Psychische Verfassung nach so viel Enttäuschung

Hey,
ich bin 26, mein Mann 29 und ich schreibe, weil es mir so schlecht geht.
Ich habe 3 Eileiterschwangerschaften, einen frühen Abgang und zwei negative IVF-Versuche hinter mir. Die ganze Kinderwunschzeit erstreckt sich schon seit etwa 3 Jahren und mit jedem Scheitern fühlt es sich an, als würde sich mein Innerstes mit immer mehr Schwarz füllen. Ich glaube nicht daran, dass es mit dem letzten IVF-Versuch noch klappt, der Rest der Kiwu-Behandlung soll mir nur für später helfen, mein Schicksal anzunehmen und zu wissen, dass ich alles versucht habe.

Morgen habe ich meinen ersten Termin bei einer Beratung für unerfüllten Kinderwunsch. Ich möchte so früh wie möglich mit der Aufarbeitung beginnen.
Ich habe große Angst vor der absoluten Gewissheit, nie ein leibliches Kind bekommen zu können. Mein Entwurf von Glück beruhte immer darauf, Kinder zu bekommen.
Meine Schwester bekommt ihr zweites Kind und mein Mann und ich arbeiten beide als Pädagogen mit Kindern, was meine und unsere schwierige Situation noch verschärft.
Mit der zunehmenden Gewissheit über die eigene Kinderlosigkeit stehen auf einmal Fragen im Raum, die ich mir nicht mit 26 stellen wollte. Das Ganze fühlt sich nach einer viel zu großen Aufgabe für mich an und nach einem sich immer weiter drehenden Hamsterrad, aus dem ich die letzten drei Jahre nie aussteigen konnte.
Ich bin einfach nur wahnsinnig ausgelaugt und am Ende meiner Kräfte.

Ich hoffe, es gibt jemanden, die eine solche Krise schon überwunden hat, die Tipps für mich hat, mich versteht und mich einfach mit ihren Erfahrungen aufbauen kann.

Ich wäre euch so dankbar!

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Hey Marie94,

das tut mir sehr leid für dich und deinem Mann.
Du bist wahnsinnig jung, da muß man erstmal schlucken. Du hast noch Zeit. Wirklich, auch wenn das doof klingt, aber du bist zarte 26. Aufgrund der ganzen Dinge die du erlebt hast würde ich gern wissen wieso ihr schon Ivf machen müsst? Wo ist das Problem?
Habt ihr alles, wirklich alles checken lassen. Es gibt soviele Untersuchungen die man machen kann weil sie der Verursacher deiner Umstände sein können. Du solltest auf keinen Fall den Kopf in den Sand stecken.
Aber das ist ein weitgreifendes Spektrum die Kiwubehandlung. Einige Mädels hier im Forum haben ähnliche bzw. gleiche Geschichten die mit gewissen Untersuchungsmethoden schwanger geworden sind. Macht euch schlau, erforscht nochmal alles. Evtl. einen Klinikwechsel vornehmen.
Und das bevor ihr die LETZTE Ivf macht. Das kann ich mir gar nicht vorstellen.
Grüßle Steffi

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Hallo Steffi,

vielen Dank für deine lieben Worte. Bei mir sind beide Eileiter verklebt. Es wurde eine Gebärmutterspiegelung gemacht, bei der auch festgestellt wurde, dass ein bestimmtes Bakterium in der Gebärmutter ist, was eventuell zu einer Entzündung geführt hat und das Verkleben begünstigt hat. Dagegen wurde ich dann mit Antibiotikum behandelt. Damit sollten dann auch meine ständigen Blasenentzündungen weggehen, die für den Kinderwunsch auch sehr hinderlich sind. Aber die Blasenentzündungen gingen auch nach der Behandlung fröhlich weiter und kosten einfach nur Kraft.

Wir würden gerne noch einmal die Klinik wechseln. Aber beim 1. IVF-Versuch fiel auf, dass ich echt schlecht auf die Hormone anspringe. Nun weiß unsere jetzige Ärztin zumindest, wie was eingestellt sein muss. Ich will den letzten Versuch nicht verschenken :-( Und das Problem ist auch: unser Behandlungsplan gilt für 1 Jahr. Wir MÜSSEN bis Oktober alle Versuche gemacht haben. Meine Zyklen zwischen den Versuchen sind auch noch immer recht lang, was einfach super viel Zeit kostet. Und vor dem letzten IVF-Versuch liegt nun noch ein Kryoversuch, den wir ja selber zahlen müssen, der aber auch wieder Zeit kostet. Also diese bescheuerte Regelung, dass alle 3 Versuche in einem Jahr sein müssen, sitzt uns da echt im Nacken:-(

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Hej Marie,
Es tut mir sehr Sehr leid, dass Du schon soviele schmerzhafte Dinge im Bezug auf Deinen Kinderwunsch erleben musstest.
Es ist aber super, dass Du Dir Hilfe holst und zu der Beratung gehst!
An Deiner Stelle würde ich mir auch weitere psychologische Unterstützung holen, ich denke gerade in dieser Situation ist eine Therapie extrem hilfreich und sinnvoll und wird i.d.R. auch schnell von der Kasse übernommen.
Mir hilft es auf jeden Fall sehr meine Gedanken und Trauer/Wut bei jemandem lassen zu können, die nicht eine Freundin/Familie o.ä. ist.
Ich finde es klingt aber auch ein bisschen so, als ob Du vlt eine Pause vom Kinderwunsch brauchst, vielleicht könntet ihr ja auch mal ein oder zwei Jahre eine Auszeit nehmen und dann neu probieren...es kann ja auch in ein paar Jahren nochmal weitere Entwicklungen in der Medizin geben…
Und vlt. könnt ihr ja auch einen Plan B und C überlegen, also vlt. Adoption, Pflegekind etc.
Denn gerade weil ihr beide noch relativ jung seid (und sogar noch pädagogisch arbeitet) habt ihr bestimmt gute Chancen einem elternlosen Kind eine Familie zu sein.

Und ich denke es ist auch sehr wichtig, sich trotz allem zu überlegen, dass Dein Leben wertvoll und erfüllt sein wird, auch ohne (leibliches) Kind. Und was es sonst noch so gibt, neben dem Kinderwunsch, was Du gerne erleben möchtest.
Mir hilft immer sehr, mir Frauen anzugucken, die jetzt um die 50/60 sind und die ein erfülltes glückliches Leben ohne Kinder leben.
Das macht den Wunsch nicht kleiner, aber es gibt mir trotzdem Kraft.

Ich hoffe, dass Du bald wieder ein bisschen Zuversicht findest und dass Dein Termin Dir morgen etwas Mut und Stärke geben kann!
Alles Liebe
#klee#klee#klee#blume#blume#blume

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Vielen Dank für deine Antwort!
Ich denke auch, dass ich zusätzliche Unterstützung durch eine Therapie brauche. Denn unser Plan B ist die Adoption und dafür müssen wir mit unserem Kinderwunsch abgeschlossen haben. Das ist bei unserer Adoptionsstelle Grundvoraussetzung. Das ist nochmal gut, dass du sagst, dass die Kassen so eine Therapie dann wahrscheinlich übernehmen, denn das ist natürlich auch noch eine Hürde ansonsten.
Wie gerne würde ich mir eine Pause nehmen. Weil ich auch einfach glaube, dass meine jetzige psychische Verfassung sich nicht gerade positiv auf die Versuche auswirkt. Aber wir müssen die Versuche innerhalb eines Jahres gemacht haben. Ansonsten verfallen die.

Richtig, ich arbeite gerade sehr viel daran, was für mich das Leben eigentlich ausmachen soll und was ich mir wünsche. Das ist eine gute Idee, zu schauen, wie andere ihr Leben ohne Kind leben. Ich kann mir vorstellen, dass mir das auch Mut machen könnte.

Vielen Dank für deine lieben Worte und die Ideen!

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Liebe Marie.
Das ist ja unschön, dass die Versuche innerhalb eines Jahres gemacht werden müssen, gibt es da keine Chance das etwas zu schieben?
Vielleicht gibt es die Möglichkeit noch einmal mit der Kasse zu sprechen?
Vielleicht auch damit zu argumentieren, dass es Dir momentan sehr auf die Psyche schlägt.
Nur so eine Idee…
Oder den letzten Versuch so weit nach hinten zu schieben, wie nur möglich.
Damit Du Noch ein bisschen Zeit hast, Dich ‚wieder zu finden‘.
Das mit der Adoptionsstelle las ich auch, also dass der ‚leibliche Kinderwunsch‘ abgeschlossen sein soll...bin da selbst auch etwas unsicher, wie ich damit umgehen soll...habe wahrscheinlich auch u.a. deshalb noch keinen Termin bei der Adoptionsstelle ausgemacht.
Vielleicht gibt es ja bei Dir in der Umgebung auch eine Art ‚Selbsthilfegruppe‘ mit betroffenen Frauen… mir würde das sehr helfen, leider scheint es in meiner Stadt keine (mehr) zu geben.

Ich wünsch Dir alles Liebe und Gute
#klee#klee#klee

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Hallo,
deine tiefe Frustration und Traurigkeit kann ich sehr gut nachvollziehen. Meine KiWu-Zeit ging auch über mehr als drei Jahre mit einer Enttäuschung nach der anderen.

Aber Du hast mindestens zwei Dinge, die dir immernoch Hoffnung geben können: erstens, Du weißt dass Du schwanger werden kannst. Zweitens, Du bist jung, Du hast Zeit. Du darfst auch dran glauben, dass die dritte IVF klappt (auch wenn man sich kaum noch traut, ich weiß). Immerhin eine weitere Eileiter-Schwangerschaft ist mit der IVF ja ausgeschlossen. Und wenn es nochmal nicht klappt - warum muss es die letzte IVF sein? Selbst wenn die Kasse nicht mehr zahlt, dann könnt Ihr sparen auf eine weitere. Und wenn dir erstmal die Kraft fehlt, dann mach Pause, geh auf Reisen mit deinem Mann, sammelt Euch und findet erstmal wieder zu Euch.

Ich möchte Dich jedenfalls ermutigen, nicht aufzugeben. Es gibt eine offizielle Statistik zu IVF und ICSI in Deutschland und danach werden wirklich die meisten irgendwann schwanger und bekommen ein Baby, auch wenn es manchmal drei oder vier Versuche dauert. Du wirst auch noch dein Glück finden, nur gib noch nicht auf! Ich wünsche dir alles Gute.

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Hallo,
danke für die aufbauenden Worte. Das stimmt, dass ich und wir immerhin jung sind und es irgendwie klappt. Aber mir fehlt nach dem ganzen Frust echt einfach die unbeschwerte Hoffnung, dass der letzte Versuch noch klappen kann.
Leider ist eine ELSS mit der IVF nicht ausgeschlossen. Nach dem Einsetzen wandert die Blastozyste noch und kann so auch noch in den Eileiter gelangen. Deshalb ist jedes komplette Scheitern eines Versuches auch immer ein kleiner Gewinn, immerhin keine ELSS zu haben. Wobei mir das mittlerweile beinahe lieb wäre, denn dann würde man mir endlich die Eileiter rausnehmen und ich müsste nicht ständig die Angst haben, dass es wieder eine ELSS werden könnte. Denn solange die Eileiter drin sind, wird bei mir auch die Angst bleiben.

Ja, wenn die 3 Kassenversuche rum sind, wollen wir auch noch einen Versuch so bezahlen. Aber wir wollen einfach nicht den Kinderwunsch zu unserer Lebensaufgabe werden lassen. Es gibt so viele, die so viele Jahre es irgendwie im Ausland versuchen, da so viel Geld reinstecken und alles andere aus den Augen verlieren. Wir wollen das hier einfach nicht so viele Jahre aushalten müssen.
Ich weiß, bis zum 9. Versuch steigt die Chance noch, dass es klappen kann. Danach ist es eher unwahrscheinlich. Aber 9 Mal - so soll und kann mein Leben einfach nicht aussehen :-(:-(

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Hallo Marie,

ich kann dir nur Raten eine Psychotherapie zu machen. Letztes Jahr ging es mir psychisch sehr sehr schlecht: Unerfüller Kinderwunsch seit 2016, niemand wollte uns behandeln wegen Übergewicht, ziemlich katastrophale Jobsituation. Es war einfach zu viel um es alleine zu bewältigen.

Die Therapie (nach ACT Methode) hat mich gerettet, denn ich habe auch sehr starke Ängste und psychosomatische Schmerzen entwickelt. Ich habe meine Vorstellungen eines erfüllten Lebens anpassen müssen, aber das hat sehr viel Druck herausgenommen. Seitdem kann ich mit meinen Problemen sehr viel besser umgehen, auch wenn sich eigentlich noch nichts verändert hat.

VG

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Hallo,

tut mir leid, dass auch dein Leben so viele Stolperfallen bereit hält und hielt. Ich denke auch, dass ich das unbedingt angehen sollte.
Wurde die Therapie von der Krankenkasse übernommen? Wie schnell bekommt man denn einen Platz? Genau das, dass der Druck rausgenommen wird, erhoffe ich mir durch eine Therapie nämlich auch.

Liebe Grüße

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Ich habe eine Therapeutin in meiner Stadt gesucht und sehr bald einen Termin zum Erstgespräch bekommen. Man hat ja bis zu 6 Probesitzungen, die nicht genehmigt werden müssen. Ich habe mich während der Probesitzungen dafür entschieden bei der Therapeutin zu bleiben und meine Krankenkasse hat einen Therapie mit 12 Sitzungen genehmigt. Ich konnte um weitere 12 SItzungen anschließend verlängern.

Die Therapeutin war auch auf unerfüllten Kinderwunsch spezialisiert, aber die Verhaltenstherapie stärkt die eigene Handlungsfähigkeit unabhängig vom Problem. Ich glaube im Laufe der Zeit verengt sich die Sicht . Ich dachte, dass Mutterschaft sei das einzige wäre, dass mich glücklich machen würde. Die Kinderlosigkeit hatte einen so großen Schrecken, dass es das Ende meines Lebensentwurfs bedeuten würde.

Ich habe gelernt psychisch flexibler zu sein und die Ansprüche, die ich an mich selber habe, immer wieder zu überprüfen. Am Ende macht man sich nur ungklücklich, wenn man sich auf nur einen Lebensentwurf versteift.