Diskriminierung oder mangelnde Integration

Liebe Community,
bei uns war der Photograph im Kindergarten und als ich mit einer anderen Mutti und den Kindern das Gruppenbild anschaute, ist etwas passiert, was mich wirklich umtreibt. Es gibt zwei Kinder mit Migrationshintergrund. Die eine ist sehr Taff und mein Kind spielt gern mit ihr und will sie besuchen etc - aber nur außerhalb des Kindergartens. Ich glaube, im Kindergarten ist sie Luft für mein Kind und letztens hat er sogar ihre Hand losgelassen, als es näher zum Zimmer ging.
Das andere Mädchen ist sehr schüchtern, ein bisschen größer als alle und ich glaube, keiner will mit ihr spielen.
Beim Anschauen der Photos sind wir Freunde durchgegangen und es kam die Sprache auf das Mädchen und das Kind der anderen Mutti sagte: "Das ist nicht meine Freundin. Sie ist Ausländer und hat dunkle Haut." Wir sind fast umgefallen. Die Familie des Kindes, das das gesagt hat, ist eine sehr offene, liberale und kosmopolitische Familie. Sie haben Freunde überall in der Welt und ich bin sicher, dass sie nicht auch nur das Wort "Ausländer" benutzen. Die Mutter war so geschockt. Ich aber auch, denn auch mein Kind fand nichts dabei.
Mir fiel schon länger auf, dass die Familien mit Migrationshintergrund auf Grund der Sprachbarriere als Problem angesehen werden, dass sie nie zu Elternabenden kamen, dass sie einfach ignoriert werden. Aber das jetzige Ereignis ist für mich noch einmal eine andere Qualität.
So nun zu meiner Frage: was mache ich? Ich möchte weder, dass mein Kind solche Wertvorstellungen verinnerlicht - mir schauderts bei dem Gedanken. Natürlich kann ich mein Kind zu Hause aufklären, mit ihm sprechen, ihm andere Erlebnisse nahebringen. Aber im Kindergarten hat es sich offenbar schon verfestigt. Und ich will einfach auch nicht, dass die beiden Mädchen in so einer Umgebung leben müssen.
Erzählt mal, was ihr als Eltern machen würdet. Projekte vorschlagen? (Dazu muss ich sagen, sie hatten eins, bei dem es darum ging, dass sie sich beschreiben sollten und da ist das mit der Hautfarbe überhaupt erst zum Thema geworden und ich glaube, das Projekt war noch mal etwas, was den Rassismus gepuscht hat.) Mit der Erzieherin sprechen? Und an die Erzieher*innen unter Euch: was würdet ihr machen oder euch wünschen, was die Eltern tun?

Und was mich auch interessieren würde: wie funktioniert bei Euch im Kindergarten die Kommunikation mit Eltern, die noch nicht gut Deutsch sprechen?

Danke #herzlich

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Hallo,
also ich würde natürlich auch definitiv darauf achten, dass ihr eurem Kind einen positiven und guten Umgang mit ALLEN MENSCHEN beibringt, egal welcher Herkunft. ABER: nur weil ein Kindergarten Kind sagt, das sind Ausländer, würde ich nicht direkt in Panik verfallen. Vielleicht fiel mal das Wort Ausland (zB wo kommt XY denn her?), Kind schlussfolgert Ausländer. Für unseren Sohn ist auch jeder Ort mit Strand / Sand / Wasser „Holland“ und er sagte in dem Zusammenhang auch mal, dass das „Ausland“ ist. 😅 Dass es nur eine Region ist und dass nicht jeder Strand Holland ist, nun gut das wird er irgendwann noch verstehen! Du schreibst, „…dass sie einfach ignoriert werden.“ Werden die Eltern ignoriert oder halten sie sich aktiv aus allem, wie zB dem Elternabend raus?
Was ich tun würde, die Erzieher erst mal ansprechen, wie das im Kindergarten abläuft. Sie sollten da ja eigentlich ein Auge drauf halten, dass niemand ausgegrenzt wird. Wenn dein Sohn privat Kontakt zu dem einen Mädchen hat, würde ich das einfach weiter unterstützen! Seht ihr die Eltern beim bringen oder abholen? Dann fragt doch mal, ob sie zum nächsten Elternabend mitkommen möchten oder so. Bei uns im Kindergarten ist das ehrlich gesagt kein Problem, da gibt es Eltern die (vielleicht auch aufgrund einer Sprachbarriere) nicht an Veranstaltungen teilnehmen, das überträgt sich aber absolut nicht auf die Kinder. Die spielen alle miteinander und es wird, soweit ich das beurteilen kann, niemand ausgegrenzt.
Was mir gerade einfällt, hat dein Sohn die Hand vielleicht auch losgelassen, weil es ein Mädchen war? Mädchen sind ja mit 5 auch vielleicht nicht mehr ganz so cool für Jungs. Ich möchte das Problem absolut nicht klein reden und finde es auch ganz wichtig, dass man da ein Auge drauf hält. Aber vielleicht fehlen noch ein paar Puzzle Teile, um das Ganze zu verstehen. Ich würde das daher im Kindergarten mal ansprechen, fragen wie sieht dort der Umgang mit den beiden aus! Und immer wieder eurem Sohn sagen, hey viele Menschen haben dunkle Haut und dunkle Augen, Opa Dings und Cousine Bums ja auch, wieso ist das ein Grund nicht mit jemandem zu spielen?

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Sie hat eindeutig gesagt, dass sie nicht mit ihr spielen will, weil sie eine dunkle Haut hat und Ausländer ist. Da gab es wirklich keinen Interpretationsspielraum und ich beobachte auch, dass das Mädchen beispielsweise morgens, wenn ich meinen Sohn bringe allein am Tisch spielt. Mein Kind rennt in den hinteren Raum, wo die "coolen kids" sind und vorn spielen bei der Erzieherin zwei drei Kinder allein und es sind immer dieselben und sie sehen nicht wirklich glücklich aus.
Die Eltern des Mädchens, mit dem mein Sohn spielt, habe ich tatsächlich zum letzten Elternabend überredet. Ich habe vorgeschlagen, sie sollen einen Dolmetscher mitbringen. Es hat gut geklappt. Sie war so glücklich, mal etwas zu erfahren über den Kindergarten, hat sich tausendmal bei mir bedankt. Aber das Schlimme: die Erzieherin hatte eine Anwesenheitsliste vorbereitet, auf der der Name der Familie erst gar nicht stand. Auch nicht der der anderen Familie mit Migrationshintergrund.
Ehrlich gesagt habe ich wahrscheinlich auch Angst, dass die Erzieherin, von der ich bisher viel hielt, vielleicht hier nicht mit meinen Wertvorstellungen übereinstimmt. : (

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Vielleicht solltest du auch in der Richtung des Elternabends weiter machen. Andere Eltern bekommen das ja dann auch mit und vielleicht bringt das dann den Stein ins Rollen, dass die nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden.

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Also bei uns hat die Mehrheit der Kinder nicht zwei Elternteile, die Schweizerdeutsch sprechen, ca. ein Drittel der Kinder keinen deutschsprachigen Elternteil. Die Kinder lernen es ja trotzdem sehr schnell. Was die Eltern betrifft, das mit der Sprachbarriere bei Eltern ist für mich schwer vorstellbar. In der Regel sind die Länder, aus denen Migration zu uns stattfindet, ja schon länger die gleichen, d.h. die Chance, dass eine Erzieherin oder jemand von den Eltern auch von dort kommt oder Eltern hat, die von dort kommen und deshalb deren Sprache spricht, ist recht hoch. Bei uns gibt's alles offizielle auf deutsch und englisch.

Was diese Integrationsprojekte betrifft: Ich habe eine Mutter, die aus Südostasien kommt, mein Vater ist Schweizer, ich spreche Schweizerdeutsch als Muttersprache. Für mich war im Kindergartenalter immer ausser Frage, dass ich ein normaler Einheimischer bin, bis irgendwer auf die Idee gekommen ist, dass ich allen anderen meine Kultur näher bringen müsse, Multikulti usw., obschon ich mein ganzes damaliges Leben im Wesentlichen etwa fünf Minuten zu Fuss vom Kindergarten verbracht habe. Ich fand das damals sehr unangenehm, aus meiner Sicht sollte man mit solchen bestimmt gut gemeinten Projekten sehr aufpassen.

Vorschlag: Mit einem Kind scheint sich deines ja gut zu verstehen. Schlag doch mal vor, dass ihr als Familien zusammen etwas unternehmen könnt.

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Bei den Erieherinnen ansprechen.
Diese sind sicher fähig das Thema kindgerecht zu thematisieren.

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" (Dazu muss ich sagen, sie hatten eins, bei dem es darum ging, dass sie sich beschreiben sollten und da ist das mit der Hautfarbe überhaupt erst zum Thema geworden und ich glaube, das Projekt war noch mal etwas, was den Rassismus gepuscht hat.)"

Glaubst du das wirklich?
Ich wäre mit solchen Äußerungen ganz vorsichtig.
Warum sollte Hautfarbe nicht zur Beschreibung des Körpers gehören. Hautfarbe, Haarfarbe, Augenfarbe. Das gehört alles zu einer Beschreibung von Menschen dazu.
Die Frage ist, was man mit den Informationen macht. Kinder sind da in der Regel nicht befangen, sondern es ist erstmal eine ganz normale Beobachtung und Feststellung, um die man keinen Wirbel machen muss.

Bevor ich den Erziehern das unterstellen würde, würde ich erstmal gezielt nachfragen, was gemacht wurde, wie damit umgegangen wurde und so weiter.
Man kann das beobachtete Problem ansprechen und anregen, dass man vielleicht hier in der Kita mit weiteren Projekten gegensteuern kann.

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Ich will es eigentlich niemandem unterstellen. Im Gegenteil, ich hoffe, dass es nicht so ist. Aber ziemlich direkt nach dem Projekt hat mich auch schon mal eine Mama angesprochen, dass Ausländer und Hautfarbe irgendwie ungut Thema waren bei ihrem Kind. Es geht nicht darum, dass Hautfarbe allein thematisiert wird, sondern dass es eindeutig eine negative Bewertung bekam. Und da Kinder in dem Alter eigentlich noch vollkommen unbefangen sind, muss es ja irgendwoher kommen.
Wie die andere Antwortgeberin hier auch schon gesagt hat: solche Projekte thematisieren manchmal Dinge, die das Gegenteil bewirken, von dem, was Erwachsene sich erhoffen. Nicht weil sie es falsch machen, oder böse Absichten haben. Einfach weil sich die Betroffenen damit nicht wohl fühlen. Das kann passieren. daraus würde ich keinen Wirbel machen. Was in der Vergangenheit war, ist auch gar nicht so sehr mein Thema. Ich würde lieber wissen, wie man Integration besser fördern könnte und wie man den Kindern beibringt, dass wir alle gemeinsam Menschen sind und nicht auf Grund von Äußerlichkeiten oder Dingen, die wir nicht beeinflussen können schlecht behandelt werden dürfen.

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du lebst in Deutschland?

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Ja, der Kindergarten ist in Deutschland. Ich selbst pendle teilweise in ein anderes Land. Warum fragst Du?

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Erst einmal ist es super, dass du das Thema nicht einfach ignorierst oder abtust als Kleinigkeit! Alltagsrassismus wird so schnell von Kindern angenommen. Aber auch das Gegenteil können Kinder verinnerlichen. Wenn du selbst dein Kind offen erziehst, wird es hoffentlich nicht diese Einstellung entwickeln.

Zum Einen sollten die Erzieherinnen sich dem mit annehmen, da diese ja auch verantwortlich dafür sind, dass Kinder andere ausschließen. Deine Idee mit einem Projekt finde ich auch nicht schlecht. Besser wäre es, wenn das auch die Eltern der Kinder mit Migrationshintergrund einschließt. Vielleicht könnten diese zu den Kindern sprechen von sich erzählen, ihre Geschichte berichten.

Allerdings ist das natürlich dann auch ein Problem durch die Eltern des anderen Kindes. Eigentlich wäre es auch gut diese zur Rede zu stellen, da diese ihr Gedankengut ihrem Kind ja selbst immer wieder weitergeben werden und das Kind dann weiterhin solche extrem rassistischen Dinge äußert, die andere Kinder aufschnappen könnten. Das wäre aber wahrscheinlich der schwierigste Schritt.