Wann den Kindern von Sternenkindern erzählen?

Ich schreibe nicht viel, aber seit einiger Zeit beschäftigt mich folgende Frage.
Wann habt ihr euren Kindern erzählt, dass sie eigentlich noch Geschwister gehabt hätten?

Kurz meine Vorgeschichte. 2007 war ich zum 1.Mal schwanger.
In der 26.Ssw haben wir erfahren, dass das Kind keine Nieren hatte, einen Herzfehler und Zysten in der Lunge.
Ein Leben ausserhalb meines Körpers wäre nicht möglich gewesen, deswegen haben wir die Ss abgebrochen.
Die Ärzte hatten uns damals gesagt, je nach Zustand der Lunge könnten wir es vielleicht ein paar Wochen oder Monate an der Dialyse am Leben halten, aber das wollten wir nicht.
Für uns war das die richtige Entscheidung.
Wir hatten damals kurz vorher meinen Schwiegervater beim Sterben begleitet und waren uns einig, dass wir unserem Kind nach einer natürlichen Geburt nicht beim Sterben zusehen wollten.

Meine älteste Tochter ist nun 5, mein Sohn 2 und Nr. 3 soll im Februar kommen.
Natürlich möchte ich, dass meine Kinder irgendwann wissen, dass sie noch einen großen Bruder hatten. Die Frage ist, ab wann man einem Kind wie viele Informationen zu diesem Thema zumuten kann.
Es gab bisher auch noch nie eine Situation wo sich zufällig ein Gespräch darüber hätte ergeben können. Und meine Große jetzt ran zu winken, so nach dem Motto, ich muss mal mit Dir über etwas Wichtiges sprechen... das finde ich auch blöd. Ich denke, es muss sich irgendwie ergeben, oder?

Gibt es hier noch jmd. der ähnliches erlebt hat?
Wie und wann habt ihr euren anderen Kindern von Sternenkindern und eventuell von einem Ss-Abbruch erzählt?

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Hallo!

Bei uns ist die Geschichte ein bisschen "einfacher", da unser Sternensohn unser Kind Nr. 2 gewesen wäre und unser 1. Sohn zu dem Zeitpunkt 6 1/2 Jahre alt war. Er "kennt" Marten und wir sprechen oft von ihm. Zu Weihnachten hängen wir immer einen Engel für Marten an den Baum und mein Sohn hat mich Weihnachten extra gefragt wo er ist damit er ihn ranmachen kann. Die kleine Schwester ist erst 3 1/2 Jahre alt und fängt halt ab und an den Namen Marten auf aber so richtig erklären tue ich es ihr noch nicht. Mein großer Sohn ist jetzt fast 11 Jahre alt und für sein Alter sehr weit, er weiß ungefähr warum Marten gestorben ist, dass er eben schwer krank war....er kennt auch die Bilder von ihm allerdings haben wir sie ihm erst später gezeigt.

Ich habe in unserer Stand-Vitrine Martens Ecke mit seiner Spieluhr, die erste für ihn gekaufte Mütze, die Karten mit seinem Foto und kleinen Engeln. Irgendwann mit knapp 2 Jahren hatte die Lütte den Dreh raus und bekam die Vitrine auf. Da stand sie dann mit Martens Foto in der Hand und plapperte: "Baby, Baby...." Das war so süß und da kann man mal sehen wie unbefangen die Kinder damit umgehen.

Einen wirklichen Rat kann ich dir nicht geben. Wir stehen an jedem Todestag an Martens Baum und schenken ihm einen Engel oder ähnliches und zünden seine Kerze an. Da bekommt die Kleine auch immer mit das wir über ihren Bruder reden, am letzten Todestag ist sie lautstark und fröhlich durch den Garten gerannt und hat Marten, Marten gerufen, dann sage ich ihr das es ihr Bruder ist. Da ich rund um den Baum immer schöne Blumen pflanze und sie meistens dabei ist, ist er natürlich auch Gesprächs-Thema. Bei uns fließt das einfach so ein und gehört zu unserem Alltag, wie unser kleiner Engel eben auch. Worum es direkt geht weiß sie eben noch nicht aber später wird ihr ihr Bruder ein Begriff sein und ich werde es ihr erzählen. Vielleicht so mit 8/9 Jahren.

Habt ihr ein Grab für euren großen Sohn? Vielleicht könnt ihr dort mal zusammen hingehen und so nebenbei einfließen lassen das das der große Bruder ist?

LG Francie

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Hallo,

diese Frage stelle ich mir auch immer wieder.

Ich musste unsere Leonie 2007 in der 19. SSW und unseren Tim 2009 in der 17. SSW still zur Welt bringen.

Unsere Große hat die SS'n mitbekommen, sie war damals 12 bzw. knapp 14 Jahre alt. Somit schon in einem Alter, in dem sie begriffen hat, was uns da passiert ist und dass ihre Geschwister nicht bei uns sein dürfen.

2010 durften wir das Glück doch nochmal erfahren und unsere Kleine gesund und munter in die Arme schließen.

Unsere Kinder wurden sammelbestattet und wir fahren sie mehrmals im Jahr besuchen. Meist nehmen wir die Kleine mit und sagen ihr, dass dort ihre Schutzengel liegen.
Vielleicht nehmt ihr eure Kinder auch mal mit zur Ruhestätte eures Sohnes (sofern ihr eine habt).

Kürzlich hat mich unsere Kleine mal gefragt, wer vor ihr in meinem Bauch war. Ich sagte, erst Ani (unsere Große) und dann noch zwei Kinder, die leider nicht bei uns sein dürfen. Sie fragte, wo sie sind und ich antwortete "Im Himmel". Dann wechselte sie von sich aus das Thema.

Ich denke, wenn die stillen Geburten vor der Geburt der Geschwisterkinder liegen, sind sie mit vier fünf Jahren noch zu klein, um es ihnen zu erklären. Anders sieht es aus, wenn sie die SS bereits mitbekommen haben und dann doch kein Baby kommt.

Wie du schon schreibst, denke ich auch, die Gelegenheit muss sich ergeben.

Liebe Grüße
emansara

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Hallo emansara,
unser erstes Kind liegt auch in einem Sammelgrab für still geborene Kinder.
Bisher waren wir aber nicht so die Friedhofsgänger, da die Beerdigung überhaupt nicht so verlief, wie wir uns das vorgestellt hatten.
Die Klinik hatte uns damals gesagt, dass wir es selbst beerdigen müssen, weil es schon ein bestimmtes Gewicht erreicht hatte. Man wollte uns benachrichtigen, wenn es zur Beerdigung freigegeben wäre. (Wir hatten eine Obduktion beauftragt.)
Leider kam wochenlang keine Rückmeldung von der Klinik. Wir hatten natürlich mehrmals nachgefragt, aber man hat uns immer gesagt, es dauert noch.
Als wir nach ca. 5 Monaten mal wieder angefragt hatten, hieß es dann plötzlich unser Kind wurde schon vor einiger Zeit im Sammelgrab der Klinik bestattet, weil wir uns angeblich nicht gemeldet hätten. Gottesdienst und Trauerfeier waren natürlich längst vorbei.
Was soll man dazu noch sagen...
Ich weiß wo das Grab ist und wir waren im Nachhinein auch da (damals noch ohne Kinder), aber mir fehlt da einfach der Bezug zu.
Weiss nicht, ob Du das nachvollziehen kannst?!
Naja, da wir diesen Sommer umziehen (fast 400km) habe ich mir vorgenommen vorher doch nochmal dort vorbei zu schauen und die Kinder dann auch mit zu nehmen.
Gruß, Anja

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Hallo Anja,

das ist ja wirklich nicht schön abgelaufen bei euch. Das tut mir leid.
Ich kann verstehen, dass ihr nun zu dem Sammelgrab nicht so den Bezug habt.

Wir haben uns 2007 gegen die SB entschieden, was ich später bitter bereute. 2009 entschieden wir uns dafür und erfuhren da auch, dass unsere Tochter 2007 mit bestattet wurde. Die Seelsorgerin hat uns dann die Stelle gezeigt. Es ist tröstlich zu wissen, dass unsere Beiden ganz nah beisammen sind.
Wir sind auch nicht so die Friedhofsgänger, aber unsere Kinder besuchen wir mehrmals im Jahr.

Wenn ihr umzieht, könnte sich die Gelegenheit ergeben, euren Kindern von ihrem Bruder zu erzählen. Habt ihr dann einen Garten? Dann könnt ihr mit den Kindern einen Baum oder eine Rose für euren Sohn pflanzen und es ihnen da erklären.

Wenn du magst, kannst du mich auch privat anschreiben.

Liebe Grüße
emansara

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Wir hatten zwar keinen SS-Abbruch, aber unser Sohn wurde als Extremfrühchen in der 23.SSW geboren und ist kurz nach der Geburt verstorben. Unser Tochter wurde 13 Monate später geboren und sie weiß von Anfang an, daß sie einen Bruder hat, der im Himmel ist, weil er einfach zu früh zur Welt kam. Sie kennt sein Fotoalbum und natürlich seine Erinnerungsecke mit Bild im Wohnzimmer und geht auch regelmäßig mit auf den Friedhof zu seinem Grab.

Niemals hätte ich meinen Sohn verheimlichen können! Das hätte ich wie einen Verrat an ihm empfunden.

Ich finde, soviel anders ist das mit einem Abbruch auch nicht. Ich würde es den Kindern, so erklären, daß Ihr Bruder einfach zu krank war, um zu leben und ihr ihm Leid und Schmerzen erspart habt. Deshalb durfte er früher zur Welt kommen und ist dann gleich in den Himmel gegangen, ein Engel geworden, oder etwas in der Art. Kinder gehen damit meist viel besser um, als Erwachsene, die schon völlig "verkopft" sind.

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Wie habt ihr es eurer Maus erklärt?

Sie ist ja auch erst vier, wie unsere Kleine (sie ist im Sept. geboren). Was heißt von Anfang an? Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Kleinkind das schon versteht.

LG

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Sie ist damit ganz normal aufgewachsen. Wir gehen regelmässig zum grab, sein Bild steht im regal in der erinnerungsecke und sie kennt sein fotoalbum genauso wie ihres. Sie versteht es so, wie sie alles versteht. Eben altersgemäß. Je älter sie wird, umso mehr versteht sie es. Unser Sohn ist bei uns präsent (aber jetzt nicht dauernd Gesprächsthema, nicht das dass falsch verstanden wird), er gehört dazu. Wir haben nie etwas verschwiegen, genauso, wie die anderen Eltern mit verstorbenen Kinder, die wir kennen. Alle haben damit gute Erfahrungen gemacht.

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