Elternzeit, wie kommt man auf so was?

Ich habe zwei Kinder, eins ist 4, das andere 6 Monate, ich komme aus der Schweiz und lebe aus beruflichen Gründen seit 2 Jahren in Deutschland.
Was hat es hier mit der Elternzeit auf sich?
Warum wurde das eingeführt?
Der Staat will Geld sparen um nicht noch mehr Geld in Kitas stecken zu müssen, so weit ist das schon klar.
Aber sonst?
Was ist der Benefit, gut ausgebildete Menschen dafür zu bezahlen und das auch noch schlecht, für Monate oder Jahre zu Hause zu sitzen?
Und wie ich festgestellt habe, sind das auch noch zu 80 Prozent Frauen die dann mit maximal 1800 Euro zu Hause bleiben.
Was hat der deutsche Staat davon?
Warum lassen sich Frauen auf so was ein bzw feiern das sogar noch als Privileg?
Für mich ist das gesellschaftlichspolitisch eine Sackgasse, was hat das in einer modernen Gesellschaft zu suchen, wieso findet das auch noch Anhänger unter der Bevölkerung?
Ich war auch 3 Monate zu Hause nach der Geburt .Sowohl beim ersten als auch zweiten Kind.
In der Schweiz gegen Eltern nach drei Monaten wieder arbeiten.
In Deutschland jetzt beim zweiten Kind hab ich das auch gemacht, nach 4 Monaten, mein Chef war völlig verwundert dass ich nicht 1 Jahr in Karenz gehe, das wäre wohl völlig unüblich.
Ich habe mich auch jetzt nach Kind 2 zu Hause nur gelangweilt, kein geistiger Anspruch, keine Gespräche mit Kollegen, keine anspruchsvollen Projekte.
Man kann mir doch nicht erzählen dass 90 Prozent der deutschen Frauen, es erstrebenswert Funden 1 oder 2 oder sogar 3 Jahre zu Hause zu sitzen?
Woher kommt diese Elternzeit Sache?
Wie konnte es nur soweit kommen dass das gesellschaftlichsfähig ist und Frauen sich mit so einer Regelung sogar identifizieren?
Welche Partei hat den Schwachsinn zu verantworten?

2

Ehrlich gesagt glaube ich, dass du nur provozieren willst.

4

Den Eindruck habe ich auch. Frischling und gleich so ein giftiger Post...

1

1. Elternzeit ist ein Angebot, kein Zwang
2. finden es die allermeisten Eltern nicht schön einen Säugling mit wenigen Monaten in Fremdbetreuung zu geben (wo waren deine Kinder ?)

Mein Sohn ist noch vor der aktuellen Regelung geboren und damals waren 2 Jahre üblich. In unserer Gegend gab es z.B. gar keine Betreuung für so Kleine.

Ich habe mir sogar den Luxus geleistet und war 3 Jahre zu Hause und habe es sehr genossen. Danach bin ich wieder in meine alte Firma zurückgekehrt, erst in Teilzeit inzwischen wieder Vollzeit.

3

Es zwingt doch keiner Elternzeit oder Elterngeld in Anspruch zu nehmen.
Auch ist es vollkommen freigestellt, wer dies in Anspruch nehmen möchte.

Einfach mal einen Gang runterschalten. Wer nicht will, braucht ja nicht mit den Kindern die ersten Lebensjahr Elternzeit zu verbringen. Wer das möchte, der freut sich darüber, dies wenigstens ermöglicht zu bekommen.

5

Provozierte doch bitte woanders.

In Deutschland bemitleiden viele Menschen die Schweizer dafür, dass man sie schnell wieder zur Arbeit zwingt.

6

Bei dem Post hast Du vergessen zu erwähnen, dass in der Schweiz viele Frauen den Job kündigen, weil sie die Kinder nicht so früh in die Betreuung geben möchten oder weil die Betreuung unbezahlbar ist. Dazu gibt es die Fälle, bei denen die Frauen länger unbezahlt zu Hause bleiben, dafür aber ein paar Monate später einen Job sicher haben. Da hat das System in Deutschland auf jeden Fall Vorteile.

7

Ich war 3 Jahre zu Hause, fand das zwar nicht toll, habe aber keinen bezahlbaren Platz für mein Kind bekommen. Mir wäre es damals lieber gewesen zu arbeiten aber da hätte die Betreuung mehr gekostet wie ich im Monat verdient hätte also hab ich in den sauren Apfel gebissen und blieb zu Hause, ich habe mir dann einen Minijob gesucht, sonst wäre ich in den 3 Jahren durchgedreht. Ich persönlich fände es auch besser wenn die Betreuung ausgebaut würde so das man die Wahl hat.

8

Du verwechselst Elterngeld und Elternzeit und sitzt da noch ein paar anderen Irrtümern auf:

1. EG mit dem Höchstsatz von 1800€ bekommt man nur ein Jahr lang. Für Kinder unter der Vollendung des ersten Lebensjahres gibt es in Deutschland keinen Betreuungsanspruch. Letztlich ist es also eine win-win-Sitution für Eltern und Staat. Ich bin sicher meine Glucke, aber unter einem Jahr hätte ich mein Kind nicht in die Betreuung geben wollen oder mir alle Beine ausreißen wollen, die Betreuung irgendwie anders zu organisieren. Ich verdiene sehr gut, ich hab dir 1800€ bekommen und habe auf viel Geld „verzichtet“ zu Gunsten des Familienstarts.

2. EZ hat mit dem Staat gar nichts zu tun, das ist eine rechtliche Sache mit zwischen AG und AN. Im Prinzip ein erweiterter Kündigungsschutz für Eltern. Komisch wenn man das komisch findet.

9

Moin, moin,
ich sehe schon den Shitstorm über dich und deinem (zugegeben) sehr "angriffslustigen" Post. Verstehe aber den Hintergrund, für Menschen, die nicht in Deutschland aufgewachsen sind, ist das System "Elternzeit und Elterngeld" sehr befremdlich. Ich versuche mal deine Fragen so gut es geht und so neutral wie möglich zu beantworten. Merke: Das System ist ein WESTdeutsches System! In der DDR lief es anders, dazu kann ich mich aber nicht äußern, da ich hier keine familiären Erfahrungswerte o.ä. habe.

Entstanden ist es im Grund dadurch, dass Deutschland seit Bismarck schon ein Land ist, dass eine sehr "soziale" Politik betreibt. Sozialversicherungen, gesetzliche Renten- und Krankenversicherungen usw. sind nicht in jedem Land Standard, bei "uns" aber schon, das vergessen viele! Dadurch zahlen wir auf unsere Gehälter aber auch relativ hohe Sozialabgaben und Steuern an den Staat, dafür "kümmert" sich der Staat um uns, wenn wir nicht mehr (egal ob für "immer" oder nur zeitweise) nicht mehr fähig dazu sind unser eigenes Geld zu erwirtschaften.

In den 50ger Jahren war es normal, dass der Mann arbeiten gegangen ist, die Frau ist zu Hause geblieben. Ein Gehalt war völlig ausreichend um eine Familie zu versorgen. Das System hat sich bis in die 90ger Jahre als erstrebenswert so fortgesetzt; Papa schafft das Geld ran, Mama kümmert sich um Haushalt und Kinder und geht eventuell "nebenbei" und "stundenweise" arbeiten. Natürlich gab es auch Vollzeit arbeitende Mütter, aber sie waren die Ausnahme, zumal es keine Kinderbetreuung für Kinder unter 3 Jahren gab, zumindest keine staatliche und damit bezahlbare. Und da Frauen leider oft schlecht verdient haben (und Männer in der Kinderbetreuung keine nennenswerte Rolle gespielt haben) hat sich eine private Kinderbetreuung um eine 35 Std. Woche arbeiten zu können einfach nicht gelohnt.

In den 90gern hat sich aber ein riesiges Problem abgezeichnet, bzw. eigentlich zwei Probleme:
1.) Leben in Deutschland wurde immer teurer. Ein Gehalt war nicht mehr ausreichend um damit eine 4 köpfige Familie zu ernähren.
2.) Es zeichnete sich ein riesiges Rentenloch ab. In den 50ger und 60ger Jahren wurden sehr viele Kinder geboren (die sogenannten Babyboomer), diese bekommen aber weniger Kinder... wenn all diese Menschen in Rente gehen, wer soll ihre Rente dann erwirtschaften (und eine ausreichende, gesetzliche Rente ist eine der Eckpfeiler des deutschen Sozialsystems)

Eine Lösung war es, Frauen an sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu bekommen. Eine Andere, Familien dazu zu "animieren" mehr Kinder zu bekommen. Oder am besten beides zu realisieren. Also wurde sehr viel Geld durch den Staat in die Hand genommen, um die frühkindliche Betreuung bezahlbar für alle zu machen und damit Frauen zu animieren neben dem Familienleben auch ein Berufsleben zu führen.
Gleichzeitig hat man zum einen die Jobgarantie für 3 Jahre eingeführt; also Unternehmen gesetzlich dazu verpflichtet, Frauen, die Kinder bekommen und diese betreut haben, zu den gleichen Bedingungen wie vorher zurück zu nehmen.

Nun lief der Betreuungsausbau eher schleppend . Um gerade im U1 Bereich zu sparen, hat man das Elterngeld "erfunden". Also werden Frauen dafür bezahlt, dass sie sich ein Jahr um ihr Kind kümmern, danach sollte es einen staatlichen Betreuungsplatz geben und die Frau kann wieder arbeiten. Und das System hat sich im großen und ganzen auch so durchgesetzt; Frauen kehren i.d.R nach 1-2 Jahren in den Beruf zurück und geben ihr Kind in staatlich überwachter und subventionierter Betreuung ab. Ich kenne in meinem Umfeld wenig Frauen, die länger zu Hause bleiben.

Umgesetzt wurde das System übrigens von allen großen Parteien. Die konservativeren waren eher am "traditionellen" 50ger Jahre System interessiert, die anderen daran, Frauen zu emanzipieren.

Seit einigen Jahren (ich glaube 2006 oder 2007) gelten alle Elterngeldregelungen übrigens auch für Männer; das habe ich weggelassen.

Warum viele Frauen es als erstrebenswert finden ihren Beruf aufzugeben und sich ausschließlich um die Kinder zu kümmern liegt denke ich an ihrer Sozialisation. Es war halt schon immer so und wird seit Generationen so gemacht. Es wird vorgelebt, dass "Kinder nun mal ihre Mutter brauchen". Ob das nun gut oder schlecht ist muss jeder für sich selbst beantworten. Hier gibt es nicht nur schwarz und weiß.
Wenn es für dich nicht das richtige ist, dann ist es doch ok. Ich find es nur schade, dass du so über andere Lebensmodelle urteilen musst.

Ich habe mir übrigens bei Kind 1 die Elternzeit mit meinen Mann geteilt (auch das Arbeiten in Teilzeit). Bei Kind 2 werden wir es ähnlich machen. Wir haben insgesamt 18 Monate Elternzeit in Voll- und Teilzeit gemacht, dann ging der Knirps in die Krippe.

11

Eine sehr gute Zusammenfassung.

13

Vielen lieben Dank.
Das war eine ganz tolle Erklärung und ich finde es sehr schön, dass di dir die Zeit genommen hast, mir so toll zu antworten.
Ich wollte gar nicht die Frauen runter machen die zu Hause bleiben, ich finde nur von Außen betrachtet, es befremdlich, mit welcher Selbstverständlichkeit das angenommen wird .
Im Grunde genommen lag ich ja dann richtig mit meiner Vermutung dass der Staat die Betreuung ab Geburt nicht bezahlen möchte, und es günstiger ist dir Mütter für die Betreuung bezahlt frei zu stellen.
Mein Mann kommt aus der ehemaligen DDR und war schon mit 3 Monaten in der Krippe, da war das ja so üblich, Frauen und Männer wurden als Arbeitskraft gebraucht.
In der Schweiz ist es nicht besser geregelt, nicht falsch verstehen, nur diese fast gleich geschaltete Entscheidungen fast aller Mütter, egal wie viel sie verdienen oder wieviel ihre Männer verdienen, ein Jahr mindestens zu Hause zu bleiben, finde ich erstaunlich.
Aber das hast du ja mit der Sozialisation der Frauen und Männer erklärt, ansonsten wäre es ja auch politisch nicht durchzusetzen gewesen.
Allerdings hat das ja mit der Finanzierung der Rente so nicht geklappt, immerhin ist die Rentenversicherung ja,auf horrende Subventionen vom Staat angewiesen, die gesetzliche Krankenversicherung auch, obwohl die Sozialabgaben hier in Deutschland echt hoch sind.
Meine persönliche Einstellung hätte ich hier weg lassen sollen, wäre klüger gewesen.
Allerdings ist die Kinderbetreuung ja immer noch schwierig, überhaupt einen Plstz für ein 1jährifes Kind zu bekommen, ist ja fast unmöglich.
Überall bekommt man Absagen.
Meine Kollegen mit Kindern , die jetzt schon älter sind sagten, dass das vor 2007 viel einfacher war, da bekam man sich mitten im Jahr spontan einen Platz, und nicht immer erst im August.
Außerdem kostet hier ein Platz in meiner Gehaltsklasse, schon 440 Euro ohne Essen pro Monat.
Ist nicht viel wenn ich die Schweiz betrachte aber animiert ja auch nicht gerade wieder zu arbeiten wenn man das Ganze eh kritisch sieht.
Und nein, in der Schweiz ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht besser oder einfacher.
Da gibt es auch keinen wirklich politisch durchdachten Ansatz.

Ich habe mich lediglich über den deutschen Lösungsweg gewundert, zumindest in einer Zeit des Fachkräfte Mangels.
Das Rentenloch ist ja trotzdem immer größer geworden....
Deutschland leistet sich halt einen sehr aufgeblähten Sozialstaat, die Frage ist, ist das dauerhaft finanzierbar oder müssen unsere Kinder die Zeche zahlen und schwer zurück rudern?

10

das gibt es in Deutschland schon seit 1980, da hat die Schweiz einfach geschlafen
Früher ware das 30 Monate mit 600 DM und 6 Monate mit 500, dazu durfte man noch 19 Std die Woche arbeiten
und es gabe damals schom sichre Betreuung ab 3, heute ab 1 Jahr!
und vorallem bezahlbar und viel wertiger als in der Schweiz.
wobei ich nicht verstehe, wieso man als Schweizerin in Deutschland schaftt, mit null rentenperspektive!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Ich bin deutsche und lebe in der Schweiz