Wie abgrenzen von Stress?

Habt ihr da irgendwelche Supertipps?! Ich liege nämlich am Feiertag seit 7 Uhr im Bett und grübel über Probleme auf der Arbeit nach und bin gestern auch voller Wut auf die Arbeit schlafen gegangen.

In der Theorie ist es so einfach: Konzentrier dich auf dich und dein Kind, mach bei der Arbeit eben was geht und sage auch mal Nein, blablabla. Ich habe einen recht hohen Anspruch an Qualität und Quantität meiner Arbeit. Mein Nein, das ich nun erstmalig äußerte, wurde komplett ignoriert. Ich habe so viel Wut und Stress im Bauch, dass ich wie blockiert bin.

Ich bin mir sicher, dass ich da nicht die einzige bin. Daher: habt ihr Tipps oder Techniken, wie man da durchgeht?

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Kenne ich. Da gilt nur ganz offene Kommunikation mit dem Vorgesetzten! Aber die muss gut vorbereitet sein. Ein „Es ist alles zu viel!“ reicht da nicht und erst recht nicht zwischen Tür und Angel.

Mach einen Termin zum Thema Aufgabenverteilung, eine Stunde. Dann merkt dein Chef schonmal, dass es dir wichtig ist. Bereite dann auf, welche Aufgaben du momentan hast, was dein Anspruch ist, wie viel Zeit das in etwa einnimmt. Sortiere die Aufgaben nach der Priorität, die du aktuell ansetzt.

Und dann sag ganz klar, er soll dir die Aufgaben priorisieren, er soll dir sagen an welchen Stellen weniger genau/qualitativ/... gearbeitet werden kann,... Und dann stellt ihr entweder fest, dass du doch alles machen kannst aber abgespeckt oder ihr stellt fest, dass du etwas abgeben musst. Überleg dir da schon mal vorher was du abgeben wollen würdest - nicht, dass dir dann weggenommen wird woran du am meisten Spaß hast. An wen etwas abgegeben wird ist dann nicht dein Problem. Da braucht man auch ein dickes Fell sich nicht Vorwürfe machen zu lassen, dass es dann jemandem anders aufgebürdet wird.

Wenn dieses Gespräch stattgefunden hat, ganz sachlich, ganz klar, ohne Anklage und Vorwürfe, dann müsste sich danach etwas ändern. Wenn nicht ist das für dich die Legitimation auch mal etwas liegen zu lassen, immer wieder anzukündigen, dass du Deadlines nicht halten können wirst,... Und dann hilft nur sich das Mantra vorzusprechen „Es ist nicht mein Bier, ich habe klar meine Kapazitäten kommuniziert, ich muss mir keinen Vorwurf machen.“

Ich liebe meinen Job, bin sehr gewissenhaft, habe auch einen hohen Anspruch an die Erledigung von Aufgaben. Aber delegieren musste ich sehr stark lernen, ich war lange der Typ „Bevor ich jetzt erkläre, wie ich es haben will, mache ich es grad selbst!“. Da war ich selbst Schuld. Also wenn du Mitarbeiter hast, die dir zuarbeiten, dann musst du auch dort an dir selbst ansetzen dein Teammanagement zu verbessern.

Und, so sehr es Spaß macht, man muss auch mal klar abgrenzen worum man sich jetzt nicht auch noch kümmert.

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DANKE für deine tolle Antwort!!!
Für mich ein ganz, ganz großer Punkt daraus: ich muss das ganze sachlich angehen und Emotionen rauslassen. Aktuell bin ich wirklich mit ganz vielen Emotionen dabei und das erschwert das ganze stark.

Ich habe keine Mitarbeiter die mir zuarbeiten, aber übernehme derzeit noch ca. 1.5 andere (Vollzeit)Jobs von Kollegen. Unschwanger war das schon viel, aber jetzt geht's nicht mehr. Wenn ich es einfach sein lasse, leiden darunter aber leider nicht die Chefs, sondern die Kollegen. Ich bin vor allem persönlich schwer enttäuscht (und daher so emotional) von meinem Chef, dass ich darauf hingewiesen habe, aber stattdessen einfach noch mehr aufgeladen wurde anstatt mir zu helfen.

Wirklich, danke für deine ausführliche und tolle Antwort!

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Ich kann dich so gut verstehen. Mir geht es ganz genauso. Ich arbeite auf einer Teilzeitstelle, aber habe Aufgaben für 120%. Bis März hatte ich auch eine 120% Stelle und wurde entsprechend gezahlt. Im April habe ich dann das Gespräch gesucht, dass ich meine Aufgaben nicht in der vorgesehenen Zeit erledigen kann. Ich habe dem Chef vorgerechnet, dass ich 12 Arbeitstage pro Monat habe, aber 40 bräuchte, um die geplante Arbeit zu erledigen.

Er hatte dann mit mir vereinbart, dass wir ein wöchentliches Meeting machen, in dem wir die Aufgaben priorisieren und ich von ihm Feedback erhalte. Das hat die ersten 2-3 Wochen geklappt, dann wurden die Meetings nur noch dazu verwendet, neue Aufgaben ad hoc auf mich abzuwälzen. Ich wurde zur Feuerwehr für alles liegen gebliebene. Daraufhin habe ich Anfang August darum gebeten, dass meine Arbeitszeit auf 100% hochgesetzt wird, damit ich eine Chance habe, die Aufgaben abzuarbeiten. Das wurde abgelehnt mit der Begründung, dass die freien Kapazitäten ausgeschrieben und mit einem neuen Mitarbeiter besetzt würden. Mittlerweile sind zwei Stellen frei und alle qualifizierten Bewerber hatten bisher abgesagt, sodass eine Kraft erst am 01.01.2020 beginnt. Das wird dann wohl aber meine Vertretung für den Mutterschutz / Elternzeit werden müssen, was mein Chef noch nicht weiß.

Mich regt es tierisch auf, dass mein Vorgesetzter mich gar nicht unterstützt und ich bin immer demotivierter und gestresster bei der Arbeit. Ich habe jetzt beschlossen, dass meine Gesundheit und die meines Kindes vorgeht: Wenn es gar nicht mehr geht, werden Fristen eben mit Ankündigung nicht eingehalten und ich weise meinen Chef darauf hin, dass ich es erst am Tag x schaffe, etwas in meiner Arbeitszeit zu erledigen. Ich antworte nicht auf Anrufe / Mails außerhalb meiner Abreitszeit und ich mache keine unbezahlten Überstunden mehr. Wenn meine Stimmung komplett abrutscht und ich merke, dass es mir körperlich schlecht geht, melde ich mich krank.

Lieber 1-2 Tage Pause machen (ich arbeite dann meist eh von zu Hause aus weiter) und den Stress abbauen, als überall schlechte Laune und Stress zu verbreiten, wenn der Chef ja eh nichts ändern will.
Meine Erfahrung: Spätestens wenn die Krankmeldung auf dem Tisch ist, beginnt er sich um die Delegation und Reduktion auf die notwendigsten Aufgaben zu fokussieren, weil er die Arbeit sonst selbst machen muss. Ist vielleicht nicht die feine Art, aber manchmal geht es nicht anders.

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Tatsächlich einfach durchgehen. Abends alles kurz aufschreiben, damit die Grübelfalle nicht so zuschlagen kann. Regelmäßig nein sagen, damit das auch zu deiner Persönlichkeit gehört. Zum Einen für dich als Gewöhnungseffekt und zum Anderen für die Kollegen, damit sie merken, dass auch Du Grenzen setzt. Eventuell ein Gedächtnisprotokoll anlegen. Darin alles zeitlich festhalten mit Personen und Orten. Dann kannst du auf Nachfrage alles klar artikulieren.