Kind soll Integrativkind werden

Hallo zusammen,

ich hoffe, dass ich hier richtig bin, sonst gerne verschieben.

Es geht um Folgendes:
Im Herbst vergangen Jahres baten die Erzieherinnen unseres Sohnes (4, bald 5) um ein Gespräch. Sie teilten uns mit, dass unser Sohn sehr aufgeschlossen und lebhaft ist. Er bräuchte aber viel Aufmerksamkeit durch die Erzieher und beim Morgenkreis bzw. beim Essen fühlt er sich sicherer wenn er bei einer Erzieherin sitzt. Er würde diese Nähe brauchen. Dann würde er beim Essen auch weniger Rumhampeln. Zudem würde er beim Morgenkreis nicht lange stillsitzen können (dieser geht 20 Minuten) sondern er steht zwischendurch auf. Dazu muss ich sagen, dass unser Sohn immer schon sehr lebhaft war. Viel Bewegung brauchte und langes Stillsitzen nicht seins ist. Er ist nun mal ein lebhaftes Kind, eine Junge halt. Probleme mit der Konzentration gibt es Zuhause nicht. Er „arbeitet in seinem Vorschulheft, spielt etc.
Vor 6 Wochen wurden wir wieder zu einem Gespräch gebeten. Darin wurde wieder moniert, dass unser Sohn sehr lebhaft ist und sein Verhalten „stört“. Alle Kinder sitzen im Morgenkreis und er steht zwischendurch auf. Oder er braucht für eine Bastelarbeit mehrere Tage, weil er sich nicht an einem Tag zu Ende bringt, da er nicht so lange stillsitzen will. In dem Gespräch vermutete ich schon, dass man mir mitteilen will, mein Kind leide unter ADHS. Ausgesprochen wurde es nicht ABER es wurde vorgeschlagen, dass unser Sohn nun ab Sommer ein Integrativkind wird, damit die I-Kraft (Heilpädagogin) ihm mehr Aufmerksamkeit schenken kann. Diese Aufmerksamkeit bräuchte er dringend und die „normalen“ Erzieher können das nicht leisten.
Wir haben uns dann in einem weiteren Gespräch nochmal aufschlüsseln lassen, was das für unseren Sohn bedeuten würde, wenn wir einen Antrag auf I-Kind stellen. Wir als Eltern sehen die ganze Sache nicht so dramatisch wie die Erzieherinnen. Aber wenn er die Zuwendung der I-Kraft bräuchte und es ihm hilft, dann würden wir uns nicht sperren. Ja er ist lebhaft, ja er mag nicht Basteln bzw. nicht lange stillsitzen und ja er tobt gerne und ist auch mal laut. Das sind für mich keine Anzeichen von ADHS sondern Verhaltensweisen eines ganz normalen Jungen. Das Kuriose ist, als wir dies zum Ausdruck brachten, teilten Sie uns mit, unser Sohn würde sich nicht gut in die Gruppe bzw. in Gruppenspielen integrieren können. Auch dies sehen wir anders. Unser Sohn geht in den Sportverein und hat dort keine Probleme. Er ist oft beim Freunden zum Spielen eingeladen oder auch wenn ich ihn in der Kita abholen, spielt er mit seinen Kumpels zusammen.
Wir vermuten, dass die Kita, die unter Personalmangel leidet (Schwangerschaft, Kündigung von Erzieherinnen) nun befürchtet, wenn sie nicht ihre 4 I-Kinder zusammenbekommt, auch noch die I-Kräfte wegfallen. Bislang gibt es für den kommenden Sommer erst 1 I-Kind. 3 fehlen also noch. Ich möchte nicht, dass mein Sohn benutzt wird, um die Personalprobleme der Kita zu beheben.
Was mich weiter stutzig macht ist Folgendes: Wenn wir den Antrag auf I-Kind stellen würden, sollen wir den Antrag ausfüllen aber wir dürften den Bericht, den die Kita fertigt nicht lesen.
In dem letzten Gespräch wurde uns zugesagt, dass wir vor Absenden des Antrages auf jeden Fall den Bericht über unser Kind lesen dürfen. Dies wurde nun wiederum verneint. Das würde nicht gehen. Habe ich einen Anspruch auf Einsicht dees Berichts?
Kann es sein, dass wir den Bericht nicht lesen sollen, weil die Kita evtl. alles viel schlimmer darstellt als es ist, damit unser Kind überhaupt zur Untersuchung eingeladen wird?
Ich finde das ganze Verhalten seitens der Kita sehr merkwürdig!!!
Was meint Ihr?

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Da ich dein Kind nicht kenne, kann ich nur meine Einschätzung geben. Ich arbeite selbst mit ADHS Kindern und oftmals kommt die Diagnose leider sehr früh. Das kann bewirken, dass dem Kind ein Stempel aufgedrückt wird und es da so schnell nicht mehr raus kommt
Manche Kinder sind lebhafter, können sich aber an Gruppen anpassen und konzentriert arbeiten etc. Falls euer Kind das nicht kann, feste Strukturen und Abläufe unerlässlich sind, oder er zu Aggressionen neigt, wenn er etwas nicht schafft oder etwas anders läuft als er möchte, würde ich den erhöhten Förderbedarf befürworten. Umso früher das Kind dann gefördert wird, umso besser. Ansonsten wäre ich da vorsichtig. Dass ihr als Eltern keine Einsicht haben sollt, finde ich auch merkwürdig. Allerdings kenne ich die Richtlienien nicht.

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Danke für Deine Einschätzung. Nein, er ist nicht aggressiv wenn etwas nicht klappt.

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Hallo,

aus dem Bauch heraus liest sich das so, als bräuchte der Kindergarten ein weiteres I-Kind um die Stelle der Heilpädagogin zu erhalten.

Diesen Fall hatte meine Freundin damals mit ihrem Sohn und dem Kindergarten auch. Dem recht normalen Kind wurden damals auch diverse Dinge "angedichtet" um einen I-Status zu bekommen. Sie haben letztendlich die Einrichtung gewechselt.

LG
Tanja

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Hallo, ich arbeite als Integrationserzieherin wahrscheinlich in einem anderem Bundesland, aber ich denke nicht dass einem die Einsicht verboten werden kann. Ich kann dein Kind natürlich nicht einschätzen oder dir sagen, welche Entscheidung die richtige wäre, aber Sämtliche Unterlagen,die über dein Kind angelegt werden gehören deinem Kind bzw. dir. Da dürfte und sollte es auch nichts zu verheimlichen geben. Viele Unterlagen müssen sogar in Zusammenarbeit mit den Eltern erstellt werden.
Es geht schließlich um dein Kind.

Zur Not kann man sich an der Träger der Kita wenden und sich erkundigen.
Lg

PS schaden kann ein I Status deinem Kind eigentlich nicht. Bei uns ist,es so geregelt dass dieser mit dem Schulbeginn automatisch endet und solche Informationen nicht an die Schule weitergegeben werden dürfen, solange du nicht unterschreibst dass dies dein Wunsch wäre.

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Oh man, das war in den Kitas, in denen ich gearbeitet habe auch oft so...da wird aus Besonderheiten ganz schnell dieser Status, denn der bringt Geld. Spezielle Förderung gab es dann inoffiziell selten. Ist hoffentlich nicht der Regelfall...Ich hätte auch keine Lust auf so einen 'Stempel' für mein Kind. Aber die Erzieher machen sicher Druck...schwierig

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Wer macht denn da die Einschätzung? Und wer würde diesen Antrag schreiben?
"Normale" Erzieher oder die Heilpädagogin?
Wird da ein Kinderarzt/-psychologe involviert?

Ich kenne dein Kind und die Einrichtung nicht, deshalb möchte ich garkeine Aussage dazu geben, ob er die intensive Begleitung braucht oder nicht. ABER: Ich bin mir sehr sicher, dass ihr alle Dokumente, alle Berichte, selbst Protokolle von Teamsitzungen oder anderen Gesprächen in denen über dein Kind gesprochen wurde JEDERZEIT und ohne Anmeldung ansehen dürft!
Dass sie euch das verwehren, stinkt ehrlich gesagt zum Himmel.

Theoretisch müsste es ja schon jetzt - in Vorbereitung auf diesen besagten Antrag - "Vorbereitungen" in Form von Aktennotizen geben.

Wenn es um mein Kind gehen würde, würde ich folgendes tun:

- darauf bestehen, dass die Begutachtung meines Kindes und auch das Bearbeiten von Anträgen vom (ja vorhandenen) Fachpersonal gemacht oder zumindestens begleitet wird
- Kinderarzt involvieren
- prüfen, wie mein Recht zur Akteneinsicht aussieht.
- wenn ihr Akteneinsicht habt (wovon ich ausgehe), dann beim Träger melden, dass euch euer Recht verwehrt wird.

Alles Gute!

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Hallo! Und Danke für Eure Antworten.

Die Einschätzung kam von den Erzieherinnen, also auch von der zukünftigen I-Kraft die dort als heilpädagogische Erzieherin angestellt ist.
Wir haben nach dem zweiten Gespräch mit unserem KA über das Thema gesprochen, der sich sehr wunderte und unseresn Sohn überhaupt nicht als Kind mit ADHS eingestuft hätte. Er sagte aber auch, dass die Ärzte bei der Stadt das besser beurteilen können (aufgrund Tests etc.)

Mein Mann rief mich gerade an. Wir sollen am Montag mit der Kita-Leitung sprechen, die uns dann erklärt, warum wir den Bericht nicht lesen dürfen. Wir sind also zu einem nächsten Gespräch geladen. Mir wird das Ganze immer supekter. Ich vermute, in dem Bericht werden Sachen stehen, die so nicht stimmen, nur um bei der Stadt die Erforderlichkeit bzw. Dringlichkeit eines I-Status zu rechtfertigen. Deswegen sollen wir es nicht vorab lesen.

Nochmal, unser Sohn ist wild und lebhaft aber nicht aggressiv oder wütend. Er tobt gerne und streitet sich auch mal mit seinen Kumpels um ein Spielzeug aber das gehört doch zur Entwicklung dazu, auch dass sich Jungs mal "raufen" wenn der eine dem andere das Spielzeug wegnimmt. Er wird im April 5, also im Sommer ein Vorschulkind. Es sind noch 1,5 Jahre bis zur Einschlung. Die Erzieher tun so, als wenn er in der Schule unterweg, wenn wir diesen Antrag nicht stellen.

Ich möchte nicht, dass wenn wir den Antrag jetzt nicht stellen, weil wir keine Erforderlichkeit sehen, dass die Erzieherin ihn das spüren lassen und ihn schlecht behandeln.

Mal sehen wie es Montag weitergeht.

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Bitte klärt vorher euer Recht bzgl. der Einsicht.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Rechtens ist.

Und davon abgesehen: der Antrag ist schon fertig??
Ohne, dass ihr da zugestimmt habt?
Steht in eurem Betreuungsvertrag irgendwas dazu, dass solche Berichte regelmäßig geschrieben werden?

Meiner Meinung nach wäre es euer Recht, heute Nachmittag einfach unangemeldet darein zu spazieren und euch die Akte aushändigen zu lassen. Ihr dürftet sogar mit ins Archiv gehen, damit die Akte auf dem Weg zu euch nicht verändert werden kann.
So könntet ihr euch auch (wie die ja auch tun werden) übers Wochenende auf dieses Gespräch am Montag vorbereiten! (Das solltet ihr!)

Wir haben über unsere Rechtschutzversicherung eine telefonische Beratung "pro Verfahren" frei - evtl habt ihr sowas auch?
Ansonsten hilft dir das hier vielleicht auch ein bisschen weiter:
https://www.datenschutzbeauftragter-info.de/datenschutz-in-kindergarten-und-kindertagesstaette/

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Ich denke dein bauchgefühl trügt dich nicht! Leider ist es gang und gebe. Was sagt der Kinderarzt?
Ich würde in jedem Fall darauf bestehen ALLES schriftliche zu lesen, selbstverständlich auch unangeldet. Es geht hier um dein kind.

Hier schrieb jemand das der I Status mit schuleintritt endet und die Schule davon nix erfährt. Sehe ich anders, besonders in kleineren Gemeinden spricht sich ganz schnell rum wer ein Integrativ kind ist und hat damit einen Stempel, leider.

Im morgenkreis 20 min sitzen fällt sicherlich nicht jedem kind leicht und basteln tun manche kinder auch nicht gern. Das als Begründung finde ich schon ziemlich daneben

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Hallo.

Meine persönliche Meinung, wenn ich weder euch noch die Umstände kenne...
Ich bekomme echt n Hals, wenn ich höre ein Kind sei zu lebhaft, kann nicht still sitzen, stört oder sonstiges der negativen Sachen! Ich finde es erbärmlich wie teilw. Kinder stigmatisiert werden, nur weil a) allg. der Betreuungsschlüssel oft dürftig ist, b) keiner sich die Zeit und Geduld für auch lebhafte Kinder nimmt und c) diese Kinder (finde ich das Schlimmste) nicht so angenommen werden wie sie sind! Da werden Kinder kategorisiert und schubladisiert. Das Ganze System hinsichtlich Bildung und Betreuung ist marode.
Für mich hätte ein Kind Integrativ-Bedarf, wenn es kognitiv, sprachlich, sozial oder motorisch Gleichaltrigen einem beeinträchtigtem Grad hinterher hinkt. Und das müsste erstmal attestiert sein bevor ich dahin gehend was unternehmen würde. Bei meiner Freundin war es ähnlich wie bei euch.

Alles Gute.

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Hallo,
Ich finde das Vorgehen der Erzieher auch irgendwie merkwürdig..
wenn dein Sohn wirklich soo schlimm ist und sie so einen Antrag schon länger forcieren, haben sie doch bestimmt Protokolle über sein Verhalten angefertigt. Mit diesen könnten sie dir in den zahlreichen Gesprächen ja ganz konkrete Beispiele geben. Bei welcher „Gelegenheit“ steht er auf, wie lange kann er sich am Stück konzentrieren, kann er eine „Aufgabenreihe“ erfolgreich abarbeiten. Z.B. Räum bitte deinen Teller weg und gehe danach deine Hände waschen.
ADHS Kinder können solche Abläufe meist nicht absolvieren ohne zwischendurch wieder abgelenkt zu sein.
Also sie müssten ihn ja schon länger genauer beobachten und einschätzen, wenn sie so einen Antrag stellen wollen um bei eben diesem auch aussagekräftig zu sein.
Diese Beobachtungen und Aufzeichnungen müsstet ihr auf jeden Fall einsehen dürfen.
Die Begründung über das nicht dürfen, dass ich am Montag erklärt werden soll, würde mich auch interessieren.

Wie ist er denn sonst entwickelt und gibt es diese Beschwerden über ihn schon immer ?
Wir waren die jährlichen Entwicklungsgespräche, da werden doch so entwicklungsbögen zur Einschätzung genutzt

Wahrscheinlich erscheinen die Kinder durch den Personalmangel viel schlimmer auf die Erzieher als sie tatsächlich sind.


Ich wünsch euch alles gute.
Liebe Grüße

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Hallo! Ich habe leider aus zeitgründen nicht bis zu ende lesen können aber wir hatten einen ähnlichen "fall" in unserer gruppe bei der mittleren tochter. Der kleine war sehr aufgeweckt und die erzieher konnten ihn nicht bändigen - es war einfach in der grupoe von 24 kindern nicht möglich, ihn z.b. beim morgenkreis immer wieder "einzufangen", beim essen immer neben ihm zu sitzen etc. Er hat dann in einen waldkindergarten gewechselt, dort kann er seinem bewegungsdrang nachgeben und es funktioniert wohl gut jetzt. Vielleicht gibt es so eine alternative in eurer nähe?

LG Bianca