Wie seid ihr mit der frühgeburt umgegangen?

Hallo ihr lieben,
Meine kleine ist nun 14 Wochen alt, es geht ihr wirklich gut und ich kann mich eigentlich nicht beschweren. Trotzdem fühle ich mich, als hätte ich das erlebte nicht richtig verarbeitet - auch wenn alles gut gegangen ist. Das Gefühl sein Kind nicht bei sich zu haben und alleine lassen zu müssen, zudem wurde innerhalb von 15 Minuten entschieden, dass sie geholt werden musste und es war einfach alles sehr schnell.
Ich habe manchmal das Gefühl, als würde sich vor allem mein mann ziemlich hilflos fühlen und nicht wissen, wie er auf mich eingehen soll/kann.
Alle anderen in meinem Umfeld sagen immer nur “dass doch alles gut gegangen sei”. Ja das stimmt, trotzdem war die Schwangerschaft, die Angst ums eigene Kind, die Geburt und alles weitere sehr belastend für mich. Keine Ahnung ob ich übertreibe und vielleicht einfach “drüber hinweg kommen sollte”.
Wie habt ihr die Frühgeburt verarbeitet? Habt ihr euch professionelle Hilfe geholt?
Liebe Grüße ✨

1

Hi! Ich kann dich voll und ganz verstehen. Meine 3. Tochter kam 7 Wochen zu früh und hatte leider auch einige Probleme. Ich habe die nicht nach Plan laufenden Schwangerschaft (Krankenhausaufenthalte während corona und 2er bereits vorhandener Kinder) und die Geburt nicht sonderlich gut verarbeitet. Habe mir einen Gesprächstermin bei einer Gesprächstherapeutin geholt und ihr meine Geschichte erzählt. Im Endeffekt konnte sie es nicht nachvollziehen, weil selbst nicht erlebt , aber mir hat es glaube ich geholfen, dass jemand fremdes zuhört und nicht nur sagt " aber jetzt ist doch alles gut" "früher oder später werden sie alle groß" etc.

Vielleicht vereinbarst du einfach unverbindlich einen Termin und versuchst es. Wenns nichts hilft musst du ja nicht nochmal hin.

2

Danke für deinen Kommentar!
Unsere kleine kam 32+1, also fast wie deine 😊.
Ja, ich denke das werde ich tun, nur weiß ich nicht genau wie und wo ich eine Therapeut:in finde die auch noch Patienten annimmt…
Aber wie du sagst, ich denke schon alleine das zuhören einer fremden Person hilft unheimlich viel… und vllt kann sie doch irgendwelche Tipps geben.

3

Vielleicht kann deine Hebamme einen Kontakt vermitteln. Ich habe die Kontaktdaten von meiner bekommen.

4

Hallo,
jede Frühchenmama kann Deine Gefühle voll nachvollziehen!Das Gefühl evtl. „versagt“ zu haben, die Angst vor weiteren Komplikationen oder Einschränkungen in der Zukunft, die teilweise traumatische Geburt, das betrogen worden sein um die letzten Wochen…!
Die meisten Kliniken bieten Neomamis direkt angegliederte Therapeuten an um das erlebte zu verarbeiten, es gibt den Verein „Das Frühgeborene Kind“ hier werden immer wieder auch kostenlose Seminare mit Psychologen angeboten, schau da mal auf der HomePage oder bei Instagram.Viel sprechen, vor allem mit anderen Frühchenmuttis von der Neo, ich habe mit meinen Frühchenmuttis eine WhatsApp Gruppe, vernetzt Dich mit deinen, sie können das alle nachvollziehen!
Ja und wie schon gesagt, vielleicht eine gute Nachsorgehebamme die vielleicht noch Kontakte oder Adressen für Dich hat!
Es wird mit der Zeit einfacher, aber es wird auch immer wieder Dinge geben die dich extrem triggern!
Es ist normal, dass es alles nach und nach hochkommt, da man meist die erste Zeit kaum Gedanken zum Thema Verarbeitung hatte, da man meist auf Autopilot für sein Kind funktioniert!
Es gibt auch Kurangebote für Frühcheneltern, vielleicht kommt das wenn dein Kind alt genug dafür ist ja auch in Frage!
Bis dahin, reden hilft, vor allem
mit Gleichgesinnten über das erlebte!
Ich wünsche Dir viel Kraft das Erlebte aufzuarbeiten und alles liebe!

Mona

5

Hallo,
unsere Tochter mußte per Not-KS an 27+3 geholt werden, nachdem ich bereits 8 Wochen mit Bettruhe im KH lag.
Es war fürchterlich, und ich habe ein Jahr gebraucht, bis ich bei Gesprächen über die Geburt nicht mehr weinen mußte.
Ich schließe mich den anderen an: reden, reden, reden. Egal mit wem, einfach mit jedem, der Dir zuhören mag.
Unsere Tochter ist jetzt 6 und war in den Sommerferien 5 Tage mit Lungenentzündung im KH. Sie bekam Sauerstoff und wurde an die Sättigungsüberwachung angeschlossen, und auf einmal piepste der Monitor. Ich habe direkt (!) angefangen zu weinen. Von diesem Piepton.
Es war der Wahnsinn, hätte nie gedacht, daß mich das nach so vielen Jahren nochmal so sehr trifft. Danach war es dann ok, aber meine Reaktion hat mich echt erschrocken.
Von daher - sorge für Dich und labere alle offenen Ohren voll. Es wird besser #herzlich

6

Huhu,

ich hatte auch immer wieder komische Gedanken und heute noch bekomm ich in gewissen Gesprächen wenn ich unheimlich stolz bin auf das was alles hinter uns liegt Pippi in den Augen ... und ich bin der Meinung das darf man als Frühchenmama auch. Ich hab auch lange Zeit das Gefühl gehabt bei der ganzen Sorge damals Federn gelassen zu haben und weniger Energie zu haben als sonst, das kam alles je normaler unser Alltag wurde.

Mir haben verschiedene Menschen geholfen, Freunde die zuhörten, unsere Ärzte die uns immer zur Verfügung standen und mit denen man auch zumindest kurz mal quatschen konnte, und ich habe unsere kirchlichen Seelsorger zu schätzen gelernt. Es muss nicht immer gleich ein Therapeut sein, auch die kirchlichen Frauen- und Familienhilfen können da gute Anlaufpartner sein. Im Prinzip braucht man ja vor allem jemanden zum Reden und jemanden der einem vielleicht einen Aspekt aufzeigt den man bisher nicht auf dem Schirm hatte. Oder auch nur einen der einem sagt dass es ok ist am Tag vor der Einschulung kein Auge zuzutun weil die Bilder aus der Klinik und den letzten Jahren einen in dieser einen Nacht eben verfolgen ... solang es eben nicht ständig passiert.
Also scheue Dich nicht Dir Hilfe zu suchen, vielleicht findest du ja auch ganz unproblematisch jemanden in der Kirche oder so. und du musst dich nicht schämen, es is völlig ok wenn man sowas nicht so schnell verkraftet.
AllesGute Euch!

7

Guten Morgen!

Es ist gut möglich, dass du es noch nicht verarbeitet hast - und vollkommen verständlich! So etwas kann man selten einfach so "wegstecken" und du übertreibt definitiv nicht.

Unsere Jungs wurden bei 28+2 geholt und liegen immernoch im Krankenhaus, sogar auf unterschiedlichen Stationen. Ich habe drei Wochen im Krankenhaus verbracht, die Nachricht zur Entbindung kam sehr unerwartet, weil es zwei Tage vorher noch hieß, es wäre alles gut und man würde weiter warten können.
Es ist anstrengend, ich fühle mich hin und her gerissen zwischen den Kindern, zwischen meinem Mann und meinem Bedürfnis, bei ihnen zu sein, zwischen Schlafmangel, Hunger und Fürsorge, zwischen wahnsinnigem Glück und Liebe und Trauer um die Schwangerschaft, die ich so sehr genossen habe. Dass ja alles gut gegangen ist, dass es den beiden gut geht, dass alles so gekommen ist wie es bestmöglich ging und dass bessere Zeiten kommen werden wird mir ständig gesagt. Dessen bin ich mir ja bewusst, trotzdem fühle ich nun mal wie ich mich fühle. Und das mit gutem Recht.

Dass andere sowas sagen hat oft damit zu tun, dass sie nicht nachempfinden können, wie es sich anfühlt, in deiner und unserer Situation zu sein; sie wissen nicht, was sie sonst sagen können und meinen es oft nur gut. Nimm diesen Versuch einfach dankend an und lass ihn nicht zu dir durchdringen. Du hast ein Recht darauf, traurig zu sein, auch wenn es deiner Tochter gut geht und alles scheinbar so gelaufen ist, wie es sollte - das ist es nämlich nicht. Du hättest länger schwanger sein sollen. Die kleine hätte länger wachsen sollen. Ihr hättet ein Wochenbett Zuhause haben sollen. Aber das hattest du nicht und du darfst trauern. Du darfst die Angst zulassen.

Bei uns auf der Neo gab es ein Angebot zur psychosozialen Elternberatung. Dies habe ich zum ersten Mal zwei Wochen nach der Entbindung in Anspruch genommen und es tat mir so unfassbar gut. Zu hören, dass mein Zustand verständlich ist, bewusst über Dinge reflektieren, sprechen, hervorkramen und als "normal" zu verstehen hat mir sehr geholfen. Dass man sich nicht akut mit bestimmten Dingen auseinandersetzt ist sogar gut. Wenn ich mich jetzt mit meiner Trauer um die Schwangerschaft befassen würde, hätte ich keine Kraft für meine Kinder und sie brauchen mich gerade dringender. Es war gut, das zu hören, somit konnte ich ohne Handlungsdruck gestärkt zu den Jungs und für sie da sein.
Hat dein Krankenhaus vielleicht auch eine solche Anlaufstelle? Wir können auch weit nach der Entlassung, sogar noch Jahre, ein Gespräch suchen. Ich kann dir das nur ans Herz legen ♥️

Ich drücke dich aus der Ferne und wünsche dir und deiner Familie alles alles erdenklich Gute ❤️