Wie geht man mit Frauen um, die eine Abort kürettage haben?

Hi ihr lieben,

ich arbeite nun seit 4 Jahren im OP, bin 23 und habe selber noch keine Kinder, wünsche mir aber auf jeden Fall welche in den nächsten Jahren und freue mich jetzt schon drauf.

Wir haben im OP häufig Frauen die einen Abort haben und leider zur Ausschabung kommen müssen. Alle Frauen sind natürlich traurig, einige weinen auch. Aber ehrlich gesagt, weiß ich nie so richtig wie ich mit ihnen umgehen soll. Ich möchte nichts falsches sagen, dennoch möchte ich ihnen irgendwie zeigen, dass ich ihre Situation genauso traurig finde und mit ihnen fühle. Ich möchte sie so gut es geht betreuen bis die OP los geht.

Könnt ihr mir vielleicht Tips geben, was man sagen kann, wie man sich verhält? Bis jetzt hab ich Konversationen im Saal immer auf ein Minimum reduziert. Bin immer nur sachlich geblieben und ja.... das finde ich persönlich aber nicht in Ordnung:/

Danke und liebe Grüße

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Ich finde es schön, dass Du Dir Gedanken darüber machst.
In diesem Bereich haben einige Krankenhäuser noch Nachholebedarf.
Natürlich ist es für die Ärzte und Schwestern ein ziemlich nüchterner Vorgang. Für die Frauen mit das schrecklichste, was sie erleben müssen.

Viele erleben den Moment sehr unterschiedlich; manche würden sich über ein liebes Wort freuen, aber vielleicht nicht alle. Man weiß natürlich auch nicht, was die Frauen schon durchgemacht haben. Hatten sie schon mehrere Fehlgeburten und geben die Hoffnung auf ein eigenes Kind gerade auf? War es ein früher Abgang und der Gedanke ist schon bei der nächsten Schwangerschaft?

Ich bin mir nur ganz sicher, dass es keine Phrasen sein sollten wie: "Das wird schon wieder", "Ich bin sicher, sie bekommen noch ein Kind". Oder wie ich zu hören bekam: "Beim ersten geht es meistens schief" :-(

Wenn Du unbedingt etwas sagen möchtest, dann sag dass es Dir leid tut, was sie gerade durchmachen müssen. Und vielleicht, dass Du ihnen viel Kraft wünschst und hoffst, dass sie durch ihre Familie/Freunde aufgefangen werden.

Viel mehr brauchst und kannst Du glaube ich auch nicht sagen, dann kannst Du auch nichts falsch machen.

In diesem Moment, wenn man so übersensibel ist, kommen manche Worte falsch an auch wenn sie lieb gemeint sind.
Zum Beispiel wenn jemand sagt: "Ich weiß genau wie Du Dich fühlst"; ist das für manche wie ein Schlag ins Gesicht, wenn das Gegenüber das nicht durchgemacht hat. (nur als Beispiel!)

Sei behutsam, ruhig und freundlich und wirke beruhigend. Nimm die Angst. Dabei muß man gar nicht soviel sagen. Und je nach Patientin (ich glaube, da braucht es Fingerspitzengefühl) sage, was nun passiert und dass sie davor keine Angst haben müssen. Ich fand es letzes Jahr gut, als mir der Arzt erklärte, was er macht, bevor es vor den Augen dunkel wurde. Man fühlt sich so ausgeliefert, es werden Manschetten angelegt und Kabel und was weiß ich und man weiß nicht warum und was nun passiert. Ich empfand es als angenehm, wenn mir gesagt wurde, was wozu da war... auch wenn ich es nur halb registriert hatte und nichts hätte dagegen tun können... es nahm mir etwas die Angst und Hilflosigkeit.
Das ist zwar auch sachlich, aber je nachdem wie Du redest und Dich bewegst kann es auch persönlich sein.

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Saphira,
ich finde es auch sehr schön, dass du dir diese Gedanken machst.

Alagdolwen hat eine ganz tolle Antwort geschrieben. Ich hatte meine Ausschabung erst gestern, es ist alles noch so frisch, dass ich gar nicht wusste was ich dir schreiben kann. Aber Alagdolwen hat das wirklich gut ausgedrückt!

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Ich finde es auch ganz toll, dass du dir solche Gedanken machst!!!
Meine AS ist jetzt fast zwei Wochen her und ich hatte Glück mit den Ärzten und den Schwestern, denn auch ich habe viel geweint und war sehr verzweifelt, gleichzeitig hatte ich aber auch große Angst und alle haben sich sehr um mich bemüht!
Mein Tipp wäre, versuche es nicht als etwas alltägliches für dich aussehen zu lassen, denn für die betreffenden Frauen ist es einfach nur furchtbar :-(
Floskeln wie das betrifft ganz viele oder sie sind noch jung helfen einem nicht weiter, was ich aber trotz Angst und Vollnarkose noch gut weiß, ist dass mir alle gesagt haben, dass ich nicht schuld bin und nichts dafür konnte! Das hat mir geholfen! Zumindest im Nachhinein!
Ansonsten sei einfach du selbst, das spüren die Frauen und nehmen es dann auch gerne an, bloß nichts vorspielen, das ist furchtbar, sei wirklich einfach du selbst und du hilfst den Frauen am meisten, mir hat auch geholfen, dass mir einer die Hand gehalten hat, es sind die Kleingkeiten, die zählen, so erinnere ich mich noch daran, dass die Schwester mir nach der Op noch einen Keks brachte, weil ich so großen Hunger hatte, das sind Kleinigkeiten, die mir in dem Moment viel bedeutet haben! Du wirst das bestimmt großartig machen, denn sonst würdest du dir diese Gedanken nicht machen!
Alles Gute dir weiterhin!
Lg Alex
P.S.: Wo arbeitest du denn? :-D

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Ich arbeite in Bad Neuenahr (Rheinlandpfalz) :)

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Ich finde es auch toll dass du dir solche Gendaken machst. und ich kann mich wirklich nur anschließen bei dem was schon gesagt wurde. Für die Frauen ist es fast immer ein ziemliches Loch in dass ie fallen und was üfr die Ärzte und Schwestern Alltag ist, ist für die Frauen ein zerplatzer Traum. In dem Moment wo man einen positiven Test in der Hand hält (meist ja geplant udn gewünscht schwanger ist) fängt man an sich über dieses winzieg Wesen Gedanken zu machen. Und auch wenn es medizinisch betrachtet nur ein Zellhaufen sein mag, das Gefühl ist ein "ich hab mein Baby verloren".

Ich hab damals leider eine ganze Reihe unsensibler Sprüche in der Klinik an den Kopf geworfen bekommen. Vermeide solche Floskeln wie "Sie sind ja noch jung" (das macht es nicht weniger schmerzhaft) "sie können noch später Kinder bekommen"(ich wollte kein anderes Kind, ich wollte DIESES Kind, JETZT), "es ist besser so, wahrscheinlich wäe es behindert gewesen" (ich hätte lieber ein krankes/ behindertes Kind bekommen als eines zu verlieren).
Vermittel den Frauen das Gefühl dass es ok ist zu trauern, wie schon geschrieben wurde, erklär was da gerade gemacht wird und was wozu gut ist. Du stehst täglich im OP, für viele Frauen ist es vielleicht das erste mal und wenn man da so auf dem Rücken liegt sieht man weder wirklich was um einen los ist noch weiß man wozu all die dinge an die man da verkabelt wird gut sein sollen. Wenn du merkst die Frauen mögen reden frag sie ob sie jemanden haben der für sie da ist nach der OP.

Und was ich persönlich ja ganz ganz wichtig finde, was aber ja leider nicht nur an dir hängt sondern ein ganz allgemeines Problem ist, warum wird man so gut wie nie über seine Rechte aufgeklärt? Ich hätte sehr gern gewußt dass ich mir eine Hebamme suchen kann auch bei einer frühen FG, dass ich ein Recht hab die überreste meines Babys mitzunehmen,... aber das erfährt man meist erst viel zu spät wenn man anfängt das ganze später zu verarbeiten.

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Diese Frage kann ich dir nicht beantworten:( Das liegt dann an den behandelnden Ärzten, die die Frau über solche Dinge aufklären sollten :(

In meiner Klinik (wir sind ein christliches, katholisches Haus) werden die Überreste des Babys direkt im Op in eine kleine Sternenbox getan, verklebt und mit Namen der Patientin versehen. Und alle paar Wochen wird von der Klinik ein Gottesdienst angeboten mit anschießender Beerdigung der Sternenboxen auf einer krankenhauseigenen Wiese auf der extra eine Gedenktafel steht.

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ich finds auch toll dass du dir da gedanken drüber machst.

ich persönlich hätte mich gefreut, wenn ich im kh mal ein "tut mir leid", oder zumindest ein"oje" oder sowas gehört hätte. sicher ist es für ärzte und schwestern alltag...
zu viel würde ich aber auch nicht sagen, schließlich kennt man ja die hintergründe nicht. es könnte ja auch sein, dass es eine ungeplante / unerwünschte schwangerschaft war und da will man denke ich kein "sie werden bald wieder schwanger" oder so hören...

wenn du mit den frauen mitfühlst dann spüren die meisten das sicher auch, viele worte braucht es da nicht.

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Hallo,

ja auch ich finde es toll das sich jemand solche Gedanken macht. Ich hatte wirklich sehr, sehr nettes Personal im KH. Aber zuerst war ich geschockt das ich in den Kreissaal musste für die Voruntersuchungen. Aber die waren da alle so lieb zu mir. Und auch im OP und AWR.

Ich hab allerdings festgestellt das ich es gar nicht wirklich wichtig fand WAS jemand sagte. Den Schmerz kann keiner lindern auch nicht durch Worte. Ich fand es nett das mir mal die Hand auf die Schulter gelegt wurde und einfach auch nur der Blick.

Ich glaube es ist wichtig das man mit seinem Mitgefühl ehrlich ist. Und wenn man nicht weiss was man sagen soll, hilft vielleicht auch eine kleine tröstende Berührung. Das diejenige weiss, sie ist grad nicht allein.
Ich bin selbst Krankenschwester und hab mich auch immer schwer getan. Jetzt weiss ich was ich machen kann.

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Hallo ich finde es wirklich toll das du dir darüber Gedanken machst,ich hatte selber grad am Dienstag ein Ausschabung und hatte Gott sei dank ganz liebes personal im OP, wie eigentlich die letzten male auch,war meine dritte Ausschabung ,Worte helfen nicht wirklich aber ein kleines streicheln der Hand oder ein kurzes Drücken ist wirklich viel wert oft spielt ja auch die angst eine große rolle vor der OP der Narkose und dann eben diese unendliche Traurigkeit das man nun sein Baby wirklich verloren hat!
Es ist auch ok wenn man sagt ich weiß nicht was ich sagen soll außer es tut mir sehr leid!

Ich wünsche dir für deinen Kinderwunsch alles gute und bleib wie du bist und stumpf nicht ab!

#herzlich Bianca

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Hallo!

schön, das es in unserer hochtenisierten, durchegtakteten Welt noch echte "Menschen" gibt!

Manchmal helfen Gesten mehr als tausend Worte! Und in diesem schrecklicken Moment ist eine Hand, die die Hand der Patientin hält, oder beruhigend über den Arm streicht vielleicht mehr Wert als tausend Worte!

Ich hatte im Mai eine Ausschabung (aber aus anderen medizinischen Gründen) und fand es großartig das die Anästhesistin, nachdem ich auf diesem "Stuhl" festgeschnallt wurde, mir erstmal ein Tuch über den Körper gelegt hat um meine Blöße abzudecken und parallel zu den Wünschen für gute Träume mit der Hand über meinen Arm gestreichelt hat.

Du wirst es schon gut hinkriegen! Und mit der Zeit lernst Du auch die Frauen gut einzuschätzen ob sie jetzt "zugequatscht " werden will oder nur einen Händedruck braucht!

Erhalte Dir diese Menschlichkeit!

Gruß

misses_b

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Hallo,

äich hatte schon 2 Ausschabungen.

Mir kam die Situation im OP immer unheimlich vor.

Ich hätte es gutgefunden, wenn mir jemand vor der Narkose gesagt hätte : " Ich passe auf Sie auf!"

Weder vor-noch hinterher habe ich irgendwelche mitfühlenden Worte vom Personal gehört, was ich sehr schade fand. Man wurde einfach abgefertigt und gut. Das so eine FG eine persönliche Katastrophe für Frauen ist, sieht man im Krankenhausalltag offenbar nicht oder es fehlt die Zeit. Ist ja auch nur ambulant. Wenn man vor der OP aber stundenlang auf dem Flur sitzen muß, weil kein Zimmer frei ist, finde ich das herabwürdigend.

Bei einer Geburt wird ein riesen Tamtam gemacht mit rosa Kreissaal etc., aber wenn die SS in den ersten Wochen schiefgeht, dann wird es irgendwie unter den Teppich gekehrt, finde ich.

Ich muß dazu sagen, daß ich 3 gesunde Kinder habe und mit meinen FG eigentlich versöhnt bin, aber wenn ich darüber nachdenke, könnte schon manches anders laufen.

Toll, daß Du Dir solche Gedanken machst.
Dir alles Gute und eine schöne Weihnachtszeit,
LG#winke

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Hallo!

Ich antworte dir jetzt auch noch mal und hoffe du liest es noch!

Ich finde es gut das du dir Gedanken über diese doch schwierige Situation machst.

Ich habe noch heute sehr traurige Errinnerungen an meine Ausscharbung 2006. Erst musste ich ewig warten bis ich dran kam und dann hatte ich zwei sehr nette Krankenschwestern:-[:-[:-[ die mich in den Op gebracht haben.

Die zwei blöden Kühe haben sich doch tatsächlich darüber unterhalten das eine gemeinsame Freundin bald ihr Baby bekommt und wie sehr sie sich darüber freut.
Ich dachte echt ich hör nicht richtig. Ich lag da in meinem Bett und hab nur gedacht wie können die das jetzt bringen.

Als ich aus der Narkose erwacht bin muss ich so geweint haben, ja fast schon jämmerlich geschluchzt haben, so das mein Mann sogar in den Aufwachraum kommen durfte. Weil ich mich nicht beruhigen konnte.

Es war keine schöne Erfahrung. Es ist egal in welchem Stadion du dein Baby verlierst, es ist für eine Frau immer schlimm. #schmoll

Ich hoffe dir helfen die vielen Antworten die du bekommen hast um vielleicht etwas feinfühliger zu werden mit dem Thema.

Aber du bist schon auf einem super Weg dahin, denn du machst dir Gedanken!

Glg Miniwe07