BUCHTIPP

Vorsicht Bildschirm

Wenn Kinder viel vor Bildschirm-Medien sitzen, bleibt wenig Spielraum für andere, die Entwicklung ganzheitlich fördernde Freizeitbeschäftigungen – ein wissenschaftlich fundiertes Buch erklärt die Gefahren.

Autor: Prof. Manfred Spitzer

Warnung vor jeder Art Bildschirm

Vorsicht Bildschirm

Buchtipp

von Mehr Zeit für Kinder e.V.

Aufmerksamkeits- Sprach-, Lese- und Schreibstörungen; zunehmende Gewalt in der Gesellschaft; Übergewicht und 40.000 Tote jährlich aufgrund falscher Lebensgewohnheiten allein in Deutschland – das ist nach Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer die langfristig drohende Bilanz, wenn Kinder heute zu lange und zu oft vor dem Bildschirm verbringen. Spitzer ist Ärztlicher Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik und Leiter des Transferzentrums für Neurowissenschaften und Lernen in Ulm. "Vorsicht Bildschirm!" heißt sein kürzlich erschienenes Buch. Mit ihm will er dazu beitragen, die negativen Folgen übermäßigen Bildschirmkonsums zumindest abzuschwächen.

Warnung vor jeder Art Bildschirm

Vor dem Hintergrund neuer Erkenntnisse aus der Gehirnforschung warnt der 46-jährige Wissenschaftler, selbst Familienvater, vor jeder Art Bildschirm: Fernseher, Computer oder Gameboy. Eine umfassende Kenntnis von Studien aus den USA und europäischen Ländern, aber auch eigene wissenschaftliche Erkenntnisse und Beobachtungen fundieren seine Ausführungen. Zahlreiche Beispiele, Grafiken und Vergleiche zeigen, warum Eltern auf das Wieviel und das Was achten sollten, wenn ihre Sprösslinge vor dem Bildschirm sitzen. "Mit dem Fernsehen ist es wie mit Beton: Es kommt darauf an, was man draus macht", fasst Spitzer seine Erkenntnisse und die vieler Kollegen auch anderer wissenschaftlicher Disziplinen zusammen.

Trampelpfade im Gehirn

Was ein Kind selbst durch spielerische Beschäftigung, durch Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten erfährt, hinterlässt deutliche Spuren in seinem Gehirn: Je mehr Erfahrungen es macht, desto mehr und tiefere Spuren bilden sich aus. "Trampelpfade" nennt Prof. Spitzer sie bildhaft. Einmal vorhandene Spuren ermöglichen, dass neue Informationen leichter verarbeitet werden und erhöhen Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit der Informationsverarbeitung im Gehirn. Selbst gemachte Erfahrungen erleichtern und fördern das Lernen.

Zitate aus 'Vorsicht Bildschirm!'

  • Bildschirme können noch so bunt sein, das Bild ist flach und der Inhalt verglichen mit der Wirklichkeit arm, riecht nicht, schmeckt nicht und lässt sich nicht anfassen.
  • Verbringen Vorschulkinder mehr als zwei Stunden täglich vor elektronischen Bildschirm-Medien, dann erhöht sich ihr relatives Risiko, übergewichtig zu werden, um 70%.
  • Wer sich bereits im Kindergarten das Fernsehen erst gar nicht angewöhnt oder zumindest teilweise wieder abgewöhnt, der wird länger leben, glücklicher leben und in der Schule weniger Probleme haben.
  • Vielseher sind nicht nur schlechter im Lesen, sondern lernen zudem langsamer hinzu als Wenigseher.
  • Je länger die Gelenke überhöhte Lasten zu tragen haben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass krankhafte (und vor allem schmerzhafte) Veränderungen in Erscheinung treten. Die Frau, die nach den Wechseljahren aufgrund geringeren Energieverbrauchs (aber gleicher Essgewohnheiten) zunimmt, hat vielleicht Glück und erlebt ihre Arthrose nicht mehr. Diese Hoffnung kann das dicke Mädchen, das vier bis fünf Stunden täglich vor dem Bildschirm sitzt, nicht hegen.
  • Auf dem Weg von der Kindheit ins Erwachsenenleben muss zum einen das Gehirn heranreifen, und es müssen die richtigen Erfahrungen gemacht werden, damit sich die richtigen Repräsentationen ausbilden können. Nur dann wird der herangewachsene Mensch in der Lage sein, sich angemessen in der Welt zu verhalten.
  • Unsere Zukunft liegt in ökonomischer und sozialer Hinsicht in den Gehirnen der nächsten Generation. Wir haben keinen anderen Rohstoff für Wachstum, und es gibt keine andere Grundlage für Einstellungen und Werte. Wir können es uns nicht leisten, diesen Rohstoff in der Weise zu verschwenden, wie wir dies in der Vergangenheit getan haben.

Hier können Sie das Buch bestellen: Prof. Manfred Spitzer, Vorsicht Bildschirm – Elektronische Medien, Gehirnentwicklung, Gesundheit und Gesellschaft. Transfer ins Leben Bd.1 XVI, 304 Seiten, 70 Abbildungen, 16,95 €, Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart 2005

(Quelle, Text und Foto: Mehr Zeit für Kinder/Heidi Velten)