten ja was sagen können.

Das Mädchen hat es EINEN Tag vor dem Tod des Vaters erfahren, er war zuvor schon einige Tage nicht mehr ansprechbar, wurde in einem sehr schönen Hospitz betreut und begleitet.

Meine Tochter wusste es, schon einige Wochen vorher, war so geschockt, dass ihre Freundin es nicht wissen durfte!

Nun passierte folgendes: Sie fragte mich, ob sie ein schlechter Mensch sei, denn sie hätte sich gewünscht, dass der andere Mann, der ein echter und ganz lieber Papa und Partner (soweit man das beurteilen kann) gewesen ist, leben darf und sie dafür viel lieber ihren Vater diesen Weg hätte gehen lassen. #schock ?! Dazu muss ich sagen, meine Kinder haben kein gutes Verhältnis zu ihrem Erzeuger. Gewalt und Angst kennen sie nur noch von ihm.

Hier das, was ich aus der Erinnerung habe, ihre Worte:

"Kann denn nicht der Papa so krank sein und sterben? Der Papa von meiner Freundin ist ein ganz lieber und wirklich ein Papa. Er hat immer was mit den Kindern gemacht und sie nicht immer weg geschickt und ihnen Angst gemacht. Mama, die haben doch noch nicht mal einen Klapps auf den Po bekommen von ihrem Papa. Unser Papa ist kein Papa und der Böse darf gesund sein und leben. Ich würde mir das so gerne anders herum wünschen. Das ist so unfair und gemein. Ja und ganz gemein ist, dass sie nicht Auf Wiedersehen sagen darf! Das geht doch nicht! Warum durften die nicht noch mal zusammen Urlaub machen? Sie kann nicht mal mehr sagen, dass sie ihn so lieb hat und hört nie mehr, dass ihr Papa sie lieb hat! Nie mehr Mama. ! Ich wünschte, der liebe Gott würde tauschen!"

Ich hab nur die Tränen mit ihr laufen lassen und sie fest gehalten. Ihr gesagt, dass es nicht in meiner Macht steht, dem Mädchen was zu sagen, oder der Familie zu sagen, wie sie in unseren Augen mit dem anstehenden Tod umzugehen haben. Ich dachte, ich brech zusammen, so sehr hat mich das alles getroffen.

Ich habe ihr gesagt, dass sie fühlen darf, was in ihr ist. Ich will natürlich nicht glauben, dass sie ihm den Tod wünscht. Aber sie wünscht sich ihn weg, als wäre er nicht mehr da. Sie sagt, damit sie keine Angst mehr vor ihm haben muss und er uns nicht mehr böses tun kann.

War es richtig so zu reagieren? Ihr tut die Freundin so sehr leid. Mir natürlich auch. Auch wenn durch Umstände, die andere verursacht haben, die Freundschaft wohl nicht mehr bestehen kann. Zumindest nicht wie vorher. Aber das ist ein ganz anderes Thema.

Dazu möchte ich sagen, dass meine Tochter seit der Trennung in psychologischer Behandlung ist, da sie nicht wegen der Trennung Probleme hat, sondern durch die Zeit mit dem Vater und was danach alles mit uns passiert ist. Sie lehnt ihn kategorisch ab und verweigert jeden Kontakt, genau so wie ihr großer Bruder.

Das ganze ist nun schon einige Zeit her, die Mädchen telefonieren nur noch sehr selten. Die Mutter ist weder gegen den Kontakt noch fördert sie diesen. Ich bin aus dem Freundeskreis raus, habe nur zu einigen Verwandten der Familie Kontakt, sehr guten allerdings. Trauer wird aber bei den Freundinnen der Mutter komisch gelebt für meine Gefühle. Schon damals war ein "Geistheiler" sehr aktiv und hat denen die Heilung versprochen und was weiß ich nicht alles, damit sie immer und immer wieder zu diesen Sitzungen gefahren sind, Messen gekauft haben, Tinkturen, ... alles gegen Bares. Der Typ war früher auf Ibiza und musste dort ganz plötzlich "weg".... ? ? ? Ich bin jetzt lieber still, denn ich habe nicht nur Zweifel an diesem Mann, sondern auch an dem Heilpraktiker.

Grrr... ich schweife ab. Aber das ist vielleicht verständlich. Ja und nun? Was will "die" eigentlich von uns hier im Forum... so genau kann ich das auch nicht sagen. Ich suche nach einer Bestätigung, dass ich meiner Tochter genug Freiraum gebe, sich emotional gesund zu entwickeln. ? So kann ich es glaube ich, definieren.

Gibt es vielleicht Literatur, kennt jemand ein "gutes Buch"? Klar, ich sprech die Psychologin darauf an, vielleicht weiß sie was.

Danke fürs durchhalten, wer bis hier hin gekommen ist. Danke für eine Antwort, falls jemand dazu was sagen mag.

Liebe Grüße,
Tine

1

Schlimm!

Abr du hast alles richtig gemacht, bist sensibel und auf deine Tochter eingegangen!

Mehr kannst du nicht machen!

Was die andere Familie angeht: jeder lebt und trauert für sich so wie er es mag!
Es mag befremdlich sein aber i.O. wenn sie so damit zurecht kommen!

LG Srollan

2

Hallo,

schlimme Geschichte! Und ganz traurig für die betroffene Famile.

Du hast in dem Moment sicher nichts falsches gemacht. Was ich aber ein wenig befremdlich finde, ist wie Deine Tochter über ihren Erzeuger spricht. Für mich klingt es nach einer richtig kaputten, zerrütteten Familie. Traurig, dass Ihr Angst vor dem Erzeuger haben müsst. Hier würde ich noch mehr handeln. Ihr seid in psychologischer Behandlung, das ist gut. Sehe zu, dass Du Deine Tochter stärkst. Ihr Selbstvertrauen geben kannst. Keiner sollte Angst vor irgendjemanden haben müssen.

LG
Caro

3

Hallo Tine

erst mal tut es mir sehr leid. In deiner Haut möchte ich wirklich nicht stecken. Es scheinen im Moment einige Dinge zu bröckeln, die Du Dir sicher für Dich und Deine Familie ganz anders vorgestellt hast.

Trotzdem möchte ich Dir sagen, dass ich wirklich denke, dass Du alles richtig gemacht hast. Deine Tochter weiss, dass sie auf die zählen kann und das ist was wirklich zählt. Wenn Du weiterhin so offen mit ihr umgehst, wird sie immer zu Dir kommen, wenn was ist und das ist soooo unendlich wichtig.

Schade, dass die betroffenen Familie anders reagiert - auch sie wird ihre Gründe dafür haben! Trotzdem ist es schade, denn das Kind steht dabei im Hintergrund.

Also, Kopf hoch, Du hast alles richtig gemacht

Gruss Beate

4

#liebdrueck

erst mal: mein beileid. sowas ist ganz schlimm, auch wenn sich da schon ne spaltung bildet.

dann:

ich denke nicht dass deine tochter ihrem vater den tod wünscht. ich denke dass sie zum ausdruck bringen wollte, dass sie sofort tauschen würde. es wäre für sie kein großer verlust diesen ... "schwierigen"? (ich sags mal so ...) ... vater zu verlieren. es aber eine ganz große kathastrophe für ihre freundin wird/ist. in ihren augen wäre es einfach leichter für alle zu ertragen. und dass es für den der stirbt in jedem fall ne katastrophe ist weiß sie. aber es ist halt so, dass der papa ein ganz guter ist und gehen muss und so ein schlimmer wie ihrer bleibt ... das ist ungerecht. und damit hat sie recht. aber ich denke sie weiß auch dass es in keines menschen macht steht dies zu ändern.
sprich die psychologin drauf an, aber ich denke es ist nix schlimmes. denn tief in deinem inneren findest auch du vermutlich dass es ungerecht ist. und sie ist noch immer ein kind das sowas leichter mal ausspricht - mit den vergleichen die ihr zu verfügung stehen, auch wenn es sich vielleicht hart anhören mag.

was das verhalten der familie angeht: find ich auch sehr komisch. vor allem dass sie es vor der tochter geheim gehalten haben. ich denke sie wusste es. aber weil sie es nicht wissen durfte hat sie so getan als würde sie es nicht wissen. und das macht alles noch viel schlimmer! oder glaubst du dass sie nicht mitbekommen hat dass es JEDER in ihrer umgebung wusste und darüber geredet hat und sie im tiefsten inneren bedauert hat und das auch oft laut zum ausdr4uck gebracht hat?
ich hab so nen fall im bekanntenkreis. sie durfte nicht wissen dass alle zum begräbnis ihrer mama gehen (sie war 13!!!!). und sie sollte fröhlich im garten ihrer freundin spielen. also saß sie mit ihrer freundin im garten und tat so als ob sie fröhlich spielen würde. und innerlich ist sie fast gestorben ... sie hat erzählt was so abgegangen ist in ihr. aber ihre umgebung hat nichts mitgekriegt. alle fühlten sich gut, weil sie es nicht so sehr mitgekriegt hat und es ihr gut geht ... #schock
ich hoffe, sie bekommt zumindest nen guten psychologen oder sonst eine begleitperson mit der sie da durch kommt #pro

der heiler: nun, ich kenne gute heiler und heilpraktiker ... und schlechte ... wo genau die einzuordnen sind ließe sich nur sagen wenn man das genaue vorgehen kennt und weiß was wer gemacht und vorgeschlagen und angeboten hat bzw worum gebeten wurde ... wir waren nicht dabei.

weißt du, manchmal geht es nur um das gefühl ALLES versucht zu haben. auch wenn man weiß dass es hoffnungslos ist ...

#kerze für den mann und gaaaanz viel kraft für seine familie die jetzt ohne ihn zurecht kommen muss.

5

Vielen Dank für eure Antworten.

Zum großen Teil bin ich mir ja auch sicher, dass ich nicht nur richtig gehandelt habe, sondern auch die richtigen Worte gefunden habe.

Schuld und Gerechtigkeit ist ein großes Thema und gerade wenn es um Unrecht geht, da brennen oft die Sicherungen bei uns durch. Aber nicht bösartig, wir alle regen uns nur sehr darüber auf. Meine Tochter nutzt das in der Schule, um z.B. im Gruppengespräch zum Wochenende hin, die leider katastrophale Klasse zu "bewerten". Sie ist trotzdem, dass sie alles offen anspricht, eine der beliebtesten Mädchen der Klassenstufe. Sie eckt zwar zuerst damit an, aber am Ende schafft sie es doch tatsächlich, dass die Kinder nachdenken und sich nicht gerade selten wieder vertragen. Das ist natürlich anstrengend und ich muss sie oft bremsen. Dazu muss ich sagen, dass sie zwangsweise einen Schulwechsel machen musste, da mir das Transportmittel "weggenommen" wurde und sie erst ein halbes Jahr in der neuen Schule ist (umgezogen in den neuen Ort waren wir schon früher)

Wir sind alle sehr belastet, das stimmt. Mein Sohn und ich wollen beide, wenn das "Thema" endlich durch ist, Hilfe in Anspruch nehmen. Mein Sohn sagt ganz klar: Ich hatte nur ihn als Vorbild und ich will nicht so werden wie er. Darum muss ich wissen, wie es richtig ist und wenn es falsch läuft, was ich ändern kann und wie ich das anstellen muss. Aber im Moment ist er dazu noch nicht bereit. Er sagt, er braucht dann erst mal Pause.

Noch mal vielen Dank für eure Antworten!

LG
Tine