Habt ihr euch sehr verändert?

Hallöchen ihr lieben und allen mein tiefstes Beileid für den schweren Verlust.

Mein Mann meinte eben zu mir, dass ich mich mit jedem Kind, das wir verloren haben immer mehr verändert habe und nach dem Tod unserer Jüngsten sei es ganz heftig geworden.
Angeblich soll ich total kaltherzig und unsensibel gegenüber meiner und seiner Familie geworden sein. Ich bin immer für alle da, opfere so viel, wenn mich jemand braucht und versuche es allen recht zu machen. Angeblich haben meine Schwiegereltern Angst davor mir was zu sagen, weil sie nicht angegangen werden wollen. Ich habe einen 2,5 jährigen Sohn, der mehr als nur mitten in der Trotzphase steckt, er lebt sie richtig aus. Ich versuche immer ihm eine Grenze aufzuzeigen und erwarte einfach, dass das respektiert und gemeinsam mit mir durchgezogen wird. Doch leider macht hier jeder was er will und ignoriert meine Bedürfnisse. Mein Mann und seine Familie sind alle samt übergewichtig, mein Mann zum Glück nicht so sehr, aber seine Eltern und meine Schwägerin sehr. Wir essen immer gemeinsam zu Abend und mein Sohn wird mit allmöglichem Kram vollgestopft. Sein Bäuchlein ist immer sowss von prall und gefühlt kurz vorm platzen, da kommt meine Schwiegermutter mit nem Kinderpinguin um die Ecke oder mit nem Eis oder oder oder. Ich will das nicht und das muss man akzeptieren. Klar sagt mein Sohn, dass er es gerne essen möchte und weint und kreischt dann ganz bitterlich, weil die böse Mama mal wieder nein sagt. Dann muss ich jedes mal diskutieren wieso ich das nicht will.
Andere Situation. Mein Mann, mein Sohn und ich waren auf einem Geburtstag eingeladen und sind dann gemeinsam mit Freunden zum Auto gegangen, da wir recht nah aneinander geparkt hatten. Ich muss mekn Kind spüren oder sehen IMMER, weil er so ein Wirbelwind ist, der von jetzt auf gleich irgendwas dummes anstellen könnte. Aber da mein Mann dabei war und mir immer Vorwürfe gemscht werden, dass ich viel zu angespannt meinen Sohn im Blick habe und mich ja nie entspannen könnte, wenn das so ist, dachte ich, ich könnte ja mal eine Sekunde mein Kind aus den Augen lassen, da ja Papa und eine Freundin direkt neben ihm waren und Papa eigentlich mit ihm beschäftigt war. Also wollte ich mich von unserem Freund verabschieden und umarmte ihn, als ich in selber Sekunde mein Kind Richtung Straße rennen sah und schrie vor Panik, dass er sofort zurück kommen soll. Er lief einfach weiter. Mein Herz ist mir in die Hose gerutscht und ich bin ihm direkt hinterherlaufen. Als ich ihn hatte bin ich heulend zusammengebrochen. Ich hatte solche Angst um ihn, es kam weit und breit kein Auto, aber das sah ich in dem Moment nicht. Für mich war es fast so, als würde ich ihn jeden Augenblick verlieren. Darum hab ich ihn entweder immer an der Hand oder dauerhaft im Blick. Jetzt meinte wieder jeder ich würde übertreiben und es sei ja nichts passiert. Ich frage mich nur immer wieder wie viele Kinder ich denn noch verlieren muss, bis man mich ernst nimmt bzw meine Sorgen und Ängste. Ich hatte zwei frühe Sternchen und zwei tote Töchter. Die Jpngste musste ich im Februar unter die Erde begleiten. Ich will doch nicht auch noch meinen gesunden Sohn verlieren. Dazu kommt noch, dass ich zur Zeit in der 15. Ssw bin und sowieso die ganze Zeit Panik schiebe, dass die kleine auch sterben wird. Ich soll Stress auch eigentlich vermeiden und mich so weit es geht ausruhen. Aber das alles macht mich doch nicht kaltherzig oder unsensibel oder? Reagiere ich über oder wäre es eine normale Reaktion von einer Jeden hier?
Sorry für den langen Text, aber ich bin total durch mit den Gefühlen.

Liebste Grüße und Dankeschön im voraus

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Liebe Cassie,

Fühl dich ganz lieb in den Arm genommen. Was euch passiert ist ist einfach nur schrecklich. Seine Kinder zu verlieren ist das schlimmste, was uns passieren kann. Wir alle hier kennen die Situation und fühlen mit dir.

Ja, unsere Verluste verändern uns sicherlich. Emotional. Körperlich. Im Alltag. Wie mit allen Dingen im Leben trifft es uns unterschiedlich hart und jeder verarbeitet es anders.

Cassie, in deinem Leben gibt es neben den Verlusten augenscheinlich vieles, was dich gerade beschäftigt. Vieles, um das du dich sorgst. Vieles, was dich beschäftigt. Vielleicht macht es für dich Sinn diese Dinge etwas zu sortieren und sich hiermit auseinandersetzen. Wie du schon erwähnt hast wirkst du gerade sehr sensibel. Ich kann mir gut vorstellen, dass es dir helfen würde. Bist du in Gesprächen? Gute Freunde? Eine Therapeutin, die dich unterstützen kann? Schau auf deinen Bauch und versuche positiv zu denken. Das kannst du aber nur, wenn es dir gut geht.

Ich wünsche dir alles Gute. Vom ganzen Herzen.

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Hallo, mein Beileid zu deinen Verlusten.

Ich glaube, dass ein Verlust eines Babys jeden prägt und verändert, natürlich in unterschiedlicher Weise und nicht immer unbedingt in eine schlechte Richtung.

Wir haben unsere drei Erstgeborenen 2017 verloren (stille Geburt 17. SSW / 5. Lebenstag / 5 Monate), danach dann noch eine FG in der 13. SSW erlitten bevor unsere vierte Tochter geboren wurde und endlich unser Leben auf den Kopf stellt.

Die Verluste haben uns demütiger gemacht, was für andere selbstverständlich ist, die Tatsache leben zu dürfen. Wir haben uns geschworen, das Leben daher auch zu genießen und zu leben. Wir haben so z.B. auch das Maximum an Elternzeit genommen um jeden Moment mit unserem Kind genießen zu können. Wir haben auch gelernt, dass wir als Paar Krisen gut zusammen meistern und wir uns aufeinander verlassen können und wir stärker sind als gedacht. In vielen Dingen sind wir abgehärteter, z.B. beim Besuch des Kinderarztes. Bekommt unsere Tochter eine Spritze oder einen US etc. weinen wir nicht gleich mit, sondern bleiben ruhig und stark an der Seite unserer Tochter. Da haben wir mit unseren Erstgeborenen ganz andere Dinge durchstehen müssen.

Allerdings gibt es auch viele Dinge die uns triggern und irrationale Ängste und Sorgen aufkommen lassen. Schon in der SS haben wir bis unsere Tochter auf der Welt war immer Angst gehabt, dass noch etwas passiert. Aber wir akzeptieren diese Angst, als Teil unserer Lebensgeschichte und versuchen uns aber nicht von dieser Angst im Alltag leiten zu lassen. Unsere Tochter darf die Welt entdecken ohne jede Sekunde ein "pass auf " zu hören, die Ecken sind nicht mit Styropor gepolstert etc... Allerdings gibt es Situationen in denen wir nicht so cool sind wie andere Eltern. Z.B. als unsere Tochter sich häufig schwer verschluckt hat bei der Umstellung auf feste Nahrung. Da ging unser Puls dann teilweise durch die Decke, obwohl einem jeder sagt, das die Kleinen das schon hinbekommen. Das gleiche beim ersten Fieber. Als das Fieber über 39 stieg wurden wir unruhig und haben uns gegenseitig noch hochgeschaukelt. Obwohl unsere Tochter einen fitten Eindruck machte und schon schlief, sind wir nachts dann doch ins KH gefahren um sie durchchecken zu lassen. Wir konnten einfach nicht mehr abwarten. Aber das ist so, und auch das müssen wir akzeptieren.

Bei deinen beschriebenen Situationen teile ich deine Ansicht was die Essensituation angeht und finde, dass die Großeltern sich an eure Vorgaben halten sollten.

Das du nach der Situationen mit der Straße zusammengebrochen bist, ist für Außenstehende schwer nachzuvollziehen, da es ja noch nicht mal zu einer brenzligen Situatin kam. Aber wie ich schon schrieb, man kann halt manchmal nicht ais seiner Haut, auch wenn der Kopf sich bewusst ist, dass es übertrieben ist.

Ich wünsche dir und deiner Familie alles Gute und drücke dir die Daumen dass du in ein paar Monaten ein weiteres gesundes Kind in deiner Familie begrüßen darfst.

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Hallo,
erstmal mein tiefstes Mitgefühl für deine schlimmen Verluste.
Ich weiß nicht wie es ist ein Kind zu verlieren, aber grundsätzlich prägt und verändert uns jedes emotionale Ereignis in unserem Leben. Egal ob es ein positives oder ein negatives Ereignis ist. Und das ist auch gut so.
Du steckst in einer hochsensiblen Phase deines Lebens und das sollte jeder verstehen, aber leider kann und wird es nicht immer verstehen.
Bei der Ernährung deines Sohnes kann ich dir nur sagen, bleib strikt. Ja du bist vielleicht JETZT die blöde Mama, aber aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dass ich im Nachhinein sehr froh gewesen wäre, wenn bei mir jemand die Reißleine gezogen hätte.
Wir haben letzte Woche die gleiche Diskussion mit der Familie durch. Es ist hart, aber es geht immerhin um die gesunde Zukunft deines Kindes.
Fühl dich fest gedrückt und alles erdenklich Gute für deine Kugelzeit.

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Hallo,

erst mal herzliches Beileid zu deinen schlimmen Verlusten. Es tut mir unglaublich leid, dass ihr so ein schweres Päckchen zu tragen habt.

Ich kann dir nur aus eigener Erfahrung sagen - natürlich verändern einen diese Verluste. Ein Kind zu verlieren, das ist das Schlimmste überhaupt, es ist eine Erfahrung, die tiefer geht als die meisten (nur als meine Mutter an Krebs starb, war das Gefühl von Verlassenwerden ähnlich. Und trotzdem war es eher erträglich, weil es eben irgendwie der natürliche Lauf der Dinge ist).

Mich haben die Verluste in mancher Hinsicht vielleicht tatsächlich kaltherziger und unsensibler gemacht, denke ich. Oder kompromissloser, wie immer man es ausdrücken möchte. Ich bin immer noch für meine (Schwieger-)Familie da, kümmere mich um vieles. Aber wenn es um meinen - einzigen lebendigen - Sohn geht, der nach einer Schwangerschaft voller begründeter und unbegründeter Ängste zum Glück gesund zur Welt kam, kenne ich keinerlei Rücksichten und mache keine Gefangenen.

Als ich beispielsweise während der Schwangerschaft herausgefunden habe, dass meine Schwiegermutter plante, am Entbindungstermin vorm Kreißsaal zu warten, um mir das Kind nach dem Kaiserschnitt "abzunehmen", war für mich klar: niemand erfährt, wenn wir in die Klinik fahren. Wenn er gesund auf der Welt ist - und das war für mich alles andere als selbstverständlich -, dann rufen wir an, und wenn es MIR passt, darf man ihn zum ersten Mal sehen. Ja, das war nicht nett, aber mit "nett" wurde ich in meiner Trauer all die Jahre ignoriert und überfahren. Ich hatte genug. Und so ist es bis heute geblieben, er ist jetzt knapp anderthalb. Ich bzw wir entscheiden, wen er wann sieht, was er isst, trinkt, anzieht, spielt. Meine eigene Familie findet das verständlich und normal, meine Schwiegerfamilie nicht - lustigerweise haben wir da eine ähnliche Gewichtsproblematik 😂 - , aber das ist deren Problem, nicht meines.

Und ja, wir sind sicher oft überängstlich. Weniger im Alltag, den versuchen wir schon normal zu gestalten, er darf wie jedes andere Kind klettern, rennen, sich alles mögliche in den Mund stecken... Aber gerade zu Anfang standen wir mehr als einmal mit einem fitten, fröhlichen Kind beim Arzt, weil es gespuckt hat/Fieber hatte/gefallen ist. Und das ging weit über die normale Verunsicherung beim ersten Kind hinaus, das war und ist uns schon klar, aber wir können da nicht aus unserer Haut 🤷‍♀️

Im Interesse meines Sohnes versuche ich all das so langsam zu verbessern und ihn, wie es eine sehr liebe Ärztin im Notdienst (s.o.) mal ausdrückte, "loszulassen" oder zumindest zu begreifen, dass dieses Kind mit uns LEBT. Aber es ist schwierig und es passiert in MEINEM Tempo. So viel zu egoistisch 😉

Ich wünsche dir, dass du einen guten Weg findest, mit den Verlusten umzugehen und gleichzeitig Schritt für Schritt vielleicht doch ein bisschen mehr Gelassenheit zulassen kannst. Und natürlich für die Schwangerschaft alles erdenklich Gute!

Liebe Grüße
Marie mit Wunderkind 💙 an der Hand und ⭐⭐⭐&⭐💙 im Herzen

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Hallo.
Ich muss sagen ich kann dich bis zu einem gewissen Punkt verstehen bei der Geschichte.

Wir selbst haben erst gestern unser "erstes" verloren nach 8SSW (kein ❤️ mehr😢)Deshalb kann ich noch nicht sagen wie weit es uns verändern wird. Seid 4 Jahren versuchen wir schwanger zu werden. Erste KiWuKlinik Behandlung gleich schwanger und dann hat es uns so schnell wieder verlassen. Fest steht bei der nächsten SS werden uns ganz viele Ängste begleiten.
Denke das es auch die Beziehung zu meinen Mann und meinem Umfeld anders machen wird.

Ich kann mir gar nicht vorstellen was du an Kraft haben musst um so viel Leid zu über stehen. Umso schlimmer finde ich das deine Familie nicht hinter dir steht. Vor allem dein Mann der ja jedes Mal ebenso ein Kind verloren hat. Ich glaub ich würde mit so einer Geschichte dem Kind sobald es laufen kann ein Geschirr um legen wie ein 🐕 damit ich es immer in der Nähe habe sobald wir "geschütztes Gebiet" verlassen.

Lass dich nicht verunsichern. Ich denke deine Reaktionen sind ganz normal. Und wenn du noch dazu schwanger bist ist es noch verständlicher. Da ist man ja bekanntlich sehr emotional.

Wie gesagt ich finde du bist eine seeehr Starke Frau. Bei deiner Geschichte wäre ich schon lange zusammen gebrochen, hätte das Thema eigene Kinder aufgegeben. Du hast meine Bewunderung.