Kann Autismus jeden treffen?

Hallo,

hier gab es eine Mutter die vor einer Weile einige Beiträge zu ihrem autistischen Jungen veröffentlichte.

Ich habe darauf reagiert und meine Reaktion war immer unpassend und kam gemein rüber. Tatsächlich wusste ich es aber einfach nicht besser und habe mich seitdem mal etwas informiert..

Wie ich gelesen habe, werden Kinder häufig im Schulalter mit Verdacht auf Autismus zu einem Kinderpsychologen geschickt. Ich frage mich nun, wieso es dann auffällig wird? Kann jeder von uns früher oder später autistisch werden? Wenn ich mir die vielen Symptome so ansehe kann ja jeder Autist sein.

Ich frage mich wo Autismus anfängt und wie es sein kann, dass Kinder oder auch erst Jugendliche auffällig werden wenn sie älter sind.

Vielleicht kann mir jemand was dazu sagen damit ich es einfach besser verstehe.

LG

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Ja es kann jeden treffen.

Und wie bei vielen psychischen Krankheiten ist die Diagnose eben sehr, sehr schwer, weil Autismus ein breites Spektrum und somit viele Gesichter hat.

Ich kann mich noch an die Threads erinnern und finde es richtig, richtig toll, dass du noch mal nachgelesen und dich informiert hast! Das ist wirklich ein starker Zug von dir :)

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Hallo,

Autismus ist eine angeborene seelische Entwicklungsstörung. Man ist nicht plötzlich Autist. Entweder man hat es oder man hat es nicht. Es äußert sich nur nicht sofort. Aber so gesehen kann es schon jeden treffen, würde ich sagen. Ich selbst bin nicht betroffen und kenne auch keinen in der Familie, hatte aber mal einen Kollegen mit Asperger Syndrom und ein bisschen nachgelesen.

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Ich hatte bisher vier Schüler wo im Schulalter dann die Diagnose kam. Dass das Kind besondere Bedürfnisse hat war aber in all diesen Fällen schon vorher bekannt. Eine Diagnose erleichtert dem Kind einiges im Schulalltag, weshalb viele Eltern erst im Schulalter eine Untersuchung angestreben. Ich denke das spielt sicher mit hinein warum die Diagnose häufig erst in dem Alter gestellt wird.

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Naja, Kinder entwickeln sich ja, und ein kleines Kind muss noch nicht viel können im Vergleich zu einem Schulkind. Bei kleinen Kindern sind die Unterschiede oft nur marginal, und je höher die Anforderungen werden umso größer werden die Auffälligkeiten, bis man dann eben aus dem Spektrum dessen was die normale Streuung an Fähigkeiten und Verhalten rausfällt.

Bei Frühchen wird zum Beispiel auch oft der Fehler gemacht dass wenn die ersten 2 Jahre gut verlaufen Entwarnung gegeben wird, und dann im Schulalter alle aus allen Wolken fallen dass doch Verzögerungen da sind. Weil es eben im Kingergarten weniger auffällt und weil die Komplexität der Aufgaben eben dann erst so hoch wird dass sie rausfallen.

Entwicklung verläuft ja auch bei jedem Kind anders und nie linear sondern in Schüben. Und man will nicht massenweise Kinder zu psychologischen Tests schicken um dann rauszufinden dass nix ist. Die Tests sind auch sehr belastend, im Sinne von anstrengend, aber auch psychisch.

ZB verwachsen sich klare ADHS-Symptome bei Kindergartenkindern zu über 50% noch bis sie in die Schule kommen! Weil die halt einfach da in der Entwicklung etwas länger brauchen.

Fakt ist: Jedes Kind jeder Eltern kann durch genetische Vorgabe und Umwelteinflüsse (auch Umweltgifte zb haben da Einfluss, z.B. gibt es den Verdacht dass Kinder vermehrt ADHS bekommen könnten wenn Mütter Cortison in der Schwangerschaft nehmen mussten!) ein Leistungsspektum von Hochbegabt bis Schwerbehindert bekommen. Dazwischen sind alle Spielarten möglich. Und jedes dieser Kinder kann nur das "bringen" was ihm die Natur vorgibt. Der Nürnberger Trichter funktioniert nicht! Du hast in Dein Kind nur soviel Wissen reingebracht weil Platz dafür da war, mal bildlich beschrieben! Wäre da kein Platz gewesen wäre es übergelaufen. Du kannst es nicht reinprügeln.


Du schriebst mal dass es "Mode" sei den Kindern ne Diagnose anzudichten. Es ist das Verhalten unserer Gesellschaft die die Eltern erst dazu treibt! Hat das Kind ne Diagnose wird geheuchelt "ja, es ist ja behindert, da können die Eltern nix dazu". Hat Dein Kind keine Diagnose hast du einfach als Mutter es in den Augen vieler einfach nur verkackt.

Unser Kleiner ist ein Extremfrühchen. Hat auch seine Baustellen, hat seine Auffälligkeiten. Die Ärzte sagen seine Entwicklung gleiche einem Wunder! Meine Nachbarn sind der Meinung ich sei dran schuld dass er z.B. noch sprachentwicklungsverzögert sei weil ich zu wenig vorlese und ihn nicht mit 1 in eine Krippe gegeben habe. Dass er auch ne Konzentrationsschwäche hat und wir erst mal trainieren mussten dass er einer Geschichte folgen kann ... gibt es in deren rosaroten Welt nicht.

Kinder haben einfach ne naturgegebene "Kapazität" und leider kann unsere Gesellschaft es nicht akzeptieren dass Kinder so unterschiedlich sind wie sie sind. Alles muss perfekt sein.

Ob eine Behinderung anerkannt wird oder nicht ist zb ein reines Zahlenspiel? Es gibt keine "Diagnose" ja / nein, oft keinen Merker wo man sagen kann "wenn das 1 ist ist es nix und wenn es 0 ist ist es was". Es sind Punkte und Prozente. Liegt Dein Kind nur 11 Monate mit der Entwicklung zurück gilt es als nicht behindert, bei 12 Monaten gilt es als behindert. Macht es vor dem nächsten Test nen Schub und ist bei 11 Monaten gilt es als nicht mehr behindert. Genauso ist es eben bei Autismus und allem ähnlichen eben auch.

Aber ist es gerecht den Eltern des Kindes das jetzt 50 Punkte im Test erreicht hat und als Autist gilt zu sagen "ok, ihr könnt ja nicht mehr tun, es ist ja autistisch" und den Eltern deren Kind mit 49 Punkten nur knapp drunter lag, aber nicht anerkannt ist zu sagen "ihr solltet besser erziehen? Mit 49 Punkten kann das Kind nur marginal mehr als das mit 50, in der Gesellschaft haben aber die einen Eltern nen Freibrief und die anderen die A-Karte! DAS ist das Problem warum viele sich Diagnosen wünschen! Weil es egal ist ob das Kind nun einen gewissen Schwellenwert überschreitet oder nicht, die natürliche Veranlagung ist eben da.

Lies mal das alte afrikanische Märchen von Panther der seine Punkte wegschrubben will. es ist egal wieviel Punkte der Panther hat, er wird sie nicht wegschrubben können! Und so ist es mit Autist / nicht Autist. Es gibt welche mit vielen Punkten und welche mit ganz wenigen dass sie gar nicht auffallen, aber sie können nicht weggeschrubbt werden.

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Hallo!

Ich finde es super von dir, daß du dich über Autismus informiert hast! 👍

Autismus ist angeboren. Mittlerweile heißt es "Autismus Spektrum Störung" und wird nicht mehr in die verschiedenen Arten (frühkindlicher Kanner, High Funktion, Asperger...) unterteilt.

Asperger Autismus fällt z. B meist erst ab dem 3. Lbj auf. Aber auffällig sind die Kinder schon immer - mehr oder weniger.
Autismus Diagnostik wird erst ab dem 4. Geburtstag empfohlen. Manche Probleme, die wie Autismus anmuten, sind keine. Das zeigt sich aber erst im Verlauf.


In der Schule wird konzentrieren, arbeiten, zuhören, still sitzen, Arbeitsaufträge befolgen... erst aktuell. Und da fallen dann Kinder auf, die das nicht schaffen. Daher oft erst spät eine Diagnose.

Mein Sohn ist z. B seit Geburt "anders". Das hieß aber gaaanz lange nur "Entwicklungsstörung".
Mit der Diagnose tun sich manche Ärzte auch sehr schwer. Andere vergeben die Diagnose wiederum schneller. Diese Erfahrung mussten wir leider schon machen.
Dazu sind autistische Kinder im breiten Spektrum von geistig behindert mit niedrigem IQ bis hochbegabte zu finden.

Liebe Grüße!

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Hallo :) woran hast du gemerkt, dass dein Sohn anders ist?

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Mein Neffe wurde jetzt mit 9/10 diagnostiziert. Vorher hieß es von allen Seiten, die Eltern waren nicht konsequent in der Erziehung, er sei unterzogen etc. Das war für alle eine "Erlösung" als es diagnostiziert war. Auffällig war er schon immer ganz dezent, aber nie, dass man darauf hätte schließen können.
Es kann genetisch vererbt werden, allerdings auch durch unglückliche Entwicklungen im Mutterleib entstehen... Wenn man die latte an "Symptome" liest, erkenne ich mich teils selbst mit drin. Habe aber keinen, zumindest nicht das ich wüsste. Auch mein Sohn hat Züge, aber es ist ja auch nicht alles Gold was glänzt.
Meine Schwester kam wegen ihrem Studium selbst auf diesen Verdacht, hat viel gelesen und sich informiert. Da war so viel was passte, weswegen sie diesen Schritt gegangen ist und es beim Spezialisten hat abklären lassen. Auch wenn er nach wie vor seine Defizite hat. Man geht anders damit um.
Es ist keine Krankheit... Diese Kinder sind in ihrer Wahrnehmung und der Funktionalität ihres Gehirns anders und macht sie besonders. Mein Neffe ist intelligent etc. Aber im zwischenmenschlichen Bereich hapert es eben sehr.

Im Baby und Kleinkindalter können die Betroffenen super kompensieren und sich anpassen. Mit steigendem Alter und wachsenden Anforderungen können Sie das alles nicht mehr und werden auffällig / auffälliger.... Es heißt auhh nicht, dass man ewig Probleme hat. Mit den Richtungen Ventilen und Strategien können Sie ein normales Leben führen und sich anpassen. Sie können studieren und ein "normales" Leben führen.

Achtung, ich rede hier gerade nicht allgemein, es gibt auch sehr schwere Fälle, das ist klar. Mein Neffe hat eine asperger spekrumstörung in Mittelschwerer Ausprägung....

Man darf auch nie vergessen, selbst wenn man einen autistischen Menschen kennt, kennt man nicht alle... Die Facetten sind gigantisch.

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Meine Schwester konnte diese Seite empfehlen... Zum informieren aber auch spezifischer zur Diagnostik u. s.

https://autismus-kultur.de/

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Das Autismus eine neue Modekrankheit ist, durfte ich mir auch schon von unserer Kinderärztin anhören, als wir fragten wie die nächste U-untersuchung abläuft, da er nicht spricht und entwicklungsverzögert ist. Ich muss dazu sagen, dass wir gerade mit unserem bald 4 jährigen mitten in der diagnose stecken. Fahren mehrmals 180km im Monat, da Vorort niemand Erfahrung mit Autismus hat. Und wenn man nicht gerade in Hamburg oder Berlin wohnt, muss man einiges auf sich nehmen. Und wir wollten nicht bis zum Einschulungstest warten, denn das machen leider viele, auch weil die unwissenden Hausärzte meinen, ach das verwächst sich noch, er ist ja erst 3. Aber das er anders ist, erkennen sie doch schon, aber dann kommt halt solch ein satz: ob er behindert bleibt, wird man sehen. Aber wie man ihn fördern kann, damit er sich weiterentwickelt, sagen die einem nicht. Wir haben eine tolle Krankenkasse, die uns mit Rat und Tat zur Seite steht. Nur wenn wir uns auf die Kinderärzte verlassen hätten, würde mein Sohn heute noch keine Förderung bekommen. Autismus ist sehr vielfältig und schwer zu erkennen, aber Eltern müssen auf ihr Gefühl hören, und dafür kämpfen, dass die Kinder nicht auf der Strecke bleiben. Ich hatte nie Berührung mit Autismus, weder in der Familie noch aus dem Bekanntenkreis. Es ist bei unserem Jungen höchstwahrscheinlich ein Gendefekt. LG

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Ich bin Autistin.
Autismus ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung und angeboren. Genetische Faktoren spielen eine Rolle.

Autismus äußert sich meistens erst im Kindergartenalter. Je größer das Kind, desto besser kann man eine gesicherte Diagnose treffen. Aber natürlich gibt es auch schon davor diverse Anzeichen, die auf Autismus hindeuten. Frühkindliche Autisten haben oftmals schon im Säuglingsalter auffällige Symptome....

Autismus ist eine Spektrumstörung. Es reicht von sehr schwer betroffenen, nonverbalen Autisten zu hochfunktionalen Autisten, die nicht sofort offensichtlich autistisch sind, aber trotzdem viele Probleme haben (können). Man sieht es einem nur nicht gleich an. Das macht einen Menschen aber nicht weniger autistisch.
Heutzutage nennt sich das deshalb auch Autismusspektrumsstörung. Es ist seeeehr breit gefächert.

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Als jemand, der möglicherweise am Spektrum ist (wenn auch nicht stark betroffen), finde ich die Einteilung hier immer etwas fragwürdig.

Ja, ich tue mir sozial schwerer als andere. Viele andere tun sich dafür mit zB Mathematik und abstraktem Denken sehr schwer. Trotzdem sind "die" normal und ich nicht.

Dh es definiert einfach die Mehrheit, was normal ist.
Das ist natürlich ein Stück weit normal, aber zB bei roten Haaren, die auch sehr selten ist, spricht niemand von Krankheit oder Behinderung.

Ich fühle mich zB keineswegs behindert oder ungewöhnlich eingeschränkt. Vielmehr denke ich, dass jeder so seine Begabungen und Defizite hat und darunter mehr oder weniger leidet.

Auch von Hilfestellungen für behinderte Menschen profitieren sehr oft auch Nichtbehinderte, was ich zB mit Baby und Kinderwagen sehr oft bemerkt habe (Stichwort Barrierefreiheit).