Alg 2 - Mathe und Deutschunterricht für 60-jährige?

Hallo miteinander,

ich hoffe, ich bin hier im richtigen Forum.

Ich hab mal ne Frage für meine Schwägerin. Sie ist fast 60 Jahre alt und leider seit sehr vielen Jahren in Alg2-Bezug. Sie hat, soweit ich das weiß, nur immer als Hilfsarbeiterin gearbeitet. Ist in der ehemaligen DDR aufgewachsen und hat dort lediglich eine Förderschule, damals Hilfsschule genannt, besucht.

Nach der Wende hat man sie wieder und wieder mit 1-Euro-Jobs über die Runden gebracht. Da hat sie beispielsweise Püppchen gehäkelt und ähnliches Zeug.

Jetzt hat man sie wieder zu einer Maßnahme von der Arge eingeteilt. Und nun komme ich zum eigentlichen Thema. Diese Maßnahme ist eine Art Unterricht. Sie hat einen Stundenplan erhalten. Wie in der Schule. Dabei sind täglich Mathe und Deutschunterricht auf dem Plan. Dann etwas Word, Bewerbungstraining etc. ist auch dabei.

Meine Schwägerin ist jetzt am Ende mit den Nerven. Sie ist die Einzige in dem Kurs. Hat quasi 1:1 Unterricht. In Mathe muss sie Arbeitsblätter ausfüllen. Mein Schwager hat uns mal eines zur Ansicht geschickt. Das ist ne Art Geometrie. Ich würde sagen, auch Übungen für räumliches Denken mit geometrischen Figuren. Ich muss gestehen, ich hab auch erstmal etwas irritiert geschaut und wußte nicht genau die da wollen.

Sie ist vollkommen überfordert. Die Schulung ist ganztags.

Ich selber hab ein Problem zu verstehen, was genau das bezwecken soll. Sie ist nach einer Hüft-OP gesundheitlich eingeschränkt. Sie wird mit hoher Wahrscheinlichkeit, aus dem Alg2-Bezug in Rente gehen.

Gibt es Leute hier, die mir mal erklären können, was diese Maßnahme bezwecken soll? Ich hab Vergleichbares nie gehört.

Bewerbungstraining ja.. aber echten Mathe und Deutschunterricht. Nein. Das kenn ich nicht.

Kann das jemand erläutern? Danke schon mal vorab.

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Sie steht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung, also muss sie auch an Maßnahmen mitwirken, die der Arbeitslosigkeit entgegenwirken.

Ich verstehe ihr und dein Problem jetzt nicht.

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Ich möchte lediglich wissen, ob es normal und üblich ist, dass Alg2-Empfänger, Mathe und Deutschunterricht kriegen. Deutsch würde ich ja noch verstehen, wenn sie defizite in der deutschen Sprache hätte. Hat sie aber nicht.

Ich persönlich kenn das in diesem Umfang nicht. Auch nicht aus solchen Maßnahmen heraus. Ich hab auch von anderen Betroffenen nie sowas gehört. Bewerbungstraining, Unterlagencheck... ja.

Aber Unterricht wie in der Schule für eine 60-jährige, versteh ich nicht. Und ich würde gern wissen, ob irgendjemand weiß, welcher Sinn damit verfolgt wird oder was die Hintergründe für sowas sein könnten. Inwiefern würde denn der Geometrieunterricht ihrer Arbeitslosigkeit entgegenwirken?

Das sie hingeht und generell zur Verfügung steht, ist ja klar. Auch wenn ich das in ihrem Fall wirklich als Geld- und Zeitverschwendung ansehe. Aber das muss das Amt ja selber wissen.

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Sie hat noch 7 Jahre und die kann sie vermutlich eher nutzen, wenn sie eben ihre Defizite aufarbeitet.
Und wer nur eine Hilfsschule besucht hat, wird in Mathe und Deutsch Defizite haben und damit außer Putzjobs nicht viel finden.

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Hi,
ich war selber mal in einer Maßnahme...da wurden alte aleute an den PC ran gesetzt, die noch nie was damit zu tun hatten und die zwei Wochen später in Rente gingen.
Dann Leute, die keinerlei Ambietionen zum Arbeiten hatten und Hochulabgänger....alles munter in einem Raum....vor PC, die zu 99% nicht funktioniert haben....

Wer kein Handy oder Zeitung dabei hatte....waren la ge 4–8 Std./Tagx5 Tage die Woche....

das Arbeitsamt kann in der azeit, die der Arbeitslose zur Verfügung steht, auch in Fortbildungen stecken.
Fragt sich nur, ob deine Schwägerin das nicht vor Jahren hätte machen sollen,

lg
lisa

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Ja, da hast du auf jeden Fall Recht. Warum da die ganzen Jahre früher nie "was Ordentliches" in Angriff genommen wurde, weiß ich auch nicht. Meine Schwägerin ist sie erst seit 12 Jahren. Was vorher war, weiß ich gar nicht.

Leider kenn ich einige so beruflich gescheiterte Biografien im Osten in dieser Altersgruppe. Irgendwie haben die nach der Wende nie mehr einen Fuß ins geregelte Arbeitsleben bekommen. Die Gründe wären spekulativ.

Ich hatte selber auch mal einige Zeit Alg2 und kenne das eben so in dieser Form gar nicht. Ok ist über 10 Jahre her bei mir. Ich hatte damals einmal ein kurzes Bewerbungstraining. Da wurden die Mappen gecheckt und wir wurden darauf hingewiesen, dass wir nicht betrunken zum Vorstellungsgespräch gehen sollen. Will sagen, ich weiß, dass diese Maßnahmen eher Zeitverschwendung sind.

Um so mehr wundert mich jetzt diese Vorgehensweise hier. Aber ok, vielleicht macht es gar keinen Sinn das zu hinterfragen. Sie muss einfach durchhalten und fertig. Sinn und Unsinn dieser Maßnahme muss man ja nicht wirklich verstehen. #freu

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Dass Maßnahmen gemacht werden müssen, steht außer Frage. Aber ich stimme dir zu, dass die Sinnhaftigkeit solcher „Maßnahmen“ echt in Frage gestellt werden kann!
Hast du mal da angerufen und nachgefragt? Das würde ich mal machen ehrlich gesagt 🤔

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Den Sinn von manchen Maßnahmen muss man nicht verstehen. Das ist nur für die Statistik, denn während dieser Zeit wird man nicht als arbeitslos gezählt. Sie ist für das Jobcenter nicht vermittlungsfähig also wird sie in eine Maßnahme gesteckt. In was für eine ist egal hauptsache Maßnahme

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Immerhin bekommt sie Monat für Monat Geld vom Staat.
Dann kann sie dafür auch was tun...vielleicht hat es ja doch einen kleinen Sinn...??

Warum sollte es denn schädlich sein, besser in Mathe und Deutsch zu werden? Das erschließt sich mir nun wieder nicht... Denn das sind Grundlagen, die kann man immer brauchen!! Völlig unabhängig davon, welchen Job sie dann macht. Und sie hat ja offensichtlich Defizite...

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Ich habe ja auch geschrieben das MANCHE
Maßnahmen keinen Sinn machen. Natürlich sollte man sich weiterbilden als Bezieher von staatlichem Geld, aber das sollte dann auch angepasst sein. Sie hat jetzt solange mit ihren Kenntnissen gelebt, da hätte man sie dann schon früher in solche Maßnahmen stecken müssen das es sich auch noch lohnt um sie dann in einem Job unterzubringen und nicht kurz vor der Rente nur um sie aus der Statistik zu nehmen.

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Nein ich kann Dir das nicht erklären, ausser das es eine ABM für den Lehrer ist( nebenbei haben wir gerade nicht Lehrermangel?). Ausserdem ist Deine Schwägerin aus der Statistik raus.
Ich sehe aufgrund der Kosten zu wenig Nutzen und damit verschließt sich mir der Sinn. Vor allem weil sie komplett alleine da sitzt
Das Amt scheint dort einer Art Kult zu fröhnen. Soll sie evtl. vorgeführt werden?Vor zwanzig Jahren hätte das vielleicht noch Sinn gemacht aber jetzt...
Ich würde mich in den speziellen HARTZ IV Foren anmelden und da den Fall schildern. Vielleicht bekommst Du da ne sinnvolle Antwort.

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Was diese Maßnahme bezwecken soll??

Vielleicht, dass sie in die Puschen kommt und sich nen Job sucht, um dieser "sinnlosen Maßnahme" auszukommen?!? ;-)#pro

Wieso hat sie sich nicht längst irgendwas gesucht??

"Bewerbungstraining ja.. aber echten Mathe und Deutschunterricht. Nein. Das kenn ich nicht."

Wie soll man auch ansehliche Bewerbungen zustande bringen, wenn das Deutsch zu wünschen übrig lässt?

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Woraus schlussfolgerst du, dass ihr Deutsch zu wünschen übrig lässt? Das tut es nicht. Ganz im Gegenteil. Wer viel liest, ist in der Regel auch kein schlechter Schreiber. Und das trifft auf sie zu.

Ich kann diesen regelrechten Hähmekommentaren nichts abgewinnen und antworte da auch nicht weiter drauf. Ich akzeptiere, dass man sich wundern kann, warum Menschen beruflich nie einen echten Fuß auf die Erde kriegen, aber ich akzeptiere nicht, wenn Menschen dümmlich vorverurteilt werden.

Ps: dein Text lässt deutschmäßig auch zu wünschen übrig. Da sind einige Rechtschreibschnitzer drin.

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"Woraus schlussfolgerst du, dass ihr Deutsch zu wünschen übrig lässt? Das tut es nicht. Ganz im Gegenteil. Wer viel liest, ist in der Regel auch kein schlechter Schreiber. Und das trifft auf sie zu."

Mit welcher Begründung wurde sie dann in diese Maßnahme gesteckt?

Ich kann es tatsächlich nicht nachvollziehen, dass manche Menschen es nicht schaffen, sich irgendeinen Job zu suchen. Und das hat nix mit Hähme zu tun. Und nein - ich urteile auch nicht über den IQ deiner Tante. Auch Menschen ohne Schulabschluss können Arbeit finden, wenn sie wollen.

Sorry, aber für mich klingt dein Beitrag so, als ob du hier Tipps haben möchtest, wie die Frau sich aus der Maßnahme rauswinden könnte. Denn wenn es rein um die Frage "warum diese scheinbar sinnlose Maßnahme?" handeln würde, dann könnte die zuständige Sachbearbeiterin dies ja in einem Telefonat schnell erklären, oder?
Oder willst du hier nur hören, wie sie die letzten 7 Jahre bis zur offiziellen Rente gut rumkriegen kann, ohne mit irgendwelchen Maßnahmen belästigt zu werden? Wie hoch ihre Rente mal ausfällt, lässt sich ja auch leicht errechnen. Wie du schreibst, lebt sie seit vielen Jahren von ALG II. Drum kann es doch tatsächlich nicht schaden, sich helfen zu lassen, um (auch mit 60!) noch irgendwo nen Job zu ergattern.

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Hallo,

Im Schulsystem der DDR wurden lernschwache Schüler auf der POS gelassen. Erst bei massiven Defiziten kam ein Kind , ein Jugendlicher zur Hilfsschule.
Selbstverständlich waren nicht immer alle Lernbereiche betroffen.

Wenn du sagst ihr Deutsch ist gut, dann muss sie irgendwo ein anderes Defizite haben.
Nach der Wende ist fast der komplette Arbeitsmarkt zusammen gebrochen. Die Arbeitsämter haben sich nicht viel Mühe mit Menschen mit Defiziten gegeben aber gerade diese brauchen oft mehr Unterstützung.
Schule wäre nach der Wende vielleicht sinnvoll(er) gewesen.

Mathe ist ja nicht gleich Mathe, wenn es sie überfordert ist es das falsche Niveau, oder der Lehrer passt nicht zu ihr.

Und wie schon andere erwähnt haben, fällt sie aus der Statistik.

Gruß Sol

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Deine Schwägerin scheint funktionale Analphabetin zu sein. Das erklärt sowohl den Deutsch- als auch den Matheunterricht.
Sowas kann über Jahrzehnte selbst vor dem Partner verheimlicht werden und vielen funktionalen Analphabeten ist es selbst nicht klar, dass sie nur unzureichend lesen und schreiben können. Schließlich können sie ja lesen und schreiben, allerdings nicht auf angemessenen Niveau.
Sowohl die Maßnahme als auch die Biographie passen zu dieser „ Ferndiagnose“.

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Toll, was du so raus liest aus meinen Zeilen. Aber nein. Sie ist definitiv keine funktionale Analphabetin. Sie liest viel, erstellt richtig gute Homepages und kommuniziert flink und absolut fehlerfrei in den sozialen Medien. (nur mal so als Beispiel von den Dingen, die ich selber mitbekomme)

Nur weil ihre Kindheit vielleicht nicht so prickelnd war und sie vor über. 40 Jahren eher weniger Förderung erhalten hat, heißt das ja nicht, dass ein Mensch auf dem Niveau eines 14-jährigen stehen bleiben muss.

Genau wie sicher fast alle anderen Menschen, hat sie sich bestimmt auch vieles im Laufe ihres Lebens selber angeeignet. Sie hat auch 4 tolle Kinder großgezogen, die alle "gelungen" sind und gut ihren Mann im Leben stehen.

Das ihr der Matheunterricht zuerst einen Schock versetzt hat, kann ich gut nachvollziehen. Mein Steckenpferd war Mathe auch nie. Inzwischen hat sie Mut gefasst und wird die Tage dort absolvieren und fertig.

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Deine Antwort klingt, als hätte ich diese bewusst in Anführungszeichen gesetzte „Ferndiagnose“ als Beleidigung gemeint. Dem ist nicht so. Ich bin selbst im Bereich Grundbildung tätig und würde niemals eine solche Diagnose irgendwie abfällig meinen. Natürlich muss die Diagnose für deine Schwägerin nicht zutreffen und ob es eine Diagnostik gab, weiß ich ja auch nicht, das vorweg.
Aber alle Belege, die du aufführst, reichen nicht aus, um den Verdacht zu widerlegen.

Funktionale Analphabeten sind alles andere als unfähig ihr Leben zu gestalten! Und auch sie kommunizieren über soziale Netzwerke, der größte Teil ist berufstätig und hat oft eine Ausbildung absolviert!
Und gerade weil sie oft bis ins hohe Alter kompensieren, sind diese Menschen sogar recht erfolgreich!
Und stell‘ dir vor: Trotz ihrer mangelnden Literarcy sind es tolle Menschen, die tolle Kinder großziehen können. Welche Vorstellung hast du eigentlich?

Es sind ganz normale Menschen und Analphabetismus ist nicht Peinliches! 12% der berufstätigen Deutschen sind funktionale Analphabeten. Mit Sicherheit kennen wir alle jemanden, ohne es zu ahnen.

Und ja, ich habe auch Menschen kennengelernt, die sich ihrem privaten Umfeld gegenüber als Leserratten verkauft haben, deren Alphallevel jedoch nicht ausreichend war.

Mich ärgert dein Beitrag, weil er Vorurteile schürt, die dazu führen, dass Analphabeten, gerade funktionale, die mit beiden Beinen im Leben stehen, sich für ihre Situation nur noch mehr schämen, weil sie sich asozial, unnormal oder dumm fühlen! Weil es nach wie vor Menschen gibt, die sie stigmatisieren! Und das ist das größte Problem! Solche Leute suchen nämlich noch weniger Hilfe, sie verstecken sich und vertuschen weiter.

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