Die magische Geburt meines 3. Kindes - wie mir die Kontrolle über die Schmerzen geholfen hat

Hallo ihr Lieben,

Nach zwei Geburten wusste ich sehr gut, was auf mich zukam. Kind 1 kam per Einleitung. Wehenstürme über mehrere Stunden, PDA und schmerzfreie Geburt am Ende war das eine Extrem. Geburt von Kind 2, spontan an ET mit 3,5 Std heftigen Wehen und einer Austreibungsphase in der ich nonstop fluchen musste vor Schmerzen war dann das andere Extrem.

Bei Kind 3, das war mir klar, wollte ich mich nicht von den Schmerzen kontrollieren lassen. Im Gegenteil: ich wollte die Kontrolle darüber haben und mir bei jeder Wehe bewusst machen, dass Sie mir meinen Sohn näher bringt.

Mein Mann kannte meine Vorsätze und meinte, dass es für ihn das schönste Geburtserlebnis war, da er mir die Schmerzen zwar ansah, aber auch wie gut ich damit umging. Das hat es ihm leichter gemacht mir beizustehen. Vor allem das Gefluche und unkontrollierte Schreien bei Kind 2 hatten ihn damals echt mitgenommen.

Die Wehen begangen gegen 9 Uhr schon so, dass ich ordentlich veratmen musste, aber es war noch erträglich. Um 10 Uhr war der MM bei 3 cm (war davor absolut geburtsunreif, obwohl ET+8). Die Wehen spitzten sich etwas zu, aber alles im Rahmen. Ich ließ sie mich nicht beherrschen sondern hing mich an das Tuch im Kreissaal oder meinen Mann und kreiste mein Becken im Rhythmus meiner Atmung. Stellte mir dabei meinen MM vor wie ein rundes Portal das sich immer weiter öffnete. Zwischen den Wehen lief ich im Kreißsaal umher, war quasi immer in Bewegung.
Gegen 13 Uhr war ich etwas frustriert, weil wir immer noch nur bei 4/5cm waren. Die Hebamme riet mir ein paar Wehen im Liegen zu ertragen, damit mein Baby ein bisschen seine Position wechselt und danach evtl besser auf den MM drückt. Das war dann ganz ok, ich bekam auch etwas UT-Öl für den Bauch. Tatsächlich gingen die Wehen aber beim Liegen zurück und ich habe bestimmt eine 3/4h gedöst. Genug Kraft getankt. Als ich wieder Aufstand gegen 14 Uhr ging es nämlich umso heftiger weiter. Bis 15 Uhr öffnete sich der MM auf 9cm und ich merkte das mit jeder Wehe, die mir bis in die Oberschenkel zog und mich extrem laut tönen ließ. Trotzdem versuchte ich mich nicht vom Schmerz kontrollieren zu lassen und konzentrierte mich darauf tief in den Bauch zu atmen und mit dem rhythmischen Beckenkreisen der Wehe eine Struktur zu geben, sie einfach wegzutanzen. Ich hängte mich dazu jedesmal bei meinem Mann ein, schloss die Augen und lehnte mich mit dem Kopf an seine Brust (schaute quasi nach unten).

Als es in die Pressphase überging war ich kurze Zeit aus dem Konzept gebracht. Ich war sehr unsicher, ob ich schon pressen musste / sollte. Im Nachhinein hätte ich noch 5 bis 6 Wehen länger warten sollen. Die echten Presswehen waren dann schon sehr eindeutig. Die Austreibungsphase wollte ich ganz bewusst aufrecht erleben um die Schwerkraft für mich und das Baby arbeiten zu lassen. Bei Kind 1 musste ich aufgrund der PDA liegen, bei Kind 2 wollte ich hocken, konnte aber mit den Schmerzen nicht umgehen und bin irgendwie wieder auf dem Rücken gelandet. Diesesmal zog ich es durch. Im stehen am Tuch funktionierte es nicht, die Kraft hatte ich nicht mehr in den Armen. Es war inzwischen kurz vor 16 Uhr. Also hockte ich mich auf die Knie auf eine Matratze und stützte mich mit dem Oberkörper/den Armen auf das Geburtsbett. Ich schwitzte wie noch was, mein Mann tupfte meine Stirn mit einem kalten feuchten Tuch ab, das tat so gut. Als die echten Presswehen mir das Signal gaben, schob ich mit. Erst viel zu zaghaft. Ich war gehemmt weil ich merkte dass Stuhl mit abging. Auch beim nächsten mal war die Hemmung zu groß. Danach aber, war es mir im wahrsten Sinne des Wortes, scheißegal... ich wollte es nun endlich hinter mich bringen. An dieser Stelle muss ich sagen, dass die Hebammen so toll routiniert sind und dass man sich wirklich für nichts zu schämen braucht!
Meine Hebamme war sowieso ein Traum, sie war die ganze Zeit dabei und unterstützte mich so toll ❤️
Die Presswehen waren gewissermaßen eine Erleichterung, gleichzeitig aber auch eine echte Herausforderung - die Kontrolle hierfür zu wahren war schwer. Es tat gut sich den Schmerz und die Anstrengend von der Seele zu schreien (ich könnte es zum Glück verhindern meinem Mann in die Hände zu beißen 😅) . Als der Kopf sich endlich spürbar durchschob war das faszinierende Urgewalt... dieses bewusste Erleben wie sich das Baby auf den Weg nach draußen macht, verbunden mit Schmerz und Anstrengung... es ist schrecklich und wunderbar zugleich. Ich denke oft daran zurück und blende dabei den Schmerz aus (komischerweise geht das ganz leicht), übrig bleibt das Gefühl das Baby zu spüren. Ein echter Wahnsinn. Als der Kopf draußen war, spürte ich erste große Erleichterung. Dann noch einmal ordentlich schieben mit der nächsten Wehe und das nächste faszinierende Gefühl: wie der Körper hinausflutscht. Die Hebamme fing das Baby auf ließ es mir aber zwischen die Beine auf die Matratze gleiten. So konnte ich ihn selber hochnehmen, blutig und nackt wie er war. Ein wahnsinnig toller Moment und ich muss jetzt beim Schreiben weinen... es ist zwei Tage her und direkt nach der Geburt fühlte ich nur noch Erleichterung und Glück... die Schmerzen waren von jetzt auf sofort vorbei. Die Kraft für Tränen hatte ich aber nicht mehr. Dafür kommt jetzt alles wieder hoch...

Mädels... eine Geburt ist magisch. Sie ist schmerzhaft und das beste Beispiel für die Urgewalt der Natur. Sie ist aber gleichzeitig ein so inniger Moment, indem wir Frauen unsere wahre Stärke offenbaren und uns mit unserem Glück - unserem Kind - zusammenbringen. Es ist eigentlich unbeschreiblich und doch wollte ich versuchen meine Empfindungen in Worte zu fassen.

Ich möchte euch Mut machen, die Geburt und die damit verbundenen Schmerzen nicht mit Angst anzutreten. Sondern mit dem vollen Bewusstsein den Schmerz kontrollieren zu wollen und euch mit ihm auseinander zu setzen: er kann fies sein, aber er bringt euch zu eurem Ziel. Schritt für Schritt!

Mein Schatz kam übrigens um 16:30 Uhr auf die Welt. Er war 55cm groß und wog 3940g, der KU betrug 36cm.
Ich wusste dass er groß und schwer ist: lasst euch davon keine Angst machen. Es klappt trotzdem! Ich wünsche euch alles Gute 🍀❤️

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Ein schöner Bericht, und so wahr.
Eine Geburt ist etwas Mgisches

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Danke! Bin immer noch am verarbeiten 😊

3

Wie wunderbar!! Herzlichen Glückwunsch!!

4

Vielen Dank 😊

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Wow, danke für diesen tollen Bericht!

Ich muss sagen, nach einer echt unkontrollierten und für mich sehr traumatischen 1. Geburt, hat DEIN Bericht mir gerade echt Mut gemacht.

Danke, danke, danke! 😊

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Wie schön! So war meine Hoffnung!! 😊

Ich wünsche dir von Herzen dass du in deine zweite Geburt entspannter gehen kannst 🍀

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Wunderschön geschrieben und so wahr! Es gibt nichts magischeres und schöneres ❤️

Auch wenn es bei mir noch etwas dauert, aber ich freue mich total auf die zweite Geburt ❤️

Lunamietze mit Leo an der Hand, 6 Monate und Schnuppi inside SSW 13+5 ❤️

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Vielen Dank! ❤️

Für deine restliche Schwangerschaft und die Geburt alles Gute!!! 🍀

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Danke für deinen Bericht ...bald wird unser erster Kind zu uns kommen...Ich hoffe sehr auf eine so bewusste Geburt wie bei Dir. Es liest sich wahnsinnig anstrengend zeitgleich verzaubernd...und trotzdem kaum greifbar.
Ich wünsche Euch alles Liebe
Brahmsi mit langersehnten Herzenswunsch im Bauch ssw 33💙

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Hallo brahmsi,
Leider habe ich bis zur dritten Geburt gebraucht. Das muss bei dir nicht so sein. Ich glaube es ist wichtig, dass man im Schmerz versucht sich selber zu beruhigen/entspannen... ihn positiv zu sehen. Dann kann es klappen.

Ich lese immer wieder was von hypnobirthing. Kannte ich davor nicht, es geht aber in dieselbe Richtung: sich Bilder vorzustellen während der Schmerzen. Vllt ist es was für dich?

Liebe Grüße und alles gute für den final Countdown und die Geburt 🍀