Trauer Mann/Frau nach stiller Geburt

Hallo,

Ich brauche mal einen Rat. Vor genau einer Woche wurde unsere Tochter in der 21. Ssw still geboren. Wir haben uns nach 7 langen Wochen des Wartens, Bangens, Diskutierens und des Weinens dazu entschieden sie gehen zu lassen (Gendefekt und Herzfehler). Die Geburt wurde über 2 Tage mit Cytotec eingeleitet. Mein Mann war zuhause bei unseren zwei Kindern, während ich im Krankenhaus war.

Mein Mann wollte bei der Geburt nicht dabei sein und er wollte sich auch nicht verabschieden. Ich habe alle Formalitäten allein geklärt, habe mit Ärzten/Genetikern/Psychologen usw. gesprochen und unserer Tochter einen Namen gegeben. Nach der Geburt habe ich die Kleine in eine Decke gewickelt und Fotos gemacht um eine Erinnerung zu haben.

Mein Mann hat sich die Fotos bisher noch nicht angeschaut. Ich habe ihm in groben Zügen erzählt wie die Geburt war. Aber er schien sehr geschockt oder berührt, also bin ich nicht ins Detail gegangen. Er kümmert sich um mich, wenn ich weinen muss. Aber ich habe das Gefühl, dass es ihm unangenehm ist. Er scheint einfach froh zu sein, dass "alles vorbei" ist.

Generell scheinen alle in der Familie (meine Eltern, Schwiegereltern) erleichtert zu sein. Im Vorfeld haben uns alle zur Beendigung der Schwangerschaft geraten. Obwohl es natürlich letztlich die gemeinsame Entscheidung meines Mannes und mir war, tut es mir so weh... Ich bin die Einzige, die unsere Tochter je gesehen hat und die um sie trauert.

Gleichzeitig habe ich unheimliche Schuldgefühle, weil ich immer noch diesen starken Kinderwunsch in mir spüre. Ich weiß aber, dass mein Mann nun kein weiteres Kind mehr möchte (die Schwangerschaft war ungeplant). Ich weiß, dass nichts unsere Tochter je ersetzen kann, aber der Kinderwunsch ist da...

Ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll, dass mein Mann scheinbar nicht trauert und auch meine Trauer nicht zu verstehen scheint. Ich habe das Gefühl, dass ich direkt nach der Entlassung aus dem Krankenhaus schon wieder "funktionieren" musste. Dass alle froh waren, dass ich in der Lage war mich wieder um den Haushalt und die Kinder zu kümmern. Ich weiß auch nicht, ob ich meinen Mann auf den Kinderwunsch ansprechen soll. Ich habe das Gefühl, dass sich gerade eine riesige Kluft zwischen uns auftut...

Wart ihr schonmal in einer ähnlichen Situation? Was würdet ihr tun? Was hat geholfen? Reden? Paartherapie?

Lg, eine traurige babyelf

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Liebe babyelf,
es tut mir leid, dass du dir nach diesem Erlebnis nun auch solche Sorgen machen musst. Das was du da beschreibst, dass dein totes Kind von deinem Umfeld ignoriert wird, ist das wovor ich am meisten Angst habe. Davor dass die Menschen unsere Tochter vergessen, als hätte sie nie existiert. Aber für uns Mütter ist es sehr real! Realer als für andere, die sagen „gut, dass es endlich vorbei ist“. Denn es ist noch lange nicht vorbei. Dein verlorenes Kind bleibt für immer ein Teil von dir. Das muss dein Umfeld nicht unbedingt nachempfinden können, aber sie müssen es akzeptieren. Natürlich trauern Menschen unterschiedlich, aber wenn man das Gefühl hat damit allein zu sein, wird es noch schwerer als es eh schon ist.

Mein Mann und ich haben jede Sekunde unseres Verlusts gemeinsam erlebt und gemeinsam Abschied genommen. Allein hätte ich das nicht geschafft. Daher bewundere ich dich dafür, dass du so stark bist. Aber du darfst auch schwach sein! Du musst nicht immer funktionieren! Darüber solltest du auch mit deinem Mann reden.

Was ich euch empfehlen kann, wäre ein Termin bei ProFamilia. Das sind noch keine Therapeuten, sondern neutrale Dritte, die euch erstmal einen Raum für Gespräche geben, um eure Situation selbst besser zu verstehen. Dann können diese Leute euch helfen zu entscheiden wie ihr am besten weitermachen könnt. Obwohl mein Mann und ich uns immer einig und sehr nah waren, haben wir dort nach der Geburt Hilfe gesucht, um besser zu realisieren, was überhaupt passiert ist. Denn das Leben um einen herum geht weiter und man selbst kommt gar nicht so schnell hinterher. Uns hat dieses Gespräch sehr geholfen. Wir waren danach sehr gelöst, einfach weil viele ungesagte Dinge ausgesprochen und von einem Gegenüber wahrgenommen wurden.

Du kannst dir natürlich auch eine Selbsthilfegruppe suchen, aber die eigentliche Stütze ist nun mal das eigene Umfeld. Daher solltest du mit deinem Mann und deiner Familie daran arbeiten.

Bitte glaub mir, dass du absolut keine Schuldgefühle haben musst. Du hast nichts falsch gemacht und deine Wünsche sind ganz normal und verständlich!

Ich wünsche dir, dass du und dein Mann euch emotional wieder näher kommt und ihr einen Weg findet, die Situation gemeinsam zu meistern und den Verlust eures Kindes in euer Leben zu integrieren. Alles Gute für dich🍀

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Liebe Babyelf,
ich habe deine Geschichte still mitverfolgt und möchte dir zuerst einmal mein tiefes Beileid zu eurem Verlust aussprechen. Du bist eine unglaublich starke Frau, dass du die stille Geburt alleine gemeistert hast und dich auch um alles andere gekümmert hast. Das schafft nicht jede.

Männer und Frauen trauern oft anders und gehen auch anders mit der Trauer um. Auch wir mussten letztes Jahr unseren kleinen Jungen in der 18ssw zu den Sternen ziehen lassen. Für meinen Mann ging der Alltag viel schneller weiter als für mich. Meine Trauer war einfach allgegenwärtig. So war es jetzt auch zum 1 jährigen Todes/-Geburtstag. Mir ging es schon Tage vorher sehr schlecht und ich habe viel geweint. Meinem Mann hat man nichts angemerkt.
Familie ist sehr oft nicht feinfühlig, was dieses Thema angeht. Auf dem Friedhof war außer meinen Eltern niemand. Genauso wurde sein Geburtstag einfach ignoriert. Das schmerzt sehr.
Es gibt extra Treffen für Eltern von Sternenkindern. Vielleicht wäre das was für dich/ euch.

Schäm dich nicht für deinen Kinderwunsch. Das ist ganz normal und oft ist er nach einem so schlimmen Ereignis noch viel stärker. Dabei geht es auch nicht darum , ein Kind zu ersetzen. Das geht überhaupt nicht.

Ich wünsch dir alles Gute und viel Kraft für die kommende Zeit. Wenn die Familie kein Rückhalt bietet, vielleicht können es gute Freunde. Es muss nicht immer die Familie sein!

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Unser Stern ist heute vor genau 4 Wochen von uns gegangen und ich befinde mich noch voll im Funktionsmodus. Ich habe 2 Wochen im Krankenhaus gelegen und kümmere mich jetzt seit 2 Wochen um unseren krankes Kind und arbeite die körperlichen Einschränkungen ab, die ich durch die OP habe. Dabei würde ich mir am liebsten manchmal einfach die Decke über den Kopf ziehen und das mich alle in Ruhe lassen. Mein Mann lenkt sich durch viel Arbeit ab. Es ist leider so das Männer und Frauen so etwas unterschiedlich verarbeiten. Wir haben es auch körperlich erlebt. Die Krümel sind in uns gewachsen und unser Körper musste sie auch wieder gehen lassen. Ich glaube das ist einfach nochmal eine ganz andere Situation.
Ich habe eine tolle Hebamme mit der ich sprechen kann.
Bei uns in der nächst größeren Stadt gibt es auch noch eine Hebamme die Kurse anbietet für Sterneneltern.
Und dort wo unser Sohn in die Sammelbestattung kam, bieten die auch Treffen in Gruppen, oder auch Einzelgespräche an. Vielleicht gibt es sowas ja auch bei euch.
Und du musst offen mit ihm sprechen, wie es dir geht. Wie du dich fühlst und auch wie die Situation für dich war. Vielleicht im begleiteten Rahmen, aber das wird sonst immer zwischen euch stehen. Ihr habt gemeinsam ein Kind verloren und es wichtig auch gemeinsam zu trauern.
Sagt die, die selbst noch im Funktions- und Verdrängermodus steckt.
Hast du wenigstens Freunde denen du dich anvertrauen kannst?

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Ich habe dir eine PN geschrieben.