Wie ging es Euch als ihr von der Behinderung erfahren habt?

Hallo zusammen,

ich würde gerne wissen wie ihr mit der Diagnose Eures Kindes umgegangen seid und wie es am Anfang für Euch war, zu sehen dass Euer Kind anders ist und es ihm vielleicht auch nicht gut geht.
Für mich selbst ist es immer noch sehr schwer wenn ich an die erste Zeit denke. Mittlerweile haben wir unseren Weg gefunden aber die Anfangssituation belastet mich noch immer. Vielleicht hilft es mir, zu wissen dass es nicht nur mir so geht.
Unser Sohn kam vor 3,5 Jahren auf die Welt. Zunächst schien es ein kräftiger gesunder Junge zu sein, doch schnell ging es ihm sehr schlecht. Er hatte eine Analatresie( kein Darmausgang )Bis alle Voruntersuchungen abgeschlossen waren, war kaum noch Leben in ihm. Ich habe gespürt dass er sterben wird. Durch eine OP konnte er gerettet werden.
Für mich war die Sache besonders schlimm, da ich 3 Wochen vorher meinen Mann beim Sterben begleitet habe.
Mein Sohn scheint heute nach außen hin gesund. Er ist aber sehr verstopft, worauf ich immer reagieren muss und ständig entscheiden muss was und wieviel jetzt nötig ist.
Es kann auch keiner meine Sorgen und Ängste verstehen.
Ich würde mich freuen zu hören wie es Euch damit geht. Vielen Dank!!!

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Das tut mir sehr leid für dich, dass du so viel zu tragen hast.

Du wirst hier wahrscheinlich wenig Antworten bekommen.
Schau mal bei rehakids. Da gibt es sicher viele Betroffene, die deine Situation mit dem Kind nachvollziehen können.

Alles Gute dir und viel Kraft !!!

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Hallo 🙋🏻‍♀️ da habt ihr schon viel mitgemacht- ich versteh dich total.
Die Diagnose ist immer erstmal ein Schock - man muss sich verabschieden von dem Gedanken der heilen happy Family Welt. Sorglos sein u spontan sein - erstmal vorbei. Behinderungen die man nicht sieht werden von der Allgemeinheit gern runter gespielt.
Letztlich hat uns geholfen uns darauf zu besinnen, dass man die Hoffnung nicht aufgeben darf. Alles dran setzen sollte um dem Kind wirklich da zu helfen wo es Hilfe braucht - sich selber Hilfe zu suchen. Und der Umwelt klar signalisieren, dass man keinen Wert auf ungefragte Tips gibt. Loslassen was belastet. Gleichgesinnte suchen ♥️

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Mein Sohn hatte früher eine schwere Neurodermitis. Itis und hat schon seit kurz nach der Geburt schwere Allergien und bekam mit 1 Jahr noch schweres Asthma.

Die Kinderärztin meinte am Anfang nur, wir sollten abwarten, das verschwindet bald wieder... Es wurde aber immer schlimmer. Die Diagnosen kamen über die Jahre immer wieder dazu, es dauerte lang, bis wir bei Ärzten waren, die damit klar kamen und uns wirklich helfen konnten. Rehas waren sehr hilfreich und dort der Austausch mit Gleichgesinnten.

Die Krankheit hatte mich so sehr beschäftigt, dass ich mir nie Gedanken über die Diagnosen oder die Tatsache machte, ein chronisch krankes/behindertes Kind zu haben. Ich funktionierte all die Jahre nur (Kind oft krank, viele Kliniken, öfter allergische Schocks)

Schau mal, ob du eine Selbsthilfegruppe findest, der Austausch tut gut.

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Hey du

Ich habe zwei Besondere Mädels.
Jede hat etwas anderes. Das ist nicht immer einfach.

Meine Große, mittlerweile 16, wurde in der ersten Klasse mit AVWS diagnostiziert.
Nach dem die Lehrerin ständig behauptet hat das sie Aufhisst wäre, hatten wir eine Diagnose.
Es war eine Erleichterung zu wissen und der Arzt der uns bereute war unglaublich nett und hat uns sehr geholfen.

Meine Jüngste hat einen Minder IQ und wir haben sie auf alles Testen lassen bis nur noch der Gentest blieb. Das wollten wir dann nicht mehr.
Sie hat sprachliche Einschränkungen, ist kognitiv ehr bei einem 3-4 jährigen Kind und nicht 11.
Sie ist auch nicht sauber und wird es wohl auch nie.

Doch beide sind unglaubliche Kinder auf ihre Art.
Das macht es etwas einfacher jeden Tag weiter zu kämpfen und sei es noch so schwer.


Falls du jemanden zum reden brauchst kannst du dich gerne bei mir melden.

LG

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Hallo 🙋‍♀️

Erst einmal tut es mir leid, was die bisher widerfahren ist 😞!

Unser Sohn kam letztes Jahr auch mit einer Analatresie zur Welt!
Wir wussten bis zur Geburt leider auch nichts davon! Umso „glücklicher“ waren wir, dass wir eine so erfahrene Hebamme hatten die es schnell erkannte!
Unser Sohn kam daraufhin auch direkt in eine andere Klinik und musste wie euer Kind operiert werden! Er lebte ein halbes Jahr mit einem Stoma!
Auch wir hatten schnell erkannt, dass es neben der Atresie noch weitere Baustellen gab!
Somit haben wir uns frühzeitig der Genetik, dem SPZ, Neuropädiatrie etc. angeschlossen! Nach einem Jahr Dauerstress etc wissen wir nun, dass unser Sohn an einem sehr seltenen Gen-Defekt erkrankt ist!
Aber unabhängig von dem Gendefekt weiß ich, was du meinst mit der Sorge zu leben!
Wir müssen trotz der OPs auch immer auf die Konsistenz des Stuhlgangs achten damit es keine Komplikationen gibt!
Unser Umfeld geht mittlerweile gut mit der Situation um! Aber wir als Familie „kämpfen“ jeden Tag: sei es um Pflegegrad etc!

Bei FB gibt es eine Gruppe für Menschen die selbst-oder betroffene Angehörige haben (Analatresie, Morbus Hirschsprung….)! Dort tauscht man sich auch gegenseitig aus! Seiten wie Rehakids etc. sind zu diesem Thema noch kaum aktuell!

Wenn du Fragen hast, kannst du mir auch gerne eine PN schicken 😊
Lg Kathrin

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Ich war heilfroh.

Das mag jetzt etwas ironisch klingen, aber bei uns war die Situation eine Andere. Meine Kinder haben ebenfalls, wie dein Kind auch, mehrere angeborene Behinderungen. Im Gegensatz zu dir waren diese aber weder während der Schwangerschaft, noch kurz nach der Geburt überhaupt zu erkennen. Erst als sich dann im Alter von 3 Jahren die Auffälligkeiten derart häuften, wurden wir zum SPZ geschickt. Aber auch dort gab es erstmal eine falsche Diagnose. Der Kinderarzt hatte schon die richtige Verdachtsdiagnose auf die Überweisung geschrieben, nur die wurde vom SPZ komplett ausgeschlossen. Erst während eines mehrwöchigen Krankenhausaufenthaltes beider Kinder wiederum 3 Jahre später, kam die damalige Verdachtsdiagnose wieder hoch. Man legte mir nahe, die Kinder dringend darauf Testen zu lassen. Ein Jahr später hatten sie ihre erste echte Diagnose. Damit konnte endlich eine zielgerichtete Förderung beginnen.
Im Laufe der Zeit kamen noch viele weitere Diagnosen dazu.
Heute sind die Jungs 17 und 15,5 Jahre. Ich kann nicht behaupten, dass sie eine besonders tolle Kindheit hatten. Die Kindheit war eben geprägt von Krankenhaus, Arzt- und Therapeutenbesuchen. Dazu kommen noch regelmäßige Begutachtungen und verpflichtende Gespräche, die per Gesetz eben vorgeschrieben sind, weil sie eben z.B. einen Pflegegrad, I-Kraft, Nachteilsausgleiche,… haben. Hobbies und Freunde hatten da keinen Platz.
Aber es ist uns wenigstens gelungen, dass sie durch diesen wahnsinnigen Marathon in der Kindheit einen bestmöglichen Start ins Erwachsenenleben bekommen.

Warum war ich nun heilfroh …
Als die Kinder kleiner waren, vor der Diagnose, wurde mir immer erzählt von der Familie und von Bekannten, ich solle doch mal die Kinder richtig erziehen. Ungelogen JEDER wusste, was ich alles falsch machte. Ich sprach zu wenig, deswegen sprachen die Kinder nicht. Ich soll den Jungs mal beibringen, ordentlich vom Tisch mitzuessen. … Naja, die Liste war unendlich lang.
Mit der Diagnose war dann klar: Es ist nicht gesagt, dass die Kinder überhaupt jemals die Lautsprache erlernen können und die Diagnose bewirkte auch, dass meine Kinder absolut nicht am Tisch mitessen konnten. Der Kleine hat bis zum 4. Geburtstag ausschließlich Milch getrunken und nichts gegessen. Der Große hat einfach alles wahllos in sich reingestopft, nur um das dann zu erbrechen.
Doch, das Leben mit Diagnose war einfacher. Die Kinder blieben deswegen ja die Gleichen.

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Andere wissen es immer besser. Ich hab auch schon viele unangebrachte Ratschläge von selbsternannten Experten bekommen. Also wirklich Sachen, bei denen man sich nur vor die Stirn schlagen kann.

Ich glaube außerdem, dass Kinder nicht zwangsläufig eine blöde Kindheit haben, wenn sie viel Zeit im Krankenhaus oder bei Therapien verbringen. Mein Sohn LIEBT beispielsweise die Physiotherapie und während der Klinikaufenthalte fand er es toll, Mama nur für sich zu haben (neben all den unangenehmen Erfahrungen, die ich natürlich gar nicht schön reden will), denn im Krankenhaus gab es keinen Haushalt oder andere Verpflichtungen und ich konnte den ganzen Tag mit ihm spielen.

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Es tut mir sehr leid, dass du deinen Mann verloren hast und so viel mit deinem Sohn durchmachen musstest.

Alle Diagnosen unseres Sohnes waren anfangs schwierig für mich, wurden aber irgendwann zur Normalität. Er selbst realisiert langsam, dass er anders als andere Kinder entwickelt ist, sagt manchmal: "Mama, ich kann nicht laufen." und neulich kam er aus dem Kindergarten und meinte: "Mama, ich bin gar nicht behindert." Anfangs hat mir das das Herz gebrochen. Aber auch damit kann ich inzwischen umgehen und denke, dass es wichtig ist, ihm zu vermitteln, dass er mit all seinen Besonderheiten ok ist und akzeptiert wird.