Wunderschöne Hausgeburt (lang und detailliert)

Geburtsbericht

Sonntag, 5. Mai 2013 – SSW 38+3
3.30 Uhr: Ich werde wie so oft nachts munter, weil ich mal auf Toilette muss. Noch liege ich aber in meinem Bett und überlege, ob ich aufstehe oder nicht, als ich bemerke, wie ein wenig Flüssigkeit aus mir heraus läuft. Es ist aber nicht so viel, dass ich sofort an einen Blasensprung glaube, aber ich überlege bereits, ob es so sein könnte. Ich geh also auf Toilette, es kommt nix nach und ich geh wieder ins Bett, zweifelnd ob mein Beckenboden wieder so hundsmiserabel ist.
Ca. 7.30 Uhr: Wir wachen beide auf und wieder ist so ein komisches Gefühl, als wenn ich nix mehr halten könnte. Aber nicht in der Menge, wie es damals bei Erik war, da war ja gleich alles komplett nass. Ich geh ins Bad, und zweifel wieder … ist es nun ein Blasensprung oder nicht? Ich geh wieder ins Bett zu Micha kuscheln, denn dies wird das letzte kinderfreie Wochenende sein und wir wollen das noch ein bisschen ausnutzen.
Ca. 8.30 Uhr: Wieder ein Gang ins Bad und diesmal läuft mir Wasser in kleinen Rinnsalen die Beine hinunter. Gut, nun bin ich mir sicher. Das IST ein Blasensprung. Und der Schleimpfropf löst sich ebenfalls in Wohlgefallen auf. 11 Tage vor Termin, damit hatte ich nie gerechnet. Ich schicke also S., meiner Hebamme, eine SMS, dass sie mich doch bitte anrufen möge, wenn sie mit ihrer Familie fertig gefrühstückt hat, gleich mit der Mitteilung, dass ich einen Blasensprung habe, Schleim abgeht sowie dass ich keinerlei Wehen habe und erstmal abzuwarten gedenke. Sie ruft mich dann gegen halb 10 an und teilt mir, ein bisschen wehmütig, mit, dass sie ja erst ab Donnerstag Rufbereitschaft hat. Na super, noch etwas, was überhaupt nicht in den Plan passt. Wir waren alle total drauf aus, dass sich das Baby bis zu ihrer langen Rufbereitschaft von fast 4 Wochen Zeit lassen wird und haben bis auf eine Vorsorge alles mit S. gemacht. Wir waren eben alle davon überzeugt, dass S. diese Geburt begleiten wird. Nun, dann informiere ich eben J. Sie hab ich nur einmal im März gesehen, war zwar auch sympathisch, aber mit S. hatte ich ein wesentlich engeres, vertrauteres Verhältnis. Tja, die kleine Dame hat eben ihren eigenen Kopf, das sollte sie uns noch mehrfach zeigen. Wir witzeln, dass der 5.5. eigentlich auch ein schönes Datum für einen Geburtstag ist, wenn sich die Maus sonst schon an keinen Plan hält. Mit J. vereinbare ich, dass wir erstmal bis mittags abwarten und nichts tun.
Der Countdown läuft …
Ca. 12.00 Uhr: Ich geh in die Badewanne und versuche mich an einer Brustwarzenstimulation. Davon bekomme ich auch leichte Wehen. Ich freue mich, dass ich es anstupsen konnte und telefoniere kurz danach mit J. Ich geh nach einer Stunde aus der Badewanne raus und die Wehen hören fast sofort wieder auf.
Ca. 14.00 Uhr: J. kommt vorbei. Bei mir tut sich gar nichts mehr. Wir reden kurz über meine Vorstellungen bei der Geburt und überlegen, was man alles tun könnte. Wir einigen uns auf Globuli und Bauchmassage mit Wehenöl. Mehr will ich (noch) nicht machen, da ich doch die Hoffnung habe, dass die Wehen ohne großes Eingreifen kommen. Die Maus ist extrem aktiv und tobt mal wieder im Bauch herum. Wir vereinbaren, dass ich mich melde, wenn was passiert.
Ca. 16.00 Uhr: Wir gehen Spazieren. Während des Laufens bei strahlenden Sonnenscheins merke ich, wie größere Mengen Fruchtwasser abgehen. Egal, ich will jetzt Wehen provozieren und wir sind etwa eine Stunde unterwegs. Zwischendurch habe ich Kontraktionen, aber nichts in regelmäßigen Abständen. Sobald wir wieder zu Hause sind, ist wieder alles vorbei.
Ca. 18.00 Uhr: Ich gehe wieder in die Wanne. Bekomme wieder leichte Wehen, nach einer Stunde muss ich auf Toilette, verlasse die Wanne und die Wehen sind wieder schlagartig weg. Es ist echt zum Mäusemelken und ich werde immer ungeduldiger und frustrierter. Mir ist langweilig, ich will, dass es los geht und hab ständig die Uhr im Blick. Theoretisch muss ich 24h nach Blasensprung ins KH zum Einleiten ...
Ca. 20.00 Uhr: Wir gehen erneut eine Runde draußen und wieder das selbe Theater vom Nachmittag. Leichte Kontraktionen – zu Hause alles wieder weg, Als wir wieder zu Hause sind, geh ich erneut in die Badewanne, aber auch da passiert nichts.
Ca. 22.15 Uhr: Ich telefoniere mit J. und sage ihr, dass ich total frustriert bin, dass ich aber auch vom Warten die Nase voll habe und einfach nur ins Bett schlafen gehen will. Sie macht zwar noch den Vorschlag, nochmal vorbeizukommen, um nach den Herztönen zu lauschen, aber ich lehne ab. Die Kleine ist so aktiv, dass ich mir sicher bin, dass es ihr gut geht. Mein Gefühl sagt mir das einfach. Mir ist nämlich völlig klar, dass ich meinen Kopf ausschalten muss, damit die Geburt in Gang kommt. Also gehen wir um 22.45 Uhr ins Bett und nehmen uns vor, zu schlafen.
Ca. 23.15 Uhr: Micha meint, ich wäre kurz eingeschlafen, als ich von einer deutlichen Wehe wieder munter werde. Ich strahle und denke, wow, so einfach geht das. Micha macht mich gleich irre, ich solle doch J. anrufen, aber mir geht’s noch super, so oft kommen die Wehen noch nicht und sind auch noch sehr gut ohne Veratmen auszuhalten. Ich verspreche ihm, die Hebamme anzurufen, wenn die Wehen alle 3 min kommen und prompt haben wir einen Wehenabstand von 2,5-3 min. Nun werden die Wehen auch intensiver und ich beginne langsam zu veratmen. Na gut, in einer Wehenpause rufe ich J. an.

Montag, 6. Mai 2013 – SSW 38+4
0.00 Uhr: J. trifft ein. Mir geht es super, ich hab regelmäßige Wehen, laufe umher und erlebe im Gegensatz zu den Geburten der Jungs erstmals entspannte Wehenpausen. Während der Pausen kann ich wunderbar reden, wir machen Scherze, Micha macht zwischendurch viele Fotos und ihm ist total langweilig.
Ca. 1.30 Uhr: Ich hab starke Rückenschmerzen im Kreuzbeinbereich, kenne ich auch von den Geburten der Jungs nicht so. J. gibt mir Globuli und es wird besser. Ob von den Globuli oder weil das Kind sich langsam weiter nach unten arbeitet, kann ich nicht einschätzen. Es tut wahnsinnig gut, wenn Micha während der Wehen seine Hände einfach auf den Kreuzbeinbereich auflegt. Während der Pausen laufe ich umher, während der Wehen stütze ich mich auf der Kommode ab und kann gut veratmen. Kindsbewegungen sind super und die Herztöne, die J. ab und zu kontrolliert, auch.
Ca. 2.00 Uhr: J. fragt vorsichtig, ob sie mal nach dem Muttermund tasten darf. Ich hatte es selbst etwa vor einer Woche gemacht und hatte da bereits eine Öffnung von ungefähr 2cm ertastet. Ich erlaube es ihr, meine aber auch noch lachend, sie solle mich bitte nicht frustrieren. Ich lege mich auf´s Bett und bekomme eine Wehe. Schei..., das tut weh. Eins weiß ich, mich bekommt keiner unter Wehen ins Bett! Sie untersucht mich und stellt fest, dass der Muttermund nur 2cm offen ist. Was??? Da ist noch nichts passiert??? Ich hab die nächste Wehe und in der Zeit macht sie eine Eipollösung. Das war weder abgesprochen noch hat sie es mir hinterher gesagt (ich erfahre es erst drei Tage später). Das war extrem schmerzhaft und ich wollte nur noch aufstehen, um die Wehe wieder im Stehen veratmen zu können. Das ist wesentlich angenehmer.
Ca. 2.15 Uhr: Ich bekomme richtig schmerzhafte Wehen und beginne, diese zu vertönen. Anfangs stehe ich noch während der Wehen an der Kommode, aber mir versagen unter den Wehen die Beine und knicken mir vor Anstrengung und Schmerzen weg. Außerdem beginne ich fürchterlich zu frieren, ich zittere am ganzen Körper. Ich ziehe eine Fleecejacke über, lege mir meine Bettdecke über die Schultern. Dadurch wird mir zwar wärmer, aber das Zittern hört nicht auf.
Ca. 2.30 Uhr: Weil ich Angst habe, die nächsten Wehen nicht mehr stehen zu können, knie ich mich vor das Bett in den Vierfüßlerstand. Dort habe ich mehr Halt und mich überrollen nur noch die Wehen. Ich töne zwischendurch ziemlich laut und bekomme um mich herum nichts mehr mit. Ich bin nur noch bei mir und versuche, Wehe für Wehe zu veratmen. J. erzählt die ganze Zeit, wie toll ich das mache, ich höre es nur von weitem und geht mir damit eigentlich total auf die Nerven. Aber selbst für eine Erwiderung bin ich „zu weit weg“. Ich bin nur noch bei mir ...
Ca. 2.40 Uhr: Ich merke, dass der Druck des Kindes anders wird. Zu J. meine ich noch, dass es nicht mehr lange dauert und sie ruft M., die zweite Hebamme zur Geburt an. Ich bitte Micha, sich vor mich auf das Bett zu setzen. So knie ich im Vierfüßler vor Micha und kann mich bei ihm abstützen. Ich will die Bettdecke nicht mehr und ziehe meine Jogginghose samt Slip aus.
Ca. 2.50 Uhr: Ich habe einen Druck nach unten, merke, wie der Körper einfach selbst arbeitet, ohne dass ich was dagegen tun kann. Ich rufe in den Wehen dauernd „Komm, mein Baby, komm.“, das hilft mir irgendwie. Auf den Vorschlag von J., untersuche ich mich selbst und stelle fest, dass ich den Kopf am Muttermund spüren kann. Nun will ich ganz nackt sein, ich will das Baby auf meiner Haut spüren, wenn sie da ist. J. macht Kaffeekompressen für den Damm, das empfinde ich als sehr angenehm.
2.58 Uhr: Ich spüre, wie der Kopf durchtritt. J. erinnert mich daran, dass ich mein Baby selbst in Empfang nehmen wollte und fordert mich auf, den Kopf zu halten, dass er nicht so schnell durchtritt. Ich merke den Kopf der Kleinen deutlich in meiner Hand und ebenso den stark gespannten Damm. Mehr instinktiv als bewusst, bremse ich den Kopf in dieser Wehe ab. In der nächsten Wehe kann ich nichts mehr halten. Der Kopf tritt durch und der kleine Körper flutscht gleich hinterher.
3.03 Uhr: Und da liegt sie vor mir. Voller Käseschmiere. Total klein. Mein erster Satz: „Sie ist da!“, der Zweite: „Oh Gott, die ist so winzig!“. Ich strahle über das ganze Gesicht. Meine Tochter. Nele Johanna Charlotte.
Ich nehme sie fast sofort zu mir. Sie weint nur kurz und wird an meiner Brust ganz ruhig und schaut mit großen, dunklen Augen in die Welt.
Die Nabelschnur bleibt wie vereinbart dran bis die Plazenta geboren ist. Ich lege mich mit Nele ins Bett und bestaune einfach nur mein kleines Wunder. Micha muss ich mehrfach auffordern, dann legt auch er sich zu uns und staunt und strahlt und kann es ebenso kaum fassen.
3.10 Uhr: M. ist da. Eigentlich soll die zweite Hebamme zur Geburt da sein, aber dafür ging´s dann doch zu schnell. M. macht als erstes Fotos von uns dreien. Dann scherzen wir, dass ich noch am Donnerstag zum letzten Geburtsvorbereitungskurs von ihr so felsenfest überzeugt war, dass Nele nicht vorm Termin kommen wird. Tja, wie schon geschrieben, die Maus hat ihren eigenen Kopf.
Nele liegt bei mir auf der Brust, erzählt ein bisschen vor sich hin und schnorchelt ein bisschen. Später wird sie noch einiges an Fruchtwasser spucken, aber das scheint ihr nichts auszumachen. Zufrieden schaut sie sich um, wo sie denn nun gelandet ist.
Ca. 3.45 Uhr: Nele trinkt ihr erstes Frühstück ihres Lebens. Ich bekomme Nachwehen und kurz darauf ist die Plazenta geboren. Micha lässt es sich nicht nehmen und schneidet die Nabelschnur durch. Danach schauen wir uns die Plazenta genau an und sind irgendwie beide fasziniert davon.
Die Hebammen lassen uns nun allein im Schlafzimmer und regeln alles Schriftliche. Wir kuscheln gemeinsam und genießen diese erste Zeit zu dritt.
Ca. 4.00 Uhr: J. macht die U1. Nele bleibt dafür bei mir auf dem Bauch. Nur zum Wiegen gebe ich meine Maus kurz in ihre Hände. Nele ist wirklich klein, aber dennoch gut proportioniert. 47cm. 2990g. Kopfumfang 33cm. APGAR war übrigens 10/10/10. Besser geht’s also nicht. M. fährt wieder.
Gegen halb 6 ist dann auch alles aufgeräumt und unterschrieben und J. fährt ebenfalls heim. Wir drei bleiben noch bis mittag alle drei (fast) nackt im Bett liegen, Micha und Nele schlafen, mich halten Glückshormone und Nachwehen munter, aber in der Zeit genieße ich mein kleines Mädchen.

Mein Résumé zur Hausgeburt: Ich habe nicht einen Moment daran gedacht, ins KH zu gehen. Ich habe diese Geburt und besonders die Austreibungsphase nie so bewusst erlebt wie diesmal. Und ich würde mich jederzeit wieder für eine Hausgeburt entscheiden. Es war eine wundervolle Erfahrung.

(Die genauen Zeiten hab ich aus dem Geburtsprotokoll von J., dadurch ist es natürlich sehr detailliert geworden.)

1

wow toller Bericht :-)
und alles gute zur kleinen maus!

kann das nur bestätigen würde immer wieder eine hausGeburt machen.Kind zwei kam zuhause und das war So ein Wahnsinniges Erlebnis.

alles gute für dich und die kleine maus

2

Ein wirklich schöner Bericht!

3

Ein toller Bericht :-)

Wir hatten beim letzten Kind eine Hausgeburt und es war grandios.

Gruß

4

Schöner Bericht. Dankeschön. Wünsche euch alles liebe. #winke

5

WOW!
Supertoller Bericht, vielen Dank, dass Du das mit uns teilst! Voll der Live-Ticker! :-D
Ich hoffe, ich habe später auch mal so eine schöne Geburt...

6

Voll schön! Wir haben noch ca 4 Wochen und streben auch eine Hausgeburt an, und ich hoffe, es wird genauso schön wie bei Euch! :)

7

Wundervoll! Wir planen zwar nur eine gh geburt aber ich hoffe sie wird genauso schön wie deine.

Herzlichen Glückwunsch!