Wutanfälle des fast 4-Jährigen - wie können wir ihm helfen?

Hallo ihr Lieben,

ich glaub ich muss mal Dampf ablassen. Mein fast 4-Jähriger hat sehr starke Wutanfälle. Diese starken Emotionsausbrüche hatte er schon immer, als Baby und als Kleinkind. Wir alle (Eltern, Erzieher, Omas) versuchen ihm beizubringen, dass er reden soll, wenn ihn was nicht passt. Leider kann er das nicht umsetzten. Seine Emotionsausbrüche beschreibe ich gern so, dass sie immer in Extremen sind: extrem fröhlich und laut, aber eben auch extrem wütend und laut. Ich weiß, dass das zu ihm gehört, aber ich würde ihm so gern beibringen, sich besser auszudrücken, ausgeglichener zu sein. Viele sagen ja, dass Kinder nur bei Mama so sind. Leider ist es bei ihm eben nicht so, er ist überall so, sobald seine Gefühle überhand nehmen. Sonst ist er eher der ruhige zurückgezogene Typ, ist gern für sich allein und eher zurückhaltend, also irgendwie auch das völlige Gegenteil. Ich muss sagen, ich kann mich schlecht in ihn heinfühlen, weiß nicht wie ich ihm helfen kann. Sein Bruder ist auch eher der gelassene Typ, schreit nicht sehr laut vor Freude, bekommt aber auch seine schlechten Gefühle eher gebändigt ohne das wir das Gefühl haben, er unterdrückt was. Das kann ich nachvollziehen, so bin ich auch.

Ich denke ja, dass mein Großer ist wie sein Vater. Leider wurden seine Gefühle von Anfang an unterdrückt a la "alter Erziehungsschule", man muss hart sein, keine Gefühle niemanden zeigen. Sprich er kann sich zwar rein fühlen, aber außer, dass er weiß wie man alles in sich reinfrisst kennt er auch keinen kindergerechten Weg. Er versucht gerade selber damit besser umzugehen. Das finde ich toll, hilft aber nicht mit dem Großen.

Habt ihr evtl. Ideen, was wir noch machen können? Wir reden mit ihm, lass ihn auch schreien, um Dampf abzulassen, aber er gerät dann oft in einen Strudel, jede kleinere weitere Untstimmigkeit steigert seine Wut ins unermäßliche, selbst wenn es das ist was er 2 Sekunden vorher gewollt hat und jetzt eben nicht mehr will. Ich versuche oft, Stresssituationen auszuweichen, nicht jeden Kampf zu kämpfen. Aber das geht eben nicht immer. Kurzes Beispiel aus der Kita: der Fotograf war da, Einzelbilder und Geschwisterbilder machen fand er toll. Am Nachmittag sollte noch ein Gruppenfoto gemacht werden. Er hat ganze 15 Minuten geschrien, dass er ja schon beim Fotografen war und nicht mehr will. Erst dann konnte seine Erzieherin ihm erklären, dass es sich um ein Foto mit allen Kinder handelt. Und das hat er akzeptiert und dann fröhlich das Foto gemacht. Aber dahin zukommen ist jeden Tag mittlerweile eine Herausforderung.

Noch ist er ja sehr jung, aber da es immer schon so war und "nicht nur eine Phase" habe ich einfach Angst, dass er das immer so haben wird und ich möchte ihm einfach helfen damit klar zukommen.

Vielen Dank schon mal.

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Klingt, als hätte er eine geringe Frustrationstoleranz.
Um die zu stärken würde ich zwei Dinge tun, einmal Situationen schaffen, um das zu üben (beispielsweise bei Gesellschaftsspielen ihn nicht immer gewinnen lassen, aber natürlich auch nicht extra "ärgern") und Emotionen mit ihm besprechen.

Ich würde verstärkt drauf achten, meine Gefühle zu benennen (und zu beschreiben, wie fühlst du dich und was passiert in deinem Körper, wenn du traurig, wütend, fröhlich..bist) und spiegeln, was mir bei ihm auffällt, wenn er eine Emotion zeigt. Bei Wut ist das manchmal in der Situation möglich, manchmal erst hinterher, da muss man dann flexibel schauen, was hilft.
Er kann dann die körperlichen Reaktionen mit seinen Gefühlen in Verbindung bringen und - irgendwann - lernen, zu reagieren oder sich Hilfe zu holen, bevor es eskaliert.

Gleichzeitig kannst du schon fragen, was ihm in solchen Momenten gut tut, wenn er das (außerhalb der Situation!) sagen kann, ansonsten Strategien anbieten und schauen, ob es ihm hilft.

Bei Wut zum Beispiel: Wutball kneten, ganz schnell rennen, (weiche) Bälle gegen ein Ziel werfen, in Wutkiste schreien/blöde Worte rufen, Kissen boxen, Atemtechnik etablieren, bis 15 zählen, Lieblingslied singen...

Alles Gute!

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Ob das nur eine Phase ist oder nicht kann dir natürlich niemand beantworten. Mein Mann hatte ähnliche Probleme, bekam dann eine I-Kraft und ging auf eine Förderschule. Ab der 5. Klasse war dann alles super und er ganz ganz normal Abi gemacht, Bachelor, Master etc. . Ich weiß nicht woher das kam, da seine Eltern und Geschwister überhaupt gar nicht so sind. Als er jedoch eine chronische Krankheit, die mit extremen Schmerzen und Schlaflosigkeit Zusammenhang, entwickelte, fing er plötzlich an wegen Kleinigkeiten auszurasten. Gruselig. Wir standen echt kurz vor der Trennung. Als dann endlich ein Arzt helfen konnte, war es komplett verschwunden. Seine kurze Zündschnur hing also mit Schmerzen und Unwohlsein zusammen. Muss ja gar nicht körperlich sein, auch psychische Erkrankungen können in die Richtung gehen. Ist bei euch zuhause etwas, unschöne Stimmung? Streit? Strenger Papa, der den Familienfrieden "vergiftet"?

Ansonsten kann ich nur von meinem 4,5-jährigen sagen, dass wir zwar nie solche Probleme hatten, aber Trotzereien immer gut im Konsequenzen gelöst werden können. Er muss ja nicht mit auf das Gruppenfoto, aber dann kann er eben sich das Bild mit seinen Kitafreunden auch nicht ins Zimmer hängen. Er muss auch nicht zum Schwimmtraining, aber dann muss er eben ins Schwimmbad gehen und seiner Trainerin sagen, dass er heute nicht schwimmen will, das kann Mama nicht übernehmen. Er muss auch nicht jetzt lieb neben Papa im Supermarkt her gehen, aber wenn er sich jetzt im Süßigkeitenregal auf den Boden legt und brüllt, dann sucht Papa eben sich alleine das Gemüse aus und holt ihn erst danach wieder ab. Und das Kind kann sich in der Zeit dann eben kein eigenes Gemüse aussuchen, weil es die Zeit lieber brüllend im Süßigkeitenregal verbringen will. Und dann eben auch konsequent dabei bleiben. Und: Choose your battles. Heb dir die Streitereien für die Dinge auf, die wirklich wichtig ist. Wenn er im Schlafanzug in die Kita gehen will, soll er doch. Nach den ersten Kommentaren der anderen Kinder wird er sich vermutlich dann doch selbst umziehen in der Kita. Dafür muss man sich nicht zuhause 30min. streiten.

Wie gesagt, unser Sohn hat solche Anfälle eigentlich seeeehr selten und auch nicht sonderlich krass, aber vielleicht bringt euch das auch was. Wenn nicht, hat vielleicht noch wer anders einen Tipp :-).