Mir ist in jungen Jahren was passiert was ich nicht einschätzen kann

Hallo miteinander im Nachgang zu meiner Therapie die ich letztes Jahr beendet habe kamen doch noch paar Sachen hoch die ich für mich noch aufarbeiten möchte und dazu gehört eine Situation die ich nicht einschätzen kann. Ich möchte obwohl ich es nicht kann eine Triggerwarnung voranschicken und würde das Ganze jetzt versuchen so objektiv wie möglich zu schildern und ihr sagt mir vielleicht eure Einschätzung dazu?

Ich war noch recht jung, Anfang/Mitte 20, das Ganze spielte sich ab in den Frühphasen vom Internet, ich war da in einem Forum aktiv zu einem Hobby, was damals von vielen geteilt worden ist da ergaben sich unter anderem auch Treffen, und ein reger Austausch.

Ich kam dann in Kontakt mit einem etwa gleichaltrigen Studenten, aus diversen Gründen lebte ich damals recht isoliert und zurückgezogen und war in diesem Forum aktiver als in der realen Welt... Nun bei dem Studenten war es so, dass wir uns erst Mails hin- und herschrieben und irgendwann ging es in stundenlange Telefonate über, das ging monatelang so und nahm irgendwann auch flirtige Züge an. Ich war was so Online/Telefonatgeschichten angeht noch sehr naiv, jung und unerfahren und habe über das Ganze auch Gefühle aufgebaut. Wir haben uns sehr viel aus unserem Leben erzählt, waren beide Singles und manche unserer Telefonate waren schon sehr nah am Telefonsex, wobei das eher von ihm ausging, ich war viel zu schüchtern für sowas.

Irgendwann ging es in Richtung Verabredung/Treffen, allerdings waren wir beide finanziell nicht so gut aufgestellt und er wohnte auch noch 500km von mir entfernt. Vor dem Treffen wollte ich aber ein paarmal abgeklärt wissen, dass das jetzt nicht nur eine Sexnummer wird sondern Kennenlernen. Leider stimmten die Bedingungen dafür auch hinten und vorne nicht, wie gesagt bin ich da sehr naiv an die Sache herangegangen, er wohnte im Studentenwohnheim, ich hatte kein Geld für Pension oder ähnliches, mir gerade mal das Geld für das Zugticket zusammenkratzen können. Deswegen fiel und fällt es mir bis heute sehr schwer darüber zu sprechen. Letztlich wusste ich ja auch, so alt war ich dann ja doch schon, dass sowas echt riskant sein kann. Ebenso wie dann dahin zu fahren mit dem Zug, es gab noch mehrere Verspätungen und ich war erst gegen 23 Uhr am Bahnhof bei ihm am Wohnort.

Wir fuhren dann mit dem Auto zu seinem Zimmer im Studentenwohnheim und er hat mir bereits während der Fahrt seine Hand zwischen die Beine geschoben, was mir unangenehm war, ich sagte das würde mir zu schnell gehen und er solle das bitte lassen. Eigentlich war ich ab da schon fast wie erstarrt und habe mir überlegt, was ich jetzt machen soll und wohin ich sonst gehen sollte. Ich bin dann mit zu ihm auf sein Zimmer, ich will jetzt keine Details wiedergeben, es ging alles sehr schnell und ich habe mehrfach gesagt ich will das nicht und nein. Als es hell wurde und er schlief habe ich mich rausgeschlichen und bin abgehauen. An die nächsten Wochen erinnere ich mich kaum noch. Ich weiß noch, dass er sich bei mir entschuldigt hat per Mail, danach hatten wir keinen Kontakt mehr ich war dann auch nie wieder in diesem Forum gewesen.

Es soll keine Ausrede sein oder so, aber ab dem Moment im Auto war ich wie ferngesteuert und vor allem ratlos und auf seinem Zimmer dann ging ich alle möglichen Szenarien durch und verwarf sie alle und habe außer nein sagen nichts zu Stande gebracht. Jahrelang habe ich mich für die Sache geschämt und habe auch mit niemandem so wirklich darüber geredet, weil ich ja schließlich dahingefahren bin und wir vorher diesen Austausch hatten, ich habe mir selbst immerzu vorgeworfen, was hast du denn erwartet was passiert.

Um mich selbst zu sortieren und weil ich in letzter Zeit immer wieder Alpträume von diesem Vorfall habe bitte ich jetzt um euer Feedback.

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Hallo,


es ist gut das du versuchst dich über diese Situation auszutauschen.

Du scheibst umschreibst sehr was damals passiert ist. So wie es sich für mich liest möchte ich in diese Situation einen Missbrauch oder eine Nötigung hineindeuten. Ob ich damit richtig liege weiß ich nicht.

Du wolltest das was passiert ist nicht und hast mehrfach nein gesagt. Du warst in der Situation gefangen. Das kommt leider öfter in Grenzsituationen vor und du konntest dich dadurch nicht mehr der Situation entziehen.

Du brachst dich dafür nicht über dich schämen. Die Situation hat dich einfach überrollt.

Wenn du möchtest können wir uns gern über VK austauschen. Ich denke bei dir kann mehr sein was raus möchte.


Viele Grüße

blaue-Rose

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Danke für dein Angebot mich auszutauschen, ich denk darüber nach für mich war das hier schon ein sehr großer Schritt...

Ja vielleicht fehlt da noch was, es kam in der Nacht zu sexuellen Handlungen die nicht wollte, ich habe mehrfach nein gesagt aber ich habe mich auch nicht gewehrt und habe das eher geschehen lassen. In meinem Kopf liefen die ganzen Zeit solche Fragen wie ob ich nicht raus soll und jemanden um Unterstützung bitten aber ich wusste nicht wie ich mich erklären soll, dann war es auch noch nachts und ich hatte Angst in einer fremden Stadt herumzulaufen, mehr Angst als auf dem Zimmer zu sein, ich kann das alles gar nicht wirklich beschreiben was in meinem Kopf alles vorging. Außerdem habe ich mich unheimlich geschämt in dieser Situation zu sein und ein Gedanke war dann auch, da musst du jetzt durch...

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Du kannst wenn du möchtest jederzeit auf mein Angebot zurückkommen. Ich weiß das es ein sehr großer Schritt für dich war. Ein Schritt der viel Mut, Kraft und Überwindung gekostet hat.

Es ist auch okay das du nicht alles geschrieben hast was in der Nacht vorgefallen ist. Es reicht auch nur den groben Rahmen zu erwähnen.

Ich glaube dir, das du nicht wusstet wie du dich dieser Situation entziehen konntest. Es kommt ja auch viel zusammen. Es war in der Nacht und in einer fremden Stadt in der du außer ihn niemand kanntest. Selbst wenn du gehen wolltest konnte es sein das dein Körper wie starr war und du nicht gehen konntest. Dann wusstet du nicht wie er reagiert wenn du Gegenwehr geleistet hättest und selbst wenn du dort raus gekommen wärst, wäre es nicht sicher das dir draußen auch wer geholfen hätte.

Das sind alles Dinge die dir bestimmt in der Situation durch den Kopf gegangen sind. Dann kommt die die große Scham dazu sich damit jemand anzuvertrauen.

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Es tut mir leid was dir passiert ist.
Vermutlich ist es zu lange her und eine Anzeige würde wahrscheinlich nichts mehr bringen. Es stünde Aussage gegen Aussage. Ohne Beweise.
Du hast mehrmals nein gesagt und er hat weiter gebracht. Das ist auf jeden Fall Mißbrauch/Vergewaltigung.
Nicht selten verfallen Opfer in die Schockstarre. Aber es es gibt Anlaufstellen für dich um das aufzuarbeiten.
Nimm diese Möglichkeit in Anspruch.
Schämen musst du dich bestimmt nicht.

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Danke für deine Einschätzung... Nein um eine Anzeige würde es mir auch gar nicht mehr gehen. Es geht mir tatsächlich darum das für mich einzuordnen und im nächsten Schritt (endlich mal) darüber sprechen zu können. In meiner letzten Therapie war das kein Thema weil das inhaltlich gar nicht bei mir da war. Die Erinnerungen an den Vorfall kamen erst in den letzten Monaten hoch nach meiner Therapie.
Aber vielleicht habe ich auch einfahc nur nicht darüber reden können und es deswegen so weit von mir weggeschoben wie nur möglich. Wie gesagt ist das immer noch schambesetzt und ich mache mir immer noch Vorhaltungen, auch wenn ich ein bisschen besser jetzt verstehen kann wie es überhaupt dazu gekommen ist. Danke für eure Antworten die helfen mir wirklich sehr

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Ohne Beweise ja nicht- er hat der TE eine Mail geschickt und sich entschuldigt...

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Hallo,
was dir passiert ist, ist für mich ganz klar eine Vergewaltigung.
Ja, du bist naiv mitgegangen, hast ihm blauäugig vertraut, aber trotzdem hat er dich gegen deinen Willen zum Sex gezwungen. Wenn du ihn angezeigt hättest, wäre er auch verurteilt worden.
Suche jetzt nicht die Schuld bei dir, er ist das Schwein, er hat deine Naivität ausgenutzt. Schade, dass du ihn nicht angezeigt hast. Möglicherweise bist du nicht die einzige Frau, die er so schamlos vergewaltigt hat, ein echt mieser Typ.
Ich kann verstehen, dass dich diese Sache immer noch belastet und möchte dir raten, nimm Hilfe in Anspruch. Geh zu einer Psychologin. Du musst lernen, dass die Schuld bei ihm liegt und nicht bei dir, und dass du dich nicht schämen musst für SEIN Verbrechen. Ich weiß nicht, wo die Verjährungsfrist bei Vergewaltigung liegt, vielleicht kannst du ihn sogar noch anzeigen. Natürlich ist es nach längerer Zeit schwer, ihm noch eine Schuld zuzuweisen, aber zumindest müsste er sich einem unangenehmen Verhör mit der Polizei aussetzen. Überlege es dir, verdient hätte er es allemal!
Und lass dir helfen, friss es nicht länger in dich hinein.
Wünsche dir noch alles Gute#herzlich

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Das ist wirklich schlimm, was dir passiert ist.

Nein heißt nein und auch wenn es schwer ist, sich das einzugestehen - das war eine Vergewaltigung. Auch wenn sicher weder er noch du das in dieser Situation so bewusst wahrgenommen habt.

Du hast aber mehrfach gesagt, dass du das nicht möchtest und trotzdem hat er weiter gemacht. Das ist schlimm! Im Schock kann man nicht unbedingt um sich schlagen und sich so wehren, wie man es sich wünscht. Aber eigtl sollte das ja auch nicht nötig sein! Denn nein heißt nein!

Trotzdem gibt man sich selbst vllt auch die Schuld. Du hättest dich mehr wehren müssen, er meinte es sicher nicht so. Aber Fakt ist: nein heißt nein, du hast mehrfach gesagt, du möchtest das alles nicht. Er hat es nicht respektiert. Das ist dann de facto eine Vergewaltigung.

Wie du damit jetzt am besten umgehst? Keine Ahnung. Vllt solltest du noch mal mit deiner Therapeutin sprechen. Vllt hilft es schon, dass du die Situation klar benennen kannst und dir sicher sein kannst, dass nichts daran peinlich oder deine eigene Schuld ist!

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Hi,
das war ganz klar eine Vergewaltigung. Und er ist das Schwein!
Ich wünsche dir ganz viel Kraft bei der Verarbeitung der Sache, die ja jetzt offensichtlich irgendwie verarbeitet werden möchte, wenn sie dich jetzt in deinen Träumen plagt.
Alles Gute!

vlg tina

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Ich bin da zwar nicht so bewandert, würde dir aber empfehlen, dich über die Angebote vom Weißen Ring und Wildwasser zu informieren. Das sollen gute erste Anlaufstellen sein, die dann mit vielem weiterhelfen und Wege aufzeigen.

Alles Gute!

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Nein heißt nein. Du bist vergewaltigt worden.

Klar, ist man hinter immer schlauer, wärst du nicht hingefahren, hätte er keine Gelegenheit gehabt. Das ist aber für die Schuldfrage völlig egal. Denn mit dem Nein, war klar, dass du es nicht willst. Wenn er ein nicht ganz so mieses Schwein gewesen wäre, hätte er dich dann einfach vor die Tür gesetzt. Wenn er vernünftig gewesen wäre, hätte er dich gar nicht erst kommen lassen.

Bitte nimm dir die Zeit, das alles zu verarbeiten, wo es jetzt aufgewühlt ist und suche die Schuld nicht bei dir. Nur weil du jung und naiv warst, hast du nicht verdient, was dir passiert ist. Es gibt auch keinen Grund sich zu schämen und du hättest nicht dies oder das tun müssen. Er hätte dein Nein akzeptiert müssen Punkt!

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Es tut mir so leid dass die das passiert bist und du bist sehr stark darüber zusprechen.

Ich kann mich den vorherigen Meinungen nur anschließen. Nein heißt nein! Selbst schweigen ist keine Zustimmung per se!

Ganz wichtig: dich trifft keine Schuld. Egal was du gemacht hast oder nicht gemacht hast. Die Schuld hat er, nicht du.

Viel Kraft für die Zukunft und alles gute!!