Ältere Arbeitslose die keinen Job finden

Hallo,

ich habe unter focus.de einen interessanten Beitrag entdeckt. Es geht genauer gesagt um die Alterdiskrimmierung bei arbeitslosen Bewerbern ab 50+. In dem Beitrag seht, dass arbeitslose Bewerber ab 50+ nicht mehr zu leicht einen Arbeitsplatz finden.

Hier der Link dazu http://www.focus.de/finanzen/news/arbeitsmarkt/tid-18431/arbeitslose-keine-chance-ueber-50_aid_513205.html

Was sind eure Meinungen oder Gründe dazu? Bin gespannt auf eure Antworten.

LG
knutschbacke

1

Ich bin inzwischen Fallmanagerin in einem 50+-Projekt für ALG II-Bezieher und es ist tatsächlich so, dass es für die "Generation 50 +" ungleich schwerer ist, einen Job zu finden. Ich denke aber nicht, dass es nur allein an den Arbeitgebern liegt, denn viele Arbeitgeber sind schon bereit, auch "Älteren" eine Chance zu geben. Allerdings "passen" diese Älteren nicht mehr so gut ins System, nennen wir es mal so.

Gut qualifizierte 50pluser finden eigentlich immer noch mal eine Nische, eine Alternative, in der sie tätig sein können. Das Gros der Langzeitarbeitslosen ist aber oft gering qualifiziert und/oder hat jahrzehntelang nur in Produktion, Lager, eben als so genannte Hilfsarbeiter gearbeitet.

Und da kommen nun mehrere Probleme zusammen: Der Markt für gering qualifizierte Arbeitskräfte wird immer dünner, schon für die Jungen. Hinzu kommt, dass viele 50pluser körperlich mehr oder weniger stark eingeschränkt sind. Oft sind sie gar nicht so eingeschränkt, wie sie selbst es empfinden, aber in der Arbeitslosigkeit ist der Mensch offenbar so auf sich selbst zurück geworfen, dass jedes Zipperlein regelrecht gepflegt und auch überbewertet wird. Manche sind auch einfach wirklich nicht mehr fit, können nicht mehr schwer heben, haben Probleme mit den Gelenken. Und sie tun sich schwerer damit, neue Dinge zu lernen, bruachen länger, bis sie eingearbeitet sind. Ist einfach so, man lernt schlechter, je älter man wird und man lernt schlechter, je länger man keine Nahrung für den Kopf hatte, keine Herausforderung.

Last not least "macht" Arbeitslosigkeit auch etwas mit den Menschen, erst recht mit denen dieser Generation, die noch mit einem anderen "Ehrbegriff" in Sachen Arbeit und Lebensunterhalt selbst verdienen aufgewachsen sind. Es geht recht schnell, dass man in der Arbeitslosigkeit vereinsamt, weil man sich zurückzieht; dass die Tage plötzlich dröge dahinplätschern, ohne Struktur und ohne dass man etwas sinnvolles getan hätte. Dies führt zu schlechter Stimmung, Depressionen. Und so weiter und so fort. Oft kommt Suchtmittelabhängigkeit dazu, traumatische Erfahrungen, psychische Erkrankungen.

Wir gehen im Moment mit einem anderen Ansatz ran (google mal "Impuls 50plus"), möchten die Menschen auch abseits der Arbeitsvermittlung raus holen aus der Isolation, sie für ehrenamtliche Tätigkeit interessieren oder für Projekte von Kunden für Kunden zum Beispiel. Neue Wege gehen eben, denn mit allerlei Maßnahmen hier und da und dort muss man diesen Kunden wirklich nicht mehr kommen. In der Hinsicht sind sie "durchtherapiert"... Aber sie müssen aktiv werden, wieder rein in die Mitte der Gesellschaft. Der Mensch ist ein soziales Wesen und soziales Miteinander gibt Lebensmut. Wir hoffen, dass dieser Lebensmut sich dann auch auf die Stellensuche auswirkt, denn wer frohen Mutes ist, kommt besser an. Unser Ziel ist weiterhin Arbeit, aber wie gesagt, auf anderem Weg.

Ich habe übrigens in meiner Beschreibung bewusst mal den alten Sozialhilfeadel ausgeklammert. Bei diesen Menschen ist es wirklich sehr sehr schwer, noch irgendetwas zu bewegen. Wobei da auch viele darunter sind, die ein beschütztes Arbeiten im Rahmen eines Ein-Euro-Job zum Beispiel, ganz gut finden und das auch prima machen. Auf dem ersten Arbeitsmarkt sehe ich viele von diesen Menschen aber nicht mehr.

Gruß
kwd

7

Hallo kwd,

danke für deinen Beitrag #pro Was mir aufgefallen ist, dass sich die ältere Generation eine feste Meinung hat und sich nicht so leicht auf Neues einlässt. Nochmals danke für deinen Beitrag.

LG
knutschbacke

2

Hallo,

ich kann den Werdegang meiner Mutter mal kurz beschreiben:

Mit 14 (sie ist 1954 geboren) Lehre in einem Juwelierfachgeschäft. Bis auf ein Jahr in der sie mich geboren und betreut hat, ständig in einem Angestelltenverhältnis.

Dann Umzug in eine neue Stadt und auch dort relativ schnell einen - wenn damals auch nur Teilzeit-Job. Passte ihr aber auch ganz gut, da sie noch einige weitere Verpflichtungen bzgl. eines Hauses und Schwiegereltern (Pflege) hatte.

Tja, irgendwann konnte der Arbeitgeber sie leider nicht mehr beschäftigen (Insolvent) und sie wurde arbeitslos.
Sie hat sich zwar ständig beworben, aber was vernünftiges ist nicht dabei rumgekommen.

Entweder hatte sie nicht genug Erfahrung (ja, ist klar, bei gut 35 Jahren Berufserfahrungen und etlichen Lehrgängen und Zusatzqualifikationen - 3 Wochen nach ihrer Absage stand übrigens ein ca 20-jähriges blondes Mädel hinterm Tresen, die meiner Mutter einen Weissgoldring inkl. Brilli als einen Silberring inkl. Zirkonia verkaufen wollte ;-) - soviel dazu) oder aber sie passte nicht ins Ladenkonzept (nicht schön, aber immerhin ehrlich).

Nun, wie auch immer. Sie hat jetzt einen Job auf 400-Euro-Basis gefunden, der ihr wirklich Spass macht. Sie fährt für einen Fahrdienst, der behinderte Menschen von zu Hause abholt und in die Schulen/Behindertenwerkstätten/ zur Arbeit fährt.

Das macht sie absolut gerne und sie geht darin wirklich auf. Sie fährt z.B. ein Mädel, das immer gerne mal Zicken macht (will nicht zur Arbeit, nicht anschnallen usw). Daher muss das Mädchen alleine gefahren werden. Bislang sind alle Fahrer und Betreuungspersonen nach kurzer Zeit abgesprungen, wenn sie sie fahren mussten. Nicht so meine Mutter (meine Tante ist die Betreuungsperson für unterwegs): sie fährt sie schon seit Anfang an und Yvonne (so heisst das Mädchen) zickt schon viel weniger rum als noch zu Anfang.


Ich hoffe, dass meine Mutter noch lange sicher Autofahren kann, so dass sie diesen Job noch lange ausüben kann. Es macht ihr Spass und sie fühlt sich noch nicht "überflüssig".
Klar, Sicherheit geht vor. Wenn es von ihrer Gesundheit her (sie ist jetzt 56) nicht mehr geht, würde sie sofort aufhören und den Autoschlüssel an den Nagel hängen. Aber bis dahin hat sie hoffentlich noch lange Spass an dem Job.

Gruß
Sandra

3

Huhu,
das freut mich riesig für Deine Mama, dass sie jetzt glücklich ist.
Das ist die Hauptsache. Da hilft die viel Gld nicht, wenn die Arbeit eine große Last ist.
lg Lapi

4

Hallo,

ja es macht ihr wirklich viel Spass.

Es ist jetzt wohl auch im Gespräch, dass sie mehrere Touren übernehmen soll und dafür dann eine Festanstellung bekommt #huepf

Aber ob dazu kommt, wird sich noch zeigen.
Ich wünsche es ihr natürlich #pro

Lieben Gruß
Sandra

weiteren Kommentar laden
5

Meine Mutter kurz vor der Rente, darf für 1,50 Euro arbeiten gehen. Sie tut es gern!!! Wie hört meine Mutter ständig, für uns sind sie überqualifiziert, da müssten wir so viel Lohn zahlen, das können wir gar nicht machen. Meine Mutter bekommt nicht mal als Putzfrau nen Job. Ja die älteren Arbeitslosen werden teilweise benachteiligt!!!

8

Ich kann das mal aus der Sicht des Arbeitgebers schildern:
Ältere Mitarbeiter machen Sinn, wenn Erfahrung gefragt ist, gerade bei qualifizierten Stellen.

Allerdings sind ältere Arbeitnehmer auch teurer, haben Aspruch auf längeren Urlaub und haben oft ihre eingefahrene Arbeitsweise, die sie nicht an die Gegebenheiten des Betriebs anpassen wollen.

9

Wieso hat ein aelterer Arbeitnehmer mehr Anspruch auf Urlaub? Das kommt doch auf die Beschaeftigungsdauer an und nicht aufs Lebensalter?

10

Ältere Arbeitnehmer sind halt in der Praxis entweder schon viele Jahre bei einem selber, oder von ihren früheren Arbeitgebern her längere Urlaubszeiten gewohnt und wollen sich dann nicht mit einem kürzeren Urlaub abfinden bei einem neuen AG.

weitere Kommentare laden
12

Es ist tatsächlich schwer für ältere Personen, die entweder länger arbeitslos waren oder vielleicht schon gesundheitlich angeschlagen, einen Job zu finden.
Vorallem einen solchen um sich zu ernähren.
Da ist es auch ziemlich egal was du einmal gelernt hast oder ob du sogar Matura hast denn man ist einfach "zu alt" ( hat meine Mama übrigens schon mit 33 gehört ).
Mein Papa ist von der Arbeitslosigkeit ( hat immer gearbeitet ) direkt in die Pension und meine Mutter versucht in Arbeitsunfähigkeitspension zu kommen da sie körperlich nichts mehr machen kann ( Hände geben nach, Schultern Athritis und Kalkablagerungen, Zucker, Kniegelenke kaputt und bereis öfter operiert ).
Niemand nimmt sie wenn sie sich vorstellt.