Zivilcourage, Gewalt in der Erziehung bei Freunden

Zum Thema "Gewalt in der Erziehung" wollte ich mal in die Runde fragen: Wie haltet ihr es bei Freunden, wenn ihr mitbekommt, dass die ihre Kinder eben nicht gewaltfrei erziehen, sondern dort eurer Meinung nach Grenzen überschritten werden? Mischt ihr euch ein? Sprecht ihr das Thema an? Oder seht ihr großzügig darüber hinweg?

Wann ist bei euch der Punkt gekommen, dass ihr euch einmischt?

Ich meine damit auch solche Dinge wie ganz offensichtlicher Liebesentzug oder wenn ein Geschwisterkind ganz eindeutig bevorzugt behandelt wird, wenn die Kinder überfordert werden, aber solche solche Dinge wie Klaps auf den Po oder die Finger oder den Hinterkopf, auch sowas wie schubsen, zerren oder schütteln, heftig an den Armen festhalten. Wie haltet ihr es mit verbaler Gewalt, Verletzungen durch Worte, Beschimpfungen, ironische und sarkastische Bemerkungen oder allgemein Herabwürdigungen?

Was sagt ihr dann?

Ich habe nämlich das Gefühl, dass viele Eltern Gewalt einfach gar nicht als solche erkennen. Es gibt tatsächlich viele, die laut und öffentlich behaupten, dass sie ihre Kinder niemals schlagen würden, aber ihre Aggressionen dann einfach auf andere Art und Weise an den Kindern auslassen. Das findet dann alles viel versteckter statt und endet dann in einer Art seelischer Gewalt, wo man die Verletzungen überhaupt nicht mehr sehen kann, wie z. B. blaue Flecken.

Ich gebe euch noch ein Beispiel an die Hand: Ein Vater, der zu seinem Kind sagt: "Kein Kind ist so böse wie du!" :-(

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"Ich meine damit auch solche Dinge wie ganz offensichtlicher Liebesentzug "

Definiere "ganz offensichtlicher Liebesentzug".

Ich z.B. sage meinem Sohn immer mal wieder, dass ich ihn immer lieb habe, auch wenn ich gerade mit ihm schimpfe oder auf ihn sauer bin. Und das hat er auch verinnerlicht.
Trotzdem säusel ich meinen Sohn nicht mit "ich hab dich soooooo lieb" voll, wenn ich gerade auf ihn sauer bin. Wenn ich sauer bin, bin ich sauer, und zeige das auch.

Wenn das für dich Liebesentzug ist - dein Problem. Ich würde jeden Menschen meiner Wohnung verweisen, der es wagt, mich dafür zu kritisieren.

"wenn die Kinder überfordert werden,"

Ein Kind zu überfordern, ist zwar sicher nicht richtig und nicht für die Entwicklung des Kindes förderlich, aber in keinster Weise Gewalt.
Bei dir ist wohl alles "Gewalt", sobald man seinem Kind nicht den Hintern pudert.

" aber solche solche Dinge wie Klaps auf den Po oder die Finger oder den Hinterkopf, "

Was spricht gegen einen liebevollen Klaps auf dem Po ("jetzt geh wieder spielen, du Racker") oder ein spaßig gemeintes Klapsen des Hinterkopfes?

"auch sowas wie schubsen, zerren oder schütteln, heftig an den Armen festhalten."

Schubsen? Kommt darauf an. Ein Kind (das standsicher ist) in eine gewisse Richtung schubsen, damit es mal in die Gänge kommt, ist okay, aus Gewalttätigkeit schubsen, mit der Absicht, dass das Kind umfällt, natürlich nicht.

Zerren? Hmm, wenn ich mein Kind festhalte und es will von mir weg, zerrt ja mein Kind.
Ich habe vollstes Verständnis für Eltern, die ihr widerspenstiges Kind irgendwie von Ort A nach Ort B bringen wollen. Wenn du dringend mit deinem Kind irgendwohin müsstest, und dein Kind weigert sich - wie bringst du denn dann dein Kind an den Ort?

" heftig an den Armen festhalten. "

Wenn mein Kind sich ansonsten los reißen könnte, muss ich halt "heftig" festhalten.
Mein Sohn hatte während seiner Kindergartenzeit mal so einen heftigen Tobsuchtsanfall, dass er von zwei Erzieherinnen festgehalten werden musste - am Tag danach sah man anhand von blauen Flecken in Form von Fingerabdrücken auch wo. Da ich die früheren Tobsuchtsanfälle meines Sohnes kenne, kann ich ganz klar sagen: Notwehr.

"Wie haltet ihr es mit verbaler Gewalt, Verletzungen durch Worte, Beschimpfungen, ironische und sarkastische Bemerkungen oder allgemein Herabwürdigungen?"

Wer Ironie und Sarkasmus mit "verbaler Gewalt" gleichsetzt, dem kann ich auf diese Frage nicht ernsthaft antworten.
Natürlich schimpfe ich mit meinem Sohn, wenn er was angestellt hat oder sich wirklich absichtlich dumm anstellt.

"Was sagt ihr dann?"

Ich würde es mir verbitten, dass sich Außenstehende (ob Freunde, Nachbarn, Bekannte, etc.) in meine Angelegenheiten einmischen und genauso würde ich mich bei "verbaler Gewalt" #augen nicht einmischen.

"Es gibt tatsächlich viele, die laut und öffentlich behaupten, dass sie ihre Kinder niemals schlagen würden, aber ihre Aggressionen dann einfach auf andere Art und Weise an den Kindern auslassen. Das findet dann alles viel versteckter statt und endet dann in einer Art seelischer Gewalt, wo man die Verletzungen überhaupt nicht mehr sehen kann, wie z. B. blaue Flecken."

Da stimme ich dir uneingeschränkt zu!
Ich kritisiere seit Jahren, dass z.B. ein Klaps auf den Hintern unter Strafe steht, so dass Eltern zwangsläufig auf viel subtilere und fiesere Strafaktionen ausweichen, die 1000x schlimmer sind als ein Klaps auf den Hintern - die aber straffrei sind und ohnehin unentdeckt bleiben.

Wenn ich als Kind was angestellt habe, bekam ich mehr als nur einen Klaps auf den Hintern, nämlich 10 schmerzhafte Schläge auf selbigen. Das war mir aber alle Mal lieber, als wenn meine Eltern mich als Strafe relativ lange ignoriert haben (und DAS war wirklich gezielter Liebesentzug).

"Ich gebe euch noch ein Beispiel an die Hand: Ein Vater, der zu seinem Kind sagt: "Kein Kind ist so böse wie du!" "

So ein Satz ist dann schlimm, wenn er regelmäßig und oft gesagt wird und die Eltern ihrem Kind auch zeigen, dass sie das ernst meinen.
Wenn ein Kind einen echt üblen Tag hat, und einem nach mehreren Situationen im Affekt so ein Satz rausrutscht, und man über alles redet, wenn sich die Situation wieder beruhigt hat, finde ich den Satz zwar ungeschickt formuliert (man sollte lieber sagen "kein anderes Kind verhält sich so böse wie du"), aber wenn sonst alles in der Eltern-Kind-Beziehung stimmt, gibt es keinen Grund darüber schockiert zu sein.

Zu deiner Ausgangsfrage:
erstmal stimme ich Hezna zu, dass ich noch nie in der Situation war, beurteilen zu können, ob der Klaps jetzt eine Ausnahme im Affekt war oder Prügelorgien in einer Familie an der Tagesordnung sind.

Würde ich Zeuge von Brutalität gegenüber einem Kind werden, würde ich natürlich eingreifen, aber brutal ist keines deiner aufgezählten Beispiele.

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"Was spricht gegen einen liebevollen Klaps auf dem Po ("jetzt geh wieder spielen, du Racker") oder ein spaßig gemeintes Klapsen des Hinterkopfes?"

aus dem Kontext her kann man aber schon entnehmen, dass die TE DAS nicht damit meint.

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"aus dem Kontext her kann man aber schon entnehmen, dass die TE DAS nicht damit meint."

Echt? #schein

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Hi,

wir machen den Mund auf und sagen offen unsere Meinung dazu und versuchen aber auch andere Wege aufzuzeigen.

Mein Mann ist in der Beziehung vorbelastet - bei ihm wollte keiner was gesehen haben bzw. "das geht uns nichts an"...

Eine Freundin meines Mannes ist mit ihren Kindern überfordert (ihr Mann macht NICHTS - im Gegenteil - er ist schlimmer als ein weiteres Kind), sie meint es gut, will alles richtig machen - und schießt vor allem bei ihrem Ältensten (6) sehr oft übers Ziel hinaus. Da reden wir auch mit ihr. Gut finde ich allerdings, dass sie sich eine Familienhilfe vom Jugendamt geholt hat, die sie unterstützt.

Hier ist aber auch eher mein Mann (mit dem sie mal zusammen war) derjenige, der deutlich wird - von ihm nimmt sie es an - bei mir fühlt sie sich bevormundet (ich bin ca 12 Jahre älter als sie...).

Allerdings mögen wir sie beide und wissen, dass sie es nicht leicht hat. Auch ihren Ältesten mögen wir und unser Sohn sehr gern, deshalb kümmern wir uns auch so, wie es unsere Möglichkeiten zulassen (wohnen fast 50km entfernt), um den Kleinen.

Gruß
Kim

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gerade weil es freunde sind, sollte man es ansprechen. nicht sofort beschuldigend die moralkeule schwingen,aber hinterfragen und ein klares statement dazu abliefern.
kinder haben ein recht auf gewaltfreie erziehung. aber sie brauchen dafür auch eine lobby, also menschen, die den mund aufmachen!!!

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"Kein Kind ist so böse wie du!"

Hallo,

grundsätzlich hast du recht, das sollte man nciht sagen. Allerdings entscheide ich schon im Hinblick auf die Gesamtsituation. Denn es ist etwas anders, wenn ein kind ständig damit konfrontiert ist oder ob diese Aussage deswegen fällt, weil die Eltern gerade gestresst sind. Dann ist diese Aussage sicher immer noch nciht schön, aber ich kann anhand der Gesamtsituation schon sehen oder einschätzen, dass solche Sachen nicht die regel sind.
Und wenn ich mal von mir ausgehe: auch ich bin nicht immer perfekt. Auch ich werde mal laut oder sage das falsche und auch ich habe mein kind schon mal am arm festgehalten. Und dennoch ist das bei uns nciht die Regel. Ich reflektiere mein Verhalten, ich versuche mich in den jeweiligen Situationen zu bremsen und sage mir, dass meine kinder ncihts für meinen Stress können und versuche damit ruhig zu bleiben. Das klappt ganz gut und immer besser. Und zu guter letzt breche ich mir auch keinen Zacken aus der Krone, wenn ich doch mal übers ziel hinaus geschossen bin und ungerecht war, mich bei meinem kind zu entschuldigen udn mit ihm zu reden, warum ich so reagiert habe.
um deine Frage zu beantworten: Bei körperlicher Gewalt in From von Schlagen würde ich etwas sagen. Am Arm festhalten vermutlich nciht, kommt auf die Situation und das Ausmaß an. Bei seelischer Gewalt wie oben von dir beschrieben gilt das selbe. wird ein Kidn aber als "Arschloch" betitelt, würe ich sofort etwas sagen. Zum glück habe ich aber keine Freunde, die sowas tun.

vg, m.

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"Ich reflektiere mein Verhalten, ich versuche mich in den jeweiligen Situationen zu bremsen und sage mir, dass meine kinder ncihts für meinen Stress können und versuche damit ruhig zu bleiben. Das klappt ganz gut und immer besser. Und zu guter letzt breche ich mir auch keinen Zacken aus der Krone, wenn ich doch mal übers ziel hinaus geschossen bin und ungerecht war, mich bei meinem kind zu entschuldigen udn mit ihm zu reden, warum ich so reagiert habe."

Das finde ich absolut toll und vorbildlich! :-D Deine Kinder haben großes Glück! #pro

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Danke schön#hicks

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hallo,

ich war bisher nur einmal mit so einer person "befreundet". die hat sich ganz streng an "jedes kind kann schlafen lernen" und "jedes kind kann regeln lernen" entlanggehangelt.
das waren jetzt alles keine misshandlungen--aber ich fand die erziehung insgesamt zu streng und vor allem zu lieblos. sie hätte sich besser einen hund anschaffen sollen und ich habe den kontakt irgendwann einschlafen lassen, weil ich das nicht mehr ertragen konnte.
ansonsten bin ich nicht mit leuten befreundet, die ihre kinder schlecht behandeln.

lg

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Du hältst dich wohl für unfehlbar oder?
Schonmal daran gedacht, wieso sich Leute strikt an solche "Regeln" halten? Hilflosigkeit?

Die Erziehung war zu streng und lieblos? Und sie sollen sich lieber einen Hund anschaffen? Tolle Freundin bist du!

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du kennst weder sie, noch warst du dabei, noch hast du irgendeine ahnung, wovon ich rede.

außerdem habe ich die freundschaft abgebrochen--lesen hilft!

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Hallo!

Mir ist dergleichen bei unseren Freunden bzw. bei Freunden meines Sohnes noch nie aufgefallen.

Ob ein Kind überfordert wird, ob Geschwister bevorzugt werden etc. stellt man ja nur fest, wenn man wirklich engen Kontakt hat und auch dann ist es meistens nur eine subjektive Einschätzung. Da fände ich es schwer, etwas zu sagen. Vielleicht würde ich das Gespräch suchen in einer ruhigen Minute... Weiß ich nicht. Hängt auch davon ab, welchen Eindruck das Kind auf mich macht.

Verbale Entgleisungen würde ich direkt ansprechen, aber nicht in Anwesenheit des Kindes, es sei denn natürlich, das Kind wird explizit beschimpft. Aber bei sarkastischen Bemerkungen beispielsweise tut man dem Kind mMn keinen Gefallen, wenn man direkt in seinem Beisein ein Fass aufmacht. Klar ist das unangebracht, aber mit den Eltern eine Diskussion anzufangen, wie diese mit ihrem Kind sprechen, während das Kind daneben steht, ist auch nicht hilfreich.

Bei körperlicher Gewalt - ganz klar - sofort. Wobei ich da mal im Job in eine Situation geraten bin, die die Entscheidung (eingreifen oder nicht) sehr schwer gemacht hat. Aber das war ein Sonderfall. :-(

Wie gesagt - all meine Einschätzungen sind rein hypothetisch, weil mir bei unseren Freunden und engeren Bekannten so etwas noch nicht untergekommen ist.

Beste Grüße!

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Naja, für die Überforderung gibt es aber schon klare Regeln. Wenn ein 6jähriger Erstklässler für sich und seine Schwester selbst Essen machen muss, weil die Mutter meint, er wäre alt genug, dann ist das schon einen Misshandlung. Oder wenn ein Kind seine Schulsachen von seinem Taschengeld bezahlen und selbst einkaufen soll, weil die Eltern es "nicht einsehen". Das ist ja auch schon vom Gesetz her verboten, weil das Kind noch geschäftunfähig ist.

Das ist aber eher Vernachlässigung als Gewalt.

Aber wenn jetzt eine Mutter ihr Vierjähriges Kind im Supermarkt einfach stehen lässt und alleine zur Tür rausgeht, dann ist das schon eine Form von Gewalt, denn das kann beim Kind schon Panik auslösen, auch wenn die Mutter vielleicht sagt: Ich würde ja nie ohne mein Kind vom Parkplatz wegfahren! Aber weiß das das Kind auch??

Meine Mutter hat sowas gebracht, ich weiß wie schlimm das war. Sie hat das auch "Konsequenz" genannt, weil ich ihr zu viel getrödelt habe. :-(

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Okay, da gebe ich Dir in allen Punkten Recht. :-(

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Da ich seltenst in der Situation bin ,überhaupt beurteilen zu können was vorgeht, würde ich fein aufpassen, mich zu früh einzumischen.

Abgesehen davon muß meine Art der Einstellung nicht zwingend immer die einzig Wahre sein.

Ich kann da nicht sagen, ab wann ich was machen oder wann ich wegsehen würde.

Das käme auf die Situation an, oder ob ich es schon häufiger bei Freunden beobachtet hätte.

Ich würde nicht wegen einem Wort oder Satz, der mir gegen den Strich geht, sofort eine Diskussion anfangen.
Manches sagt man mal, das man zwei Minuten später selbst bereut, dann braucht man nicht noch jemanden, der einem eine Predigt hält.

Wie gesagt, bei mir käme es auf das Gesamtpaket an und meine eigene Tagesform zu reagieren.

Gruß Hezna #klee

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Schön geschrieben, so sehe ich das auch! #liebdrueck

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Hi,

ich treffe mich mit Muttis, deren Kinder ähnlich alt sind wie mein Sohn und bislang ist mir eine von dir beschriebene Erziehung noch nicht aufgefallen. Es gab mal Aussagen ("sei nicht immer so böse"), die wir danach aber "diskutiert" haben. Wir haben da ein recht lockeres Verhältnis und ich glaube, keiner nimmt es dem anderen übel, wenn man mal was sagt.

Anders sieht es leider in der Familie meines Freundes aus. Sein Neffe ist bereits 11 Jahre alt und wurde schlimm behandelt, sein kleiner Bruder wurde bevorzugt. Als ich einmal mitbekam, dass er eine Ohrfeige bekommen hat, war ich selbst "erst" 23 Jahre alt, ohne Kind, war zwar kurz schockiert, aber hab mich nicht getraut was zu sagen.

Ich weiß aus Erzählungen danach, dass die Oma damals was sagte und diese Diskussion übel war. Denn der Vater ist sehr agressiv und kann einem schon Angst einflößen (vermutlich hab ich auch aus diesem Grund damals nichts gesagt). Der Vater hat dann z.B. mit der Oma ca. 1 Jahr fast nicht mehr gesprochen "denn sie hat sich nicht in unsere Erziehung einzumischen".

Wir wohnen nicht in der Nähe, daher weiß ich nicht, ob und wie oft es zu solchen Gewalttaten kam. Was vermutlich aber viel schlimmer war für den Jungen, war bzw. ist die verbale Gewalt. Er wird immer klein gehalten, nichts macht er richtig usw. Eigentlich braucht er nur falsch zu gucken und es geht schon los.

Aus der oben beschriebenen Situation weiß ich ja, dass ein Ansprechen zu nichts außer "schlechte Luft" führen würde. Ich habe das aber schon bei der Mama, also der Schwester meines Freundes angesprochen. Sie war auch recht traurig darüber, konnte es aber nie ändern. Schlimmer noch, sie hat diese Verhaltensweise immer mehr übernommen, wie mir letztens aufgefallen ist. Bei ihr jedoch könnte ich mir vorstellen, sie mal wieder drauf anzusprechen.

LG

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Das ist eine echte problematische Frage. Denn wenn es um wirkliche FREUNDE und nicht um irgendwelche Passanten, die gerade mal vorbeilaufen geht, ist die Situation ja eher so, dass man den familiären Alltag und die Probleme der Kinder/Eltern eventuell kennen sollte und bei seiner Bewertung mit einbeziehen kann.
Es gibt bei mir eine generelle Grenze, die niemals überschritten werden darf. Das ist jegliche Art von schwerer körperlicher Gewalt. Damit meine ich NICHT: den "Klaps" auf den Po, das "am-Arm-ziehen/zerren", heftig am Arm festhalten oder solche Sachen.
Dann gibt es psychische Gewalt. Dafür Beispiele zu nennen ist schwer. Die Bevorzugung eines Geschwisterkindes jedoch ist in meinen Augen menschlich und normal - unnormal wäre es, wenn es anders wäre. An Liebesentzug glaube ich nicht. Niemand kann seine Gefühle per Schalter ausstellen. Die schlimmste Art der psychischen Gewalt wäre für mich daher Ignoranz. Also das völlige "Übersehen" des Kindes als Strafe oder warum auch immer... Und dein letztes Beispiel... naja, das ist ziemlich aus dem Zusammenhang gerissen, oder? Ich kann zu meinen Söhnen auch nicht Tag ein, Tag aus sagen, wie toll sie doch sind, wenn sie hier alles kurz und klein schlagen und auch noch andere dabei verletzen. So etwas dann im Affekt zu sagen, wäre echt noch das "Geringste". Sagt der Vater das allerdings 10 mal täglich zu seinem Kind um das Selbstbewußtsein zu untergraben, dann ist es das Allerletzte und sehr wohl auch seelische Gewalt.
Nun nocheinmal zu den oben ausgegliederten "Handlungen" der körperlichen Gewalt. Ich denke, hier muß man schon differenzieren, weswegen so etwas geschieht, wer das Kind ist, wer der Elternteil ist, wie das Umfeld ist, wo das gerade passiert,...
Beispiele:
* Kind, 4 Jahre, reißt sich von Mutter los und rennt in Richtung einer stark befahrenen Straße, Mutter erreicht das Kind "gerade so noch" an der Bordsteinkante und zerrt es am Arm mit aller Kraft zurück

* Kind, 7 Jahre, (psychisch krank - z.B. Autist) hat behinderungsbedingt die Neigung zu schwersten Wutanfällen mit Autoaggression; Mutter weiß, dass in so einem Moment nur ein starkes Festhalten/Umklammern des Körpers des Kindes hilft - dieses wehrt sich im ersten Moment natürlich immer (was auch schmerzhaft für die Mutter ist) - ja, es sieht komisch aus, wenn das Kind von der Mutter erst irgendwie vom Fußboden "hochgezerrt" wird und dann mit dem gesamten Körper der Mutter gehalten wird
Das waren nur 2 Beispiele, die mal verdeutlichen sollten, dass es durchaus Fälle gibt, wo es anders ist, als es den Anschein hat. Im Alltag als Passant würde ich mich immer sehr zurückhalten und nur bei den ganz oben genannten "Extremen" einschreiten. Bei Freunden, wo ich eben auch die Familie und deren Hintergrund kenne, schon wesentlich eher, falls es nicht mir bekannte "Ausnahmen" gibt.

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Ich meine, beim Festhalten merkt man aber schon, ob die Eltern das Kind nun so körperlich angehen, weil sie das Kind schützen müssen oder ob sie wirklich ihre ganz persönliche Wut an dem Kind auslassen.

Ich kann ja noch mal ein Beispiel geben: Eine Bekannte von mir hat 2 Söhne (3 und 5 Jahre). Die beiden Söhne haben sich, als wir zu Besuch waren, wie die meisten Geschwister um ein Spielzeug, in diesem Fall ein Lego-Auto gestritten. Die Mutter hat sich eingemischt und dem Großen gesagt, er soll das Auto dem kleinen Bruder überlassen. (Warum, habe ich selbst nicht so ganz verstanden.) Jedenfalls wollte der Große das Auto nicht abgeben und dann hat die Mutter ihren Sohn an beiden Armen festgehalten und so fest zugedrückt, dass er schon vor Schmerzen das Auto losgelassen hat. Er weinte dann auch, also das war weitaus mehr als eine Geste. Das hat auch für mich mich mit "Konsequenzen" nichts mehr zu tun. Sie hat ihm Schmerzen zugefügt und ihn damit genötigt, das Auto loszulassen. Da hätte sie ihm besser einfach das Auto aus der Hand reißen können. Das wäre kurz und schmerzlos gewesen und er wäre höchstens frustriert.

Ich habe sie jedenfalls gefragt, warum sie das gemacht hat, und sie meinte, dass ihr das Gestreite ihrer Jungs ziemlich auf die Nerven geht. Jedenfalls ist wohl ihre Grundeinstellung dazu, dass der Große die Spielsachen abgeben muss, weil er angeblich größer und vernünftiger ist, während der Kleine das noch nicht so ganz durchblicken kann.

Ich finde, dass diese Art auf für den Großen eine wirkliche Überforderung ist, denn dann hat er ja im Zweifel gar kein Recht mehr zu gar nichts, weil er immer Rücksicht nehmen muss, nur damit die Mutter ihre Ruhe hat. Das kann auch nicht gesund sein.

Gerade in dem Alter muss sich doch die Mutter die Zeit nehmen und ihren Kindern das Teilen erstmal beibringen. Im Alter von 3 und 5 kann man noch nicht erwarten, dass sie das sachlich durch Verhandlungen klären. Natürlich wird der Große seine Körperkraft einsetzen und der Kleine wird das mit Geschrei beantworten, weil er auch noch nicht so gut sprechen kann. Und das Geschrei ist anstrengend, keine Frage! Aber so lernt der Kleine doch auch nur, wenn er laut genug rumschreit, nimmt Mama dem Großen das Spielzeug weg. Find ich ganz furchtbar! :-[

Ich habe ihr gesagt, wenn sie sich nicht sicher ist, wem das Spielzeug zusteht, dann soll sie es im Zweifel lieber einkassieren und die Sache dann regeln, wenn SIE sich wieder beruhigt hat, weil es sonst schnell mal ungerecht wird. Hinterher ist sie dann auch zu ihrem Sohn gegangen und hat sich entschuldigt. Aber in der Situation selber war mir vollkommen klar, dass sie das bisher immer so geregelt hat. Und bis ich was gesagt habe, fand sie das auch noch in Ordnung so. :-(

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Ich habe eine Bekannte, die ihrer Tochter eine Zeitlang auf die Finger geklapst hat, z. T. auch angedeutet. Da war die Kleine 13 Monate alt. Ich habe ihr gesagt, dass ich das nicht gut finde und es nicht machen würde und ihr Alternativen vorgeschlagen, wie sie die Situation regeln kann (mein Sohn ist im selben Alter). Sie ist ansonsten eine total liebevolle Person und sorgt super für ihre Tochter, obwohl sie alleinerziehend ist und entsprechend gestresst ist. Sie hat irgendwann auch selbst eingesehen, dass es nicht in Ordnung ist und hat andere Wege gefunden, mit dem Trotzverhalten der Tochter umzugehen. Also man sollte es schon im Gesamtzusammenhang sehen... klar ist Gewalt verboten und schlimm, aber man sollte auch nicht direkt den bösen Oberlehrer heraushängen lassen, wenn der Rest stimmt und liebevoll ist.

Das Problem ist, dass wir unbewusst das Verhalten unserer Eltern uns gegenüber imitieren und teilweise nicht immer die Kontrolle darüber haben. Wer als Kind viel auf die Finger bekommen hat, gibt das u. U. auch einmal an seine Kinder weiter und muss im Kopf erst einmal etwas umprogrammieren. Deshalb muss man sich die Dinge dann auch bewusst machen.