Einfluss der eigenen Erziehung

Hallo,

bisher war ich immer ein stiller Mitleser. Jetzt möchte ich aber doch gerne mal eine Frage in die Runde werfen. Vielleicht gibt es ja Ideen zu diesem Thema.

Mein Kind - 1 Jahr - hat genauso "gute" oder "schlechte" Tage wie vermutlich alle anderen Kinder auch. Aber ich selber kann mit verschiedenen Dingen einfach nicht immer gleich gut umgehen. Ich meine jetzt Sachen, wie - Kind wirft zum X. Mal das Essen runter, oder hat einen Quengel- und Schreitag oder so.

Meistens bin ich da echt gelassen, und handle der Situation entsprechend. Aber manchmal werde ich echt selber wütend! Das liegt dann nicht am Kind, sondern irgendwo an meiner eigenen Gestresstheit/Müdigkeit/was auch immer. Und in solchen Momenten ertappe ich mich dann dabei, in die Erziehungsmuster meiner Eltern, d.h. meiner eigenen Kindheit zurückzufallen - mit Kind schimpfen, laut werden, genervt sein, Kind grob wegziehen. Das gefällt mir gar nicht!

Mir geht es jetzt also hier gar nicht darum zu diskutieren, wann man "schimpfen" darf oder nicht, wann man auch mal laut werden darf oder nicht.

Sondern: wie komme ich denn endlich mal aus diesen alten Denkmustern raus? Das entspricht doch überhaupt nicht meinen Vorstellungen von Erziehung! Nein, ich möchte nicht das genaue Gegenteil meiner Eltern tun, aber in vielen Dingen entscheide ich tatsächlich genau anders. Aber sobald ich selbst nicht so gut drauf bin, scheint mir irgendwie die Energie zu fehlen für so viel Gelassenheit und positives Denken. Ich will doch nicht so ein wie meine Mutter :-(

Ich bin offen für Ratschläge - Buchtipps - sonstige Ideen. Hat jemand von Euch ähnliche Erfahrungen gemacht?

Vielen Dank fürs Durchlesen :-)

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Wenn Du wütend wirst und das Kind auch mal anblaffst, wenn es Dir alles vor die Füße schmeißt, hat das absolut nichts nur mit Deinen Eltern zu tun, sondern weil Du auch nur ein Mensch bist, der einmal die Nase voll hat und genervt sein darf !
So einfach kann Psychologie sein ! :-D
Nirgendwo steht, dass Du ein Übermensch sein musst, der 20 Jahre lang nur lächelnd und langmütig auf alles reagiert, was die lieben Kleinen, Pubertierenden oder was auch immer präsentieren.

Schlimmer wäre es, wenn Du verprügelt worden wärest, so wie ich, und das für normal hieltest aufgrund dieser Erziehung und Dein Kind wieder verprügeln würdest und das immer noch für normal halten würdest.
Ich weiß wovon ich rede ! Ich würde über Jahre verdroschen und wie, habe mir immer geschworen, das mit meinen Kindern nicht zu tun - und konnte es auch zu 90% einhalten. Die restlichen 10% entstanden dadurch, weil vor 35 Jahren die Lehrer (und sogar ein Sozialarbeiter vom Jugendamt) es tatsächlich ERWARTET haben, dass man dem Buben, der schon wochenlang keine Hausaufgaben machte und die Schule schwänzt, auch mal eine hinter die Ohren gibt.
Das hatte aber auch nichts mit Verhaltensmustern zu tun - ich habe mich nie wohlgefühlt dabei und habe es auch schnellstens wieder abgestellt.

Solange Du siehst, was falsch und richtig ist, und das tust Du ja, sehe ich eigentlich keine Gefahr, dass Du zur dauerstrafenden Mutter wirst.
Ich weiß nicht, wie Deine Mutter erzogen hat, aber vor 30 Jahren war schon sehr vieles sehr anders als heute - das darfst Du nicht unberücksichtigt lassen (siehe oben)
Nimm es ihr nicht zu sehr übel, sie hat damals vielleicht auch nur das getan, was "allgemein üblich" war. Du machst es ja schon allein deswegen anders, dass Dir auffällt, hoppla, irgendwie muss ich das anders machen. #liebdrueck

LG Moni

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"wie komme ich denn endlich mal aus diesen alten Denkmustern raus?"

es sind ja gerade keine denkmuster, sondern verhaltensmuster, die dann zum vorschein kommen, wenn du selbst nicht mehr ausreichend Kontrolle / steuerung über dich hast (müde, gestresst,..)

dann verfallen wir meist in alt bekannte muster, die keine große anstrengung von uns fordern.

ich denke, wenn du dem ernsthaft entgegensteuer wills,t sind mehrer dinge wichtig
1. Schau welche techniken, du anwenden kannst, um dich in diesen situationen wieder bewußt unter kontrolle zu bringen (bis 10 zählen, den raum verlassen, eine zigarette rauchen,...)
2. überlege dir, was dir wichtig ist und was du wirklich willst. wenn du genervt bist vom verhalten deines kindes, dann mußt du nicht immer gelassen sein und ständig positiv zu denken macht mMn ein bißchen debil.
will sagen: welche ANDERN, für dich akzeptablen verhaltensweisen könntest du anwenden, die eben nicht denen deiner eltern ensprechen, die aber offenabr auch etwas anderes sind als "gelassen und positiv". suche also aktuv nach alternativem verhalten. was hat dich konkret gestört und was möchtest du WIE anders haben?
wenn du genervt bist, macht es ja einen riesen Unterschied, ob du deinem kind sagst: "du, ich bin gerade nicht gut drauf und brauch mal ne Pause" oder wenn du sagst "du nervst, ich will dich jetzt gerade nicht sehen"

Also was gibt es zwischen den beiden polen, die du hier beschreibst

3. "schnell sein": ich beobachte immer wieder den "muttertyp" (ich weiß nicht, ob du da dazu gehörst, aber es fällt mir ein, wenn ich deinen text lese), der sehr lange versucht gedudlig und gelassen zu sein und dem kind dadruch nicht frühzeitig signale sendet, daß es gerade dabei ist, die grenze der mutter zu durchbrechen.
diese mütter sind dann auch beim achten mal, wenn das kind den einkaufswagen in die hacken fährt noch ganz ruhig und gelassen und explodieren dann förmlich beim 9. mal. überlege dir doch mal, ob dies bei dir auch der fall gewesen sein kann i nden situationen, die du hier schildest (und vor augen hast). wie hast du reagiert BEVOR due dein kind grob weggezogen hast? gäbe es vielleicht in zukunft etewas, daß du "vorschalten" könntest, wenn die situation dich noch nicht über deien grenze gebracht hat?

das wären jetzt meine idee..

na,ja, und mir ganz persönlich hilft die Idee des konzeptes von der "good enough mother" - sowas wie die "hinreichend gute mutter".
Der Abschied von der "supermutter", von enorm hohen anspruch unserer gesellschaft an Mütter wirkt (zumindest bei mir) entlastend.

Der eigene druckt der mütter, eine perfekte mutter zu sein bringt sie häufiger an ihrer Grenzen als die Situation selbst. Scheitern zu dürfen, nicht perfekt sein zu müssen, nicht mal besonders gut, sondern einfach nur "good enough" kann sehr viel entlastung und entspannung bringen.

Insofern, welche strategien, kannst du entwickeln, die vielleicht nicht pefekt sind, aber immer noch "good enough" und die du durchführen kannst, ohne dabei das gefühl zu haben so zu reagieren, wie du es eben gerade nicht möchtest?

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"na,ja, und mir ganz persönlich hilft die Idee des konzeptes von der "good enough mother" - sowas wie die "hinreichend gute mutter".
Der Abschied von der "supermutter", von enorm hohen anspruch unserer gesellschaft an Mütter wirkt (zumindest bei mir) entlastend."

Ich glaube das war meine Rettung!

Hätte ich nicht irgendwann mal damit angefangen, mir genau das zu sagen, wäre ich jetzt wahrscheinlich ein nervliches Wrack! Ich finde es heut zu Tage enorm, was man von Müttern erwartet wird und was Mütter von sich selbst erwarten. Ich bin manchmal ungeduldig und werde auch mal laut (das werde ich nie abstellen können!), allerdings hat sich das sehr entspannt, seit es mir egal ist, was andere erwarten und seit ich keine Perfektion von mir erwarte. :-)

Gruß - marinab

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Hallo,

ich kenne das von mir auch. Und bei mir ist es auch genau dann der Fall, wenn mich die Gesamtsituation stresst (aktuell beispielsweise Schwangerschaft und Umzug).

Als mein Sohn so alt war wie dein Kind, war ich auch noch viel kritischer mit mir. Das hat sich schon sehr gebessert. Ich gebe mein Bestes, reflektiere mein Verhalten, versuche mich zu ändern wenn nötig, aber auch authentisch zu bleiben. Und wenn ich ungerecht bin, dann entschuldige ich mich bei meinem Sohn.

Sicher sind diese Situationen auch bei Dir die Ausnahme. Das stecken unsere Kinder ganz gut weg! Wichtig ist für mich nur, dass uns bewusst ist, in gewissen Situationen nicht 100%ig richtig zu reagieren. Dann kann ich das meinem Kind auch so vermitteln und erklären ("tut mir leid, dass ich gerade so gereizt bin. Ich bin heute total müde"). Schaden würde diese Art von Erziehung, wenn du sie gezielt einsetzen und dem Kind damit vermitteln würdest, dass es nötig ist, mal grob oder laut zu werden.

Wichtig auch: eigene Grenzen erkennen und mal wieder auftanken.

Für Kinder ist es auch eine wichtige Erfahrung, dass wir Eltern genauso Fehler machen und dann aber auch dafür gerade stehen. Ich entschuldige mich aber auch nicht für jedes "Motzen", denn manchmal muss es einfach raus und ist auch gerechtfertigt. ;-) Weil es eben authentisch ist. Ich hab bei einem Sohn auch schon früh angefangen, meine Gefühle zu verbalisieren. Und dann auch ganz deutlich gesagt "ich bin stinksauer", wenn ich es denn war.

Du musst nicht in jeder Situation gelassen reagieren, das wäre völlig unmenschlich und unnatürlich. Entscheidend ist wohl, wie ich meinem Kind das dann vermittle und da würde ich ansetzen (das passt aber dann eher, wenn dein Kind 2-3 Jahre alt ist).

Alles Gute!!

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Hallo

Auch ich würde das Ganze nicht darauf beziehen, wie deine Eltern mit dir umgegangen sind...
Ich nehme mal an, das fast jede Mutter oder jeder Vater schon mal ausserordentlich genervt und auch wütend war, weil die Dinge nicht nach Plan laufen. Das ist menschlich und liegt in der Natur der Sache ;-)
Und die meisten machen oder sagen -zumindest dann und wann- im Stress Dinge, die sie eigentlich nicht machen oder sagen wollten. Deine Eltern haben offensichtlich oft so reagiert, wie du es nicht wolltest, das ist schade, aber ich würde darüber jetzt nicht zuviel nachgrübeln.
Du darfst schon Gefühle zeigen! Auch mal genervt sein! Wichtig ist allerdings, wie man es macht und dem Kind dann auch (später vielleicht) erklärt. Vielleicht machst Du mal eine Situationsanalyse und überlegst, was Dir wann wie wichtig ist. Wann Du es Dir gestattest, auch mal feste zu brummen oder wann Du Dir in der Situation lieber sagst "nun ja, so ist es halt, da muss man durch". Ich könnte mir z.B. vorstellen, einem Einjährigen auch mal recht deutlich und früh zu sagen, dass er kein Essen werfen soll, aber wenn er beim Einschlafen Mühe hat, dann würde ich die Zähne zusammen beissen und viel Energie darauf verwenden gelassen zu bleiben.
Alles Gute
Paula

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Hallo,

ich schließe mich der Vorschreiberin Moni an, dass man eben auch nur ein Mensch ist, der mal die Schnauze voll haben darf.

Allem voran kann ich sagen, dass meine beiden aktuell wirklich pflegeleicht sind.
Und doch gibt es Tage, an denen besonders die Große meint, sie müsste jaulen, jammern, quengeln und an jede Grenze tappen, die nur geht.

Bei solchen Gags wie mit dem Essen pantschen, Essen runterwerfen, etc ziehe ich normalerweise den Teller weg, das genügt schon.

Gestern war mal wieder so ein Paradetag.
Motte bequengelt mich schon seit Wochen, dass sie diese Sneakers mit den LED-Blinkern haben möchte. Die haben wir gestern gekauft.
Danach schob sie scheinbar einen Föhn und mutierte zur Prinzessin vom Stamme "Nimm".

Während ich auf dem Parkplatz den Kleinen im Maxicosi anschnallte, kruschtelte sie im Kofferraum rum, im Einkaufskorb und holte die Schuhschachtel mit den Schuhen raus.
Sie wollte die Schuhe mit nach hinten nehmen. Okay.
Dann während der Fahrt flog dauernd was runter - erst der eine Schuh, dann der andere, dann der Deckel von der Schachtel - untermalt mit Gejaule "Maaaamaaaaaaa!".

Nach dem 4. Mal blaffte ich dann nach hinten, dass wenn jetzt nicht augenblicklich Ruhe herrscht und noch einmal was runterfällt, ich umkehre und die Schuhe umtausche.

Da war vorerst Ruhe.

Aber zuhause ging es dann weiter.
Wir haben Abendessen gemacht, noch während dem Kochen motzt sie rum, dass sie Hunger hat, und zwar jetzt und sofort. Es ging um fünf Minuten.
Am Tisch meckert sie rum, sie mag keinen Reis, sie ist satt, sie hat Bauchweh - nur um drei Minuten später nach einem Fruchtjoghurt zu quengeln.

Und nach dem Essen spielte mein Mann noch ein paar Dateien, die er für seinen heutigen Termin braucht, auf sein iPad.

Motte darf jeden Abend zwei Folgen "Phineas & Ferb" sehen.

Prompt ging es los, sie muss nun das iPad haben, sie WILL spielen, jetzt sofort.
Mein Mann meinte nur, dass wir dann aber das TV ausmachen bzw. dass er dann nebenher Nachrichten schaut.

NEIN!!!!! Sie will Perry sehen!
Und sie will das iPad.

Dabei mutierte sie zu so einem Kreischwirbelwind, dass mein Mann sie kurzerhand packte, sie über die Schulter warf und ins Zimmer brachte.
Er meinte zu ihr, dass nun Schluß sei mit der Prinzessinnennummer.

Sie soll runterkommen, wenn sie sich beruhigt hat und sich dann überlegen, ob sie iPad spielen will ODER Perry anschauen will.
Basta.

Keine fünf Minuten später drückte sie sich wieder ins Wohnzimmer rein, kuschelte sich in die Couchecke und schaute TV.
Aber sie hat es scheinbar kapiert. Später fragte sie, ob Papa noch sauer sei.

Er meinte, dass er nicht sauer ist, aber dass es eben nicht immer alles auf einmal gibt.

Man muss auch mal bei einer Sache dranbleiben und sich nicht immer alles krallen.

Und wenn es mal etwas nicht gibt, ist das kein Grund, so auszuflippen.

In meiner Kindheit wäre gleich der Kochlöffel gekommen oder man hätte stundenlang gespürt, dass sich die Eltern geärgert haben (versteinerte Blicke, Schweigen, etc) #zitter

Das machen wir nicht, aber dass man mal laut wird oder konsequent wird, das kann auch mal sein.
Und manchmal sehen es weder mein Mann noch ich ein, mit einem Kindergartenkind rumzudiskutieren.

LG

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Und manchmal sehen es weder mein Mann noch ich ein, mit einem Kindergartenkind rumzudiskutieren.

Genauso siehts aus - hab ich auch nicht gemacht. Ein zwei Erklärungen und dann war Schluß.

Übrigens klasse geschrieben, konnte mir bildlich vorstellen, wie es bei flamingoducks zuhause abging und Papa die Prinzessin "aufräumte" #rofl
Das verstehen sie normalerweise recht schnell. Ich bin auch nicht nachtragend (meist muss ich innerlich schon grinsen, wenn meine Enkelmaus betreten kuckt)
LG Moni

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Huhu,

danke, lieb geschrieben!

Sie muss das einfach lernen.
Der Bruder wird auch größer und es wird die Zeit kommen, wo ER vielleicht mal eine Folge "Batman" statt "Barbie" sehen will oder wo ER mal mit dem iPad eine kleine Runde spielen möchte.

Da muss sie durch und sie muss dann lernen, Kompromisse zu schließen und dass es nicht immer alles auf einmal gibt, nur weil sie es jetzt gerade möchte.

Beim Aufräumen dasselbe Thema.
Sie muss ihren Mist selbst verräumen, sonst kommt der Staubsauger.

Kürzlich sah es bei ihr aus wie Hund (kleine Glitzersteine und diese Loom-Gummiringe verstreut). Ich habe mir den Mund fusslig geredet, um dann den Löwenanteil doch selber wegzuräumen.
Dann war schlafenszeit und sie wollte noch as dem Buch vorgelesen bekommen haben.

Das wurde dann mal eben gecancelt.

Weil ich so lange gebraucht habe, um aufzuräumen und nun ist es spät.

War zwar doof für sie, aber seitdem ist sie eher bereit, ihr Zeug wegzuräumen.
Ich habe ihr erklärt, wenn jeder hier sein Zeug gleich und sofort aufräumt, haben wir unterm Strich mehr Zeit, um was zusammen zu machen. #schein

LG

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