Wieder arbeiten gehen

Hallo zusammen,
ich hatte eine MA in der 11 SSW und die Saugkürretage war am 30.01. Montag gehe ich wieder arbeiten. Habe lange überlegt, ob ich mich weiter krankschreiben lassen soll, aber dachte, dass es mir gut täte, wieder arbeiten zu gehen.
Jetzt habe ich richtig Angst und mir ist sehr unwohl bei dem Gedanken. Schlafe seit ich mich dazu entschieden habe, wieder arbeiten zu gehen, sehr schlecht.
Ich bin Lehrerin in einem Gymnasium. Alle SchülerInnen wissen Bescheid, was ich an sich nicht schlimm finde.
Ich habe Angst vor der Belastung einer Gruppendynamik und vor fröhlichen Menschen um mich herum (ich komme damit nicht gut klar, wenn andere Menschen fröhlich sind und lachen). Einige SchülerInnen stehen mir sehr nah, da ich sie fünf Jahre als Klassenlehrerin begleitet habe und haben mir schon Mails geschrieben, ob es mir und dem Baby gut ginge...Wiederum stresst mich mein LK, der Angst hat vorm Vorabi. Normalerweise kann ich mit soetwas kompetent umgehen. Im Moment bin ich aber armeisenempfindsam und weiß nicht, wie ich in herausfordernden Situationen reagiere. Zudem habe ich Angst, dass ich weinen muss, wenn ich ausspreche, dass ich eine FG hatte, was sie sich wahrscheinlich auch schon denken. Darüberhinaus macht der Gang in die Schule die FG noch realer, als es mittlerweile ohnehin schon ist (da ich ja wegen Corona Distanzunterricht hatte).
Meine Schulleiterin meinte, wenn ich merke, dass es nicht geht, soll ich mich wieder krank schreiben lassen.
Da kommt aber auch das Gefühl in mir hoch, dass ich mich da zu sehr reinsteiger und nach vorne blicken sollte.
Wie ging es Euch damit wieder zu arbeiten? Habt ihr Tipps für mich? Ist vielleicht auch jemand Lehrerin oder in einer Situation, wo eine Gruppe von Menschen Bescheid weiß, in der man sein "Gesicht wahren muss"?
Vielen lieben Dank im Voraus für Eure Mühen!
Eure Holly

1

Liebe Holly!

Erstmal möchte ich Dir mein herzlichstes Beileid aussprechen, ich weiss genau wie Du Dich fühlst. Ich hatte zwei aufeinanderfolgende Fehlgeburten und war bei beiden 4 Wochen krankgeschrieben. Ich hätte mich auch gerne weiter krankschreiben lassen, aber welchen Mehrwert hätte ich davon gehabt? Das Leben geht nun Mal weiter und die Natur sieht es eben nicht vor, auf so viele Fragen irgendwelche Antworten zu bekommen. Schöpfe Kraft aus der Tatsache, dass ihr weitermachen könnt und dass ihr irgendwann Euer Wunder in Händen halten dürft. 🍀

Ich bin zwar keine Lehrerin, arbeite aber auf einem Amt. Ich hatte meiner Chefin damals ehrlich gesagt was Sache ist, tatsächlich in der Hoffnung so auf ihre Diskretion zu appellieren. Leider wusste das ganze Haus Bescheid, was mir anfangs wirklich unangenehm war. Man möchte nach so einer Erfahrung nicht im Mittelpunkt stehen und bei der Arbeit in die Gesichter der Kollegen blicken, in dem Bewusstsein, dass sie Bescheid wissen.

Leider ist es gesellschaftlich immer noch ein Tabuthema und meiner Meinung nach mit so viel Scham verbunden, was mMn einfach nur falsch ist. Es ist ein Verlust, bei der die Frauen Zuspruch und Hoffnung brauchen, und nicht Mitleid oder blödes Getratsche. Wenn Du weinen musst, dann weinst Du, wenn es Dich belastet fröhliche Menschen um dich zu haben, gehe vorzeitig nach Hause. Lass deine Gefühle zu, so wie sie kommen und verdränge wegen anderer Leute nicht das, was Dich beschäftigr oder verletzt. Du wirst Dich deinem Alltag stellen müssen, ob jetzt, oder in 2 Wochen.

Ich wünsche Dir viel Kraft und einen hoffentlich nicht so schlimmen ersten Arbeitstag. ❤️

Bearbeitet von Cupcake31
2

Liebe Cupcake31,
es tut mir leid, dass du sogar zwei Fehlgeburten erleiden möchtest. Ich hoffe dir geht es jetzt besser und dass du vielleicht schon schwanger bist oder ein gesundes Kind hast. Dass deine Chefin das überall erzählt hat, finde ich ausgesprochen unsensibel. Meine Schuleiterin - so nett sie auch ist - hat sich leider auch nicht an unsere Absprache hinsichtlich der Kommunikation meiner Fehlgeburt gehalten. In einer Zeit, in der man keine Handlungskontrolle hat, einem auch noch diese Kontrolle zu nehmen, finde ich unschön, denke aber da steckt einfach Gedankenlosigkeit hinter.

Jedenfalls möchte ich dir ganz lieben Dank für deine Antwort und deine Erfahrung, die du mit mir geteilt hast, aussprechen. Ich denke auch, dass in zwei Wochen der Einstieg nicht besser sein würde (vielleicht sogar noch schwieriger) und wenn es gar nicht geht, kann ich mich immer noch krankmelden. Die Angst ist da, aber irgendwie werde ich das hinbekommen. Ich hoffe, wenn ich mental wieder mehr in den Tritt komme, dass es physisch auch so sein wird. Leider habe ich immer noch Blutungen. Ich dachte, dass mein Körper das schneller wegstecken würde. Ist wohl nicht so...

Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute!
Deine Holly

3

Hallo liebe Holly,

erstmal tut es mir sehr leid,dass du auch diese traurige Erfahrung machen musstest!
Ich arbeite als Sonderpädagogin an einer Schule und kann dich gut verstehen. Mein erster Arbeitstag nach der Fehlgeburt war für mich auch emotional sehr anstrengend und es sind teilweise auch Tränen geflossen. Ich bin bei Schulleitung und Kolleginnen offen mit der Situation umgegangen und alle waren sehr lieb und verständnisvoll. Auch wenn es emotional anstrengend war, war es trotzdem für mich ein gutes Gefühl wieder arbeiten zu gehen und ein Stück Normalität zu haben. Schau, was für dich gut ist. Wenn du noch eine Krankschreibung brauchst, dann ist das sicherlich auch in Ordnung.
Ich wünsche dir alles Gute und hoffe du kannst dich nach dieser Erfahrung gut erholen 🍀

4

Liebe Holly,
Meine Anteilnahme für deinen Verlust.
Ich schreibe dir, weil es mir ganz ähnlich geht und ich dir Mut zusprechen möchte.
Ich hatte am 2.3. Einen natürlichen Abgang in der 10. Woche, der dann auch mit einer Ausschabung endete.
Ich bin ebenfalls Lehrerin und alle meine SuS wussten Bescheid und haben auch schon sorgenvoll nachgefragt.
Ich gehe am Dienstag wieder in die Schule und bin, ähnlich wie du, nervös, wie es wohl sein wird.
Ich habe keine guten Ratschläge für dich, einfach nur eine digitale Umarmung, du bist nicht alleine. Wenn du traurig wirst, dann ist das auch richtig und wichtig so. Wir sind keine Maschinen und unsere Gesellschaft muss lernen mit der Realität umzugehen, dass jede 4. Schwangerschaft nicht mit der Geburt eines lebenden Kindes endet.
Wir müssen diese Last nicht alleine im stillen Kämmerlein tragen. Sei traurig, lass dich trösten. Deine Schülerinnen und Schüler, und auch deine Kolleginnen und Kollegen werden dies sicher gerne für dich tun!
Alles Gute!

5

Hallo,es tut mir leid,dass es dir auch passiert ist.
Ich bin auch Lehrerin an einer GS,meine Kollegen wissen Bescheid,ich habe darum gebeten mich erstmal nicht darauf anzusprechen.
Morgen ist auch mein 1.Arbeitstag und meine Schüler wissen nicht Bescheid.Ich habe Angst vor den Fragen der Kinder.Andererseits habe ich die Hoffnung,dass sie mich ablenken werden.
Ich habe mit meiner Schulleitung vereinbart,dass ich es probieren möchte und es ihr sage,falls es mich doch noch zu sehr fordert.Mir fällt der Schritt in den Alltag aber auch sehr schwer.Ich möchte aber auch wieder für meine Schüler da sein.
Ich drücke dir die Daumen,dass dir der Alltag auch gut tun wird!

6

Hallo zusammen,
danke für Eure Nachrichten, Erfahrungen und das Mutzusprechen.
Meine Erfahrung heute war ganz gut.
Ich habe die Nacht sehr schlecht geschlafen und war tierisch nervörs.
Als ich dem ersten Kurs die Nachricht mitgeteilt habe, waren sie sehr geschockt. Sie waren schon geschockt, dass ich überhaupt da war (weil ich je eigentlich in Distanz war). Sie waren danach super still und haben extrem gut mitgemacht. Beim Mitteilen sind mir auch die Tränen gekommen, aber ich bin nicht in Tränen ausgebrochen, insofern war es okay.
Als ich mich am Ende der Stunde aus dem Raum stehlen wollte, kam eine liebe Kollegin, die mich gedrückt hat und gesagt hat, dass es schön ist, dass ich wieder da war.
Im Nachmittagsunterricht mit meiner Klasse habe ich gemerkt, dass einige es schon wussten (ein Geschwisterkind sitzt im Kurs, den ich morgens habe), zudem habe ich einige aus dem Kurs morgens bereits gesehen, die gemerkt haben, dass deshalb etwas nicht stimmt.
Sie haben es auch still aufgenommen und diesmal kamen mir nicht die Tränen, wahrscheinlich, weil ich die Situation schon kannte und die Atmosphäre anders war.
Aber auch hier waren die SuS sehr höflich, haben sich extrem Mühe gegeben und mir am Ende der Stunde teilweise ihr Beileid ausgesprochen.
Ich hatte das Gefühl, dass die SuS insgesamt überfordert mit der Situation waren. Aber im Moment kann ich das nicht leisten, das aufzufangen...
Auch hier habe ich im Anschluss noch einen Kollegen gesehen, der mir gesagt hat, wie schön es sei, dass ich wieder da bin.
Also alles im allen ist es gut gelaufen. Bin gespannt wie ich mit der Belastung zurechtkomme, wenn in den nächsten Tagen das einfach weniger präsent für die SuS ist und sie mich wieder normal fordern.
Bisher gehe ich davon aus, dass ich weiter arbeiten kann.
Alles in allem hat es mir totz dem Stress, der Angst, Unsicherheit etc. gut getan heute in der Schule zu sein. Morgen habe ich frei, Mittwoch wage ich mich vielleicht ins Lehrerzimmer. Mal schauen oder erst nächste Woche.
Wie ist es Euch ergangen, die heute ihren ersten Tag hatten? Vielleicht mögt ihr auch erzählen oder mir schreiben, was in Euch vor sich geht.
Ganz liebe Grüße,
Holly