Mein Geburtsbericht

Sensiblen Schwangeren rate ich davon ab, diesen Beitrag zu lesen. Aber, falls Ihr es dennoch tut: Trotz allem, was geschehen ist, es ist gut ausgegangen ...

Ich bin 35+ und es ist mein erstes Kind, das sich offenbar 4 Tage nach dem errechneten Termin auf den Weg machen wollte. Zumindest dachten wir es, als die Wehen abends praktisch alle 20 bis 15 Minuten kamen und immer stärker wurden. Ich wollte nicht bis tief in die Nacht warten, um mit meinem Mann ins Krankenhaus zu fahren. Also machten wir uns eher auf den Weg.
Im Krankenhaus stellte man zwar fest, dass es sich um Wehen handelte, aber der Abstand war zu groß, als dass sie mich dabehalten wollten. Ich solle eine Stunde lang durch das Krankenhaus wandern, sagten sie. Dann wollten sie schauen, ob die Wehen öfter kommen.
Taten die Wehen nicht. Aber das Herzchen des Babys lieferte nicht so gute Ergebnisse. Also wurde ich stationär aufgenommen.

Im Kreissaal hatte ich von sieben Uhr abends bis sechs Uhr morgens starke Wehen, die sich allerdings wegatmen ließen. Leider ließen sie in der Früh nach. Also meinte die Ärztin, ich könne heimgehen und abwarten, bis die Wehen im geringen zeitlichen Abstand kommen. Oder ich könne mich für die Einleitung entscheiden, was ich letzten Endes tat.

Ein großer Fehler.

Zunächst wurde versucht, die Geburt anzutreiben, indem das Fruchtwasser abgelassen wurde. Dieses war unerfreulicherweise grün, aber die Ärztin war nicht besonders beunruhigt.

Ich bekam einen Wehentropf (Oxytocin), der relativ schnell höhergestellt wurde. Nach einer Stunde heftiger Wehen, die alle zehn Minuten kamen, bat ich um eine PDA. Diese wurde super und fast schon schmerzfrei gelegt. Aber vielleicht hatte ich auch schon so sehr gelitten, dass die PDA für mich ein Klacks war.

Und obwohl ich per Knopfdruck mehr vom Mittel konsumieren konnte, waren die Wehen so heftig, dass ich nur wenige Stunden später noch mal um Hilfe bat. Also kam der Anästhesist erneut und gab mir eine vollkommen neue Ladung PDA. Leider verlor auch diese Stunden später ihre Wirkung, doch ich hatte mich dieses Mal mehr entspannt und ließ die Qual über mich ergehen.
Es ist interessant, wie der Körper instinktiv nicht zu starke Wehen wegatmen kann, sogar, wenn man noch nie einen Geburtsvorbereitungskurs besucht hat, wie ich. Irgendwie hatte ich den Dreh bald raus. Doch es genügte später nicht mehr, da die Wehen mit jeder höheren Regulierung des Wehentropfs durch die Hebamme extremer wurden.

Sechs Stunden lang dauerte die Tortur. Der Schmerz lässt sich schwer beschreiben. Vielleicht so: Ich dachte, jemand sprengt gleich meine Beckenknochen, und ich kann nichts dagegen unternehmen.

Nach einigen weiteren Untersuchungen gegen neun Uhr abends stellte man fest, dass die Herztöne des Kindes nicht so gut waren. Der Muttermund war bei 6 cm, also ca. 2 cm weiter, als in der Nacht zuvor. Meine Temperatur war im Laufe der Stunden gestiegen und hatte die 38-Grad-Grenze überschritten.

Schließlich teilte mir die Hebamme mit, die diensthabende Ärztin wäre nun für einen Kaiserschnitt. Ich fühlte mich wie eine Versagerin und brach in Tränen aus. Da leidet man mehr als 24 Stunden höllisch, hat in der Nacht zuvor fast nicht geschlafen, und dann findet doch das statt, was man verhindern wollte: Der Kaiserschnitt.

Die Hebamme, vor der ich geweint hatte, holte eine Weile später den Oberarzt. Zu dem Zeitpunkt hatte ich für mich beschlossen, dass ein Kaiserschnitt wirklich nicht das Übelste auf der Welt ist, und ich garantiert keine weiteren Stunden durch die Hölle gehen kann, damit sich der Muttermund vielleicht noch mehr öffnet - oder auch nicht.

Der Oberarzt spazierte entspannt hinein, sagte zu mir, dass ich mich nicht wie eine Versagerin fühlen sollte. Denn seine Untersuchung und die Gesamtbeobachtungen hatten ergeben, dass eine natürliche Geburt unter diesen Umständen ziemlich schwierig sein könnte, da grünes Fruchtwasser, steigende Temperatur (die mit Antibiotika behandelt wurde) und obendrein ein nervöses Baby, das geschafft hatte, sich so zu drehen, dass es ein Sternengucker wurde.

Der Geburtsstillstand war eingetreten.

Während um mich herum Trubel herrschte, fing ich an, unkontrolliert zu zucken. Sogar mein Partner konnte mich nicht beruhigen.
Eine weitere Dosis PDA musste erheblich erhöht werden, damit ich ab der Taille nichts mehr fühlte. Vermutlich weil ich vollgepumpt mit allem möglichem war, versagte diese völlig, daher entschied man sich für die Spinalanästhesie. Im OP-Saal bekam ich irgendein hochdosiertes Beruhigungsmittel, sodass ich mich völlig entspannt zurücklehnen und mit meinem Schatz reden konnte, während an mir geschnitten, geruckelt und in mir gedrückt wurde.

Kurze Zeit später wurde uns unser schreiendes Söhnchen präsentiert. Dadurch, dass er falsch ins Becken gepresst wurde, wurde sein Hinterköpfchen auf gruselige Weise langgezogen. Doch dieser kleine Schönheitsfehler korrigierte sich innerhalb der nächsten Tage. Ich war leider zu „betrunken“ von den Mitteln, die ich bekommen hatte, um mich übermäßig über das Kindchen zu freuen. Aber die Freude ereilte mich schon später.

Insgesamt war die Geburt schlimmer, als ich sie mir vorgestellt hatte. Das Gefühl, jemand bemühe sich über viele Stunden hinweg, mein Becken durch Druck auseinanderzureißen, war im wahrsten Sinne des Wortes atemraubend. Ich stieß mehrmals an meine Grenzen – und das Schlimmste: Unser Sohn musste wahnsinnig leiden.
Obwohl meine Narben und Rippen nach wie vor schmerzen, der Rücken etwas geschwollen ist, ich keine 500 Meter ohne Pause spazieren kann, war der Kaiserschnitt im Vergleich zu einer natürlichen Geburt ein Spaziergang.

Die Einleitung mithilfe eines Wehentropfs würde ich wirklich niemanden empfehlen. Doch jetzt bin ich erst mal froh, diesen Wahnsinn durchgestanden zu haben und unser Kindchen füttern, wickeln und kuscheln zu dürfen. #herzlich

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Liebe Saphirregen,
zunächst herzlichen Glückwunsch zum Baby und vielen Dank für deinen Bericht!
Das ist der allererste Geburtsbericht, der so ziemlich genau mit meinen Erfahrungen der Geburtskaskade im Krankenhaus übereinstimmt. Ich fühle mich mit deinem Bericht total zurückversetzt und kann alles nachvollziehen.
Ich würde dir mal meine Geburt 'aufdrängen'. 😋 Ich hatte einen Blasensprung, danach konnte ih mich im KH nicht entspannen und die Wehen ließen auf sich warten, obwohl ich zu Hause welche hatte. Es folgte nach 24h Antibiose und Einleitung über 2 Tage mit sehr schmerzhaften Wehen, mit denen ich aber klar kam, am 3. Tag dann ab 18 Uhr der Wehentropf. Ich war von 24h Wehen, die am Muttermund nichts bewirkten schon völlig erledigt. Da platzte fast meine Blase..uups..das hatte niemand kontrolliert.. Nach gestauten Nieren und literweise auslaufendem dunkelbraunem Urin über den nun endlich gelegten Katheder ging der Muttermund endlich ein kleines Stück auf. Dann wurde die Infektionsgefahr nach mittlerweile 2 Tagen nach Blasensprung langsam immer größer..also verordnete Fr. Dr. einen Wehentropf... Und mit dem Gefühl, welches du beschreibst - nämlich, dass das Becken jeden Moment explodiert, stimme ich dir so sehr überein! Mir ging es ganz genauso! Ich kann dich so verstehen! Das hab ich so 2-3 h durchgehalten und dann nach einer PDA verlangt. Unter der PDA ging dann der Muttermund wieder ein Stück auf und am Ende waren wir bei 8-9 cm. Dann folgte eine 'ödematös geschwollene Muttermundslippe' und am nächsten Morgen 5 Uhr diagnostizierter Geburtsstillstand. 😞 Es folgte der Kaiserschnitt. Und ich versuchte mir es auch, schön zu reden.. Das war dann wirklich der reinste Spaziergang gegen die 2 Tage davor. Und am Ende gab es noch eine Nachblutung..es dauerte eine Weile, diese zu stillen. Davon bekam ich aber nicht viel mit. Ich war so geschafft und zitterte wie du nur noch am ganzen Körper.. Über mein Baby hab ich mich trotzdem total gefreut und das hat mir über diese 'verpatzte' Geburt hinweggeholfen.
Du siehst, es gibt so viele Parallelen.. Für die nächste Geburt wünschen wir uns beide ganz fest einen angenehmeren Verlauf! Ohne sämtliche Interventionen! Am besten ganz in Ruhe zu Hause.
LG, A.

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Liebe alfreda,

vielen Dank für Deinen Geburtsbericht! Du hast deutlich mehr durchgemacht, als ich, und bist sehr tapfer geblieben, was ich mehr als nur bewundere! Manche Wehen kann man veratmen, aber irgendwann - finde ich - kann man einfach nicht. Deswegen: Hut ab, dass Du Dich so lange (!) so wacker geschlagen hast! Ich meine, nachempfinden zu können, wie es Dir ergangen ist, und gebe zu, dass ich längst früher aufgegeben hätte.

Vielen Dank, ich wünsche uns (und allen anderen) ebenfalls eine bessere zweite / dritte / ... Geburt!

Ich schätze, unser Kleiner hat sich vom Geburtsstress gut erholt, denn zu Hause weint er deutlich weniger und ist im Großen und Ganzen ein entspanntes Baby ... solange man ihm nicht an die Windel oder Klamotten will. #rofl

Herzliche Grüße

Saphirregen

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Da habt ihr beide ganz schön was durchgestanden.

Meine 1. Geburt Lied ähnlich. 2 Tage Einleitung, Blasensprung, Wehensturm, PDA, Fieber, Geburtsstillstand bei 4 cm, Muttermund weitung per hand, kristellar, Dammschnitt und dann völlig fertig mein Kind (spontan) im Arm.

Vielleicht kann ich euch mut machen. In der 2 🤰 habe ich mich mit hypnobirthing beschäftigt, weil ich eine bessere Geburt haben wollte. Dabei habe ich für mich feststellen können, was alles falsch gelaufen ist.

Geburt 2 war ich lange zu Hause, hatte natürliche Wehen. Als wir ins KH fuhren, war der Abstand bei 2-3 Minuten, aber es war noch gar nicht schlimm. Erstuntersuchung 6 cm, für mich der Meilenstein überschritten. Innerhalb der nächsten Std hat sich mein Sternengucker noch gedreht, der Muttermund ging vollständig auf und die blase platzte. Danach waren es noch 4-5 wegen und mein Kind war da. Unangenehm, , leichte bis mittlere Schmerzen, aber nichts gegen die erste Hölle. So verdattert, war ich die nächsten Stunden auch.

Kind 3 kam ebenfalls ohne Intervention und Schmerzmittel. Da war ich zwar überrumpelter und unangenehmer, aber trotzdem toll. Um 10 Uhr hatte ich wehen, die laut Ärztin bei der Vorsorge nichts beachten.
Um 11 ging zu Hause die blase auf. Die Wehen wurden stärker. 12:15 Uhr waren wir im Kreissaal. Erstuntersuchung 10 cm. 12:30 Uhr war mein Kind da.

Entspannt bleiben, möglichst lange zu Hause sein und so wenig Interventionen zulassen wie geht, haben mir 2 wundervolle Geburten beschert. Ich hoffe meine 4. Und letzte wird auch so toll.

Euch hoffe ich etwas Mut gemacht zu haben und wünsche ich, falls mehr Kinder geplant sind, ebenso tolle Geburten!

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