Lehrertypen - Silopo

Hallo!
Die Tage kam ich mit meinem Mann ins Erzählen; Anekdoten aus unserer Schulzeit (bei ihm 70er/80er, bei mir 80er/90er). Wir haben Tränen gelacht. Und nun bin ich gerade furchtbar sentimental. Ich habe festgestellt, dass mir eine handvoll Lehrerinnen und Lehrer von damals unheimlich viel bedeuten und ich sie am liebsten noch einmal treffen würde. Wahrscheinlich leben einige von ihnen aber schon gar nicht mehr, denn ihnen allen ist gemeinsam, dass sie zu meiner Schulzeit schon kurz vor dem Eintritt in den Ruhestand standen. Diejenigen, an die ich jetzt denke, hatten alle etwas Schrulliges, Merkwürdiges, Verschrobenes an sich und waren trotzdem auf ihre Art unglaublich liebenswürdig; einfach richtige Originale. Solche Typen kenne ich heute gar nicht mehr.

Da war z.B. meine Musiklehrerin, die, anstatt Unterricht zu machen, uns oft ganze Stunden aus ihrer Kindheit im Krieg erzählte. M.E.n. war das eine viel lehrreichere Lektion als die versäumten Unterrichtsinhalte. Im Schrank hatte sie einen unermesslichen Vorrat an Schokoladentafeln. Und wenn wir in der 7. Stunde Unterricht hatten, verteilte sie die Schokolade großzügig an uns. "Sonst könnt ihr euch um diese Uhrzeit ja gar nicht mehr konzentrieren." Beim Informationsabend zur Klassenfahrt hielt sie es offenbar für notwendig, die männlichen Schüler darauf hinzuweisen, dass diejenigen, die sich nicht nass rasieren wollten, doch bitte genug Batterien für den elektronischen Rasierer mitnehmen mögen.

Da war der Mathelehrer, der von vornherein seine Auffassung kundtat, es gäbe zwei Sorten von Menschen: die, die Mathe können, und die, die zu blöd dafür sind. Erstaunlicherweise spiegelte sich das auch in den Klausurnoten wider. Der Notenspiegel folgte stets der umgedrehten gaußschen Normalverteilung. Keine Ahnung, wie er das immer hingekriegt hat. Er war ein bisschen der Typ weltfremder, unbedarfter Professor. So guckte er uns mit großen Augen an und fragte ernsthaft verwundert, warum wir denn alle lachen würden, nachdem er ein Stück Kreide zwischen Daumen und Zeigefinger haltend mit dem Mittelfinger zur Decke gezeigt und dazu gesagt hatte: "Da geht der Graph steil nach oben."

Da war meine Französischlehrerin, die es schaffte, in jeden noch so kurzen Satz ein- oder mehrfach "n'est-ce pas" einzubauen. Wir haben Strichliste geführt und kamen teils auf 10 mal "n'est-ce pas" pro Minute. Außerdem legte sie ausgesprochen großen Wert auf die korrekte Aussprache. So skandierten wir regelmäßig jede neue Vokabel im Chor. Die 4 Nasallaute trainierten wir anhand der Wörter "un bon vin blanc". Mehrere Stunden übten wir im Chor hieran. Ein Jahr später bekamen wir sie auch in Geschichte. Da war gerade Ludwig XIV Thema. Natürlich durften wir nicht "Ludwig der Vierzehnte" sagen, sondern sie bestand auf "Louis Quatorze". Nun hatte aber ja die halbe Klasse gar kein Französisch. Deshalb wurde nun im Geschichtsunterricht im Chor geübt: Quatorze mit stimmhaftem s! Und das t nicht so hart wie im Deutschen, aber auch nicht so weich wie ein d! Anschließend kam Louis Quinze. Da wurde erneut geübt. Stimmhaftes s wie bei Quatorze und Nasal wie bei vin. Naja, Französisch habe ich mittlerweile weitgehend aus meinem Gehirn gelöscht, aber immerhin kann ich mir in perfektem Französisch einen guten Weißwein bestellen.

Da war der Schrecken der Schule, bei dem ich über 6 Jahre durchgängig Unterricht hatte in Politik, Geschichte und Religion. Protestanten bezeichnete er als "Ketzer". Ein "Weiß-ich-nicht" ließ er nicht gelten. Wenn er einen in die Mangel genommen hatte, quetschte er ihn aus wie eine Zitrone und holte das letzte bisschen Wissen heraus, das er finden konnte. Melden brauchte man sich bei ihm nicht. Er suchte sich seine Opfer selber. Dafür vergab er aber auch wirklich faire und meist gute Noten, denn es wurden ja zwangsläufig alle beteiligt und irgendwelche sinnvollen Unterrichtsbeiträge konnte er aus jedem herauskitzeln.

Ich denke jetzt noch an meinen Lateinlehrer, der ein bisschen verschusselt war und auch mal mit verschiedenen Schuhen oder dem Pullover auf links ankam, und den Sportlehrer, der trotz fortgeschrittenen Alters so kurze Hosen trug, dass man schon fast etwas baumeln sehen konnte, mein Englischlehrer, der ... aber langsam wird es mir auch etwas spät.

Hach, so schwelge ich gerade in Erinnerungen, die vermutlich ziemlich verklärt sind.

Hattet ihr auch solche richtigen Typen, die im Kopf und im Herzen bleiben? Die anderen LehrerInnen und erstaunlicherweise auch meine MitschülerInnen sind mir nach der langen Zeit übrigens völlig egal. Aber diese paar Leute haben mich irgendwie berührt.

Liebe Grüße!

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hallo ,
ich muss immer wieder an einen Lehrer denken , der mir als Kind sehr viel Angst eingeflößt hat#zitter
er war sehr groß , hager und hatte lockige schwarze Haare. dazu trug er eine schwarze Brille , an der ein Brillenglas "blind" war.
wir hatten einen lispelnden Mitschüler in der Klasse und der musste vor jeder Unterrichtsstunde bei ihm ans Pult und 10x den Satz sagen " sie Sonne scheint schön".
bei jedem Lispler gabs mit dem Zeigestock einen Schlag in die Kniekehlen.
uns tat unser Mitschüler so leid , aber wir waren 4. Kl. und niemand hätte sich getraut was zu sagen.
aber 1969 war den Lehrern das Schlagen leider noch erlaubt#kratz

#winke

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Ja, damals......
Einer meiner Mathelehrer hatte mitbekommen, dass jemand einen Judenwitz erzählt hat. Von da an hat er die letzten 7,8 Minuten uns aus dem Tagebuch der Anne Frank vorgelesen. Ständig waren wir in Diskussionen, was mehr nervt, Mathe oder vorlesen. Er war auch sonst nicht so zielsicher. Er erklärte mir im Abschlussjahr, das er meine mathematischen Leistungen für deutlich unterdurchschnittlich hielt und ich mir doch unbedingt und hochwichtig kein Studium mit Mathematik suchen müsse. Ich habe mich dann für Maschinenbau entschieden 🤪.

Ein anderer Mathelehrer stellte sich im Sommer immer gegenüber der Tafel auf und ließ nur Mädchen mit Röcken zur Tafel gehen. Der selbe Lehrer erzählte in Erdkunde gerne vom Nußbaumschrank seiner Tante, der so gut roch. Den kannte jeder Schüler der Schule, also diesen Schrank.

Dann gab es den Biolehrer, der original aussah wie Paul Breitner und die Mädels ihn hemmungslos anschmachteten.

Den Sportlehrer, der alles vorturnte, auch die Bodengymnastik, wo wir danach alle mit offenen Mund dastanden und weit davon entfernt waren es nachzumachen. Sein Spitzname war : Der Elf.

Aber ich glaube, der Blick auf diese Zeit ist mit der Zeit auch ein bisschen rosa geworden....

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:-D " der Elf" wie geil

Ich erinnere mich auch an viele Lehrer.... Nicht unbedingt weil sie so toll waren

Wir hatten eine Mathelehrerin,die machte immer Witze beim Bruchrechnen,dass ein Mädchen unserer Klasse (immer musste dasselbe Mädchen herhalten) viele Teile einer Torte,Schokolade,Pizza essen würde... Schön traurig,dass wir uns als schüler nicht getraut haben da Mal Kontra zu geben.

Ein weiterer Mathelehrer begann den Unterricht stets mit "es ist schon lange losgegangen" und war eher strenger

Unsere italienisch/Deutsch/Klassenlehrerin werde ich auch nie vergessen. Sie war jung und versuchte immer und mit verschiedenen Themen und Methoden bei Laune zu halten(z.b. Vokabeln durchgehen und sich dabei einen Ball zu werfen und auch sonst sämtliche Materialien nutzen und Vokabeltexte und Test mit selbstgezeichneten Figuren auflockerte), sie hat sich auch Mal verkleidet und mit uns Lieder gesungen und gekocht. -sie war sehr engagiert und eine sehr beliebte Lehrerin #verliebt

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Ich finde das mit dem Tagebuch der Anne Frank sehr wichtig und richtig und ziemlich mies, dass die Mehrheit das nur nervig fand. Judenwitze sind kein Spaß und jedem/r sollte klar sein, wessen Geistes Kind man letztlich ist, wenn man solche Hetze verbreitet. Ja, auch dann, wenn man es "doch nicht so gemeint hat". Gerade dann. Toll, dass der Lehrkraft das nicht gleichgültig war.

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Diese Abende kenne ich auch :-D
Ich finde aber dass es diese Typen sehr wohl noch gibt. Auch als Kollegen hat man ein buntes Potpourri an Charakteren. Leider hat sich unsere Gesellschaft im Umgang mit individuellen Persönlichkeiten gewandelt, alles wird negativ gesehen, über alles wird sich beschwert. Da kannst nicht einfach nur nen stressigen Tag haben da wird sich gleich beschwert wenn man mal genervt schnaubt. Und daher verstellen sich eben auch Lehrer so gut es geht weil sie da keine Lust drauf haben.

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Unsere Lehrer (90er) haben nichts gegen Mobbing unternommen und teilweise sogar mitgemacht oder einfach sich eine Kippe angezündet und weggeschaut.
Ein anderer war ein großer Adolf Fan und hat kein Geheimnis daraus gemacht. In seinen Unterricht hatten wir 5 Jahre lang als Thema für Hitler,Juden und KZ aber nicht um zu lernen oder als Mahnmal. Nein,das wurde von entsprechenden Lehrer sogar noch schön geredet. Jede Woche ein Film geschaut und teilweise noch geklatscht als gezeigt wurde,wie Männer in eine Kirche gesperrt wird und diese angezündet.
Mir wird schon wieder ganz anders,wenn ich nur daran denke.

Leider gibt es solche Lehrer auch heute noch.Aber immerhin gibt es inzwischen viele Eltern,die etwas gegen solche Lehrer Unternehmen.
Bei uns hieß es immer,man solle sich nicht anstellen.

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Echt??? Bei uns war es wirklich das Gegenteil. Das hättten die Schüler auch nicht mitgemacht (in den 70-er/Anfang 80-er Jahre). Ich weiss , dass einige sich beim Rektor beschwerten, weil ein Lehrer etwas zu deutlich Reklame für die SPD machte. Und es war nicht die Partei, die das Problem war sondern die Beeinflussung. Eine andere Lehrerin war Mitglied der KPD, die sollte von der Polizei abgeholt werden, was aber Schüler verhinderten. Die hat die Schüler auch nciht beeinflusst. Aber heute wär ich da auch kritisch.

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Negative Beispiele gab es auch, aber nicht viele. Eine ältere Lehrerin (naja vielleicht 40, 45), die Probleme mit Männern hatte und ihre allgemeinen Überlegungen auch bei ihren Schülern dauernd erzählte. Nicht wirklich schlimm, aber unprofessionell. Schlimmer wurde es als ein Junge (16-jähriger) sich in sie verliebte und sie das immer auch noch ermutigte, weil es ihr schmeichelte. Während der Junge dann von einigen Mädchen getröstet werden musste, weil sie natürlich kein ernsthaftes Interesse an ihm hatte.

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Hallo!
Oh, als ich meinen Beitrag verfasst habe, hatte ich ganz andere Erinnerungen im Kopf als ihr. Die Personen, von denen ich berichtet habe, sind mir teils trotz, teils wegen ihrer Eigenarten positiv in Erinnerung geblieben. Eure Schilderungen lesen sich ja furchtbar. Zwei Negativbeispiele sind mir auch noch in Erinnerung. Wir hatten einen Biolehrer und eine Pädagogiklehrerin, von denen ich jetzt retrospektiv vermute, dass sie psychisch krank waren, da ich mir ihr Verhalten nicht anders erklären kann. Da wurde 45 Minuten lang gebrüllt, es flogen Kreide, Schwämme, Bücher und Kugelschreiber durch die Luft. Es ist mir im Nachhinein unbegreiflich, dass da nichts unternommen wurde. Erstaunlicherweise habe ich diese beiden ziemlich aus meinen Gedanken verdrängt.

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Leider habe ich keinen einzigen Lehrer,den ich positiv in Erinnerung habe.
Meine Schwester und mein Schwager gingen auf die selbe Schule.
Sie sagen auch,da ist kein Lehrer,wo man lächeln kann/muss und sagt:"Das waren tolle Zeiten! " oder "von dem habe ich was gelernt"

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Ich werde nie vergessen - wir hatten mal einen Vertetungslehrer, der uns wirklich überrascht hat. Wir bekamen ein Papier mit einem Liebesgedicht. Und dann fragte er: Was ist das? Das ist eine Liebeserklärung, ein Liebesgedicht? Glaub ich nicht, kannst du das beweisen??? Dann mussten wir das beweisen. Gute Idee. Da lernt man wirklich zu argumentieren. Fand ich gut.

Unser Kunstlehrer war ein verrückter Typ. Er hatte eine Ziege zu Hause im Garten. Ich hatte ihn auch mal in Philosophie, leider früh morgens. Ich sass direkt neben ihm, weil alle Tische in einem Viereck standen. So merkte er nicht, dass ich schlief. Leider meinte er aber ein bisschen Drama machen zu müssen und plötzlich viel lauter zu sprechen. :-p Da bin ich aufgewacht.

Unser Deutschlehrer hatte einen speziellen Humor. Z.B. "mach den Schrank zu, es zieht. " Oder als meine Freundin ihre Hausaufgabe nicht gemacht hatte, ihm stattdessen eine Tüte Bonbons hinhielt und fragte, ob er eins wollte. "aber mindestens fünf!"

Eine meiner Lehrerinnen ist seit der Schulzeit meine Extra-Mama, wir haben immer noch Kontakt.

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Weiß nicht, was an deinen genannten Lehrertypen irgendwie gut sein soll

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"gut sein soll"

Es geht nicht um Qualität.

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Hallo Liemnel,
so ein schöner Text! Du hast mich richtig mitgenommen (vielleicht, weil ich an einer Schule arbeite) Ich habe mich spontan gefragt, was meine Schüler später wohl über mich sagen. Hoffentlich mehr als: " Ach, die Frau S., die hat ja immer nur von ihrer Katze geredet..."#schein #rofl

Einen schönen Tag,
Lexa

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Ich als Kind der 90‘er. Ich fand auch die meisten Lehrer der Grundschule toll. Die Realschule: naja, 50/50. Es gab ganz tolle, z.B.Klassenlehrer der 9+10. aber es gab auch richtig ätzende …. bevorteilten Schüler die gut waren & schrieben grundsätzlich unangekündigte HÜ‘s als nur 50% der Klasse das Thema verstanden hatte. Hier hagelten es 5-6‘er. Ich war eine davon 🙄