Schwiegermutter mal anders sehr lang!

Mensch, da fängt der Tag ja gut an.

Vorweg:
E. ist 83, die beste SM der Welt, ich bin ihr so dankbar und liebe sie sehr!
Sie hat stark Osteoporose, alle Lendenwirbel waren mal gebrochen, dadurch natürlich eine schiefe Schonhaltung, dadurch resultierend oft Probleme in den Gelenken.... Schmerztropfen nimmt sie schon länger.
Inkontinenz durch Gebärmuttersenkung, nach der TotalOP wurde das nur minimal besser - also Einlagen, Inkontinenztampon, ständig beim FA deswegen (ich hab sie immer gefahren).
Zum ersten Lockdown merkten wir geistige Defizite - Wortfindungsstörungen, damit fing es an.
Irgendwann kam sie panisch rüber (wohnen nebeneinander), da ist ein Fremder, der spioniert da rum! Nach ein paar Tagen haben wir begriffen, sie redet von ihrem Mann H.
Es wurde immer deutlicher, dass was ist. Termin in der Neurologie bekamen wir zu spät, sie verweigerte unter Tränen die Tests (die halten mich für dumm!).
Wusste beim anschließenden Arztgespräch relevante Dinge nimmer (wo sie wohnt, wieviele Kinder sie hat, mit wem sie zusammenlebt....).
Ein schleichender Prozess mit Schüben, die Inkontinenz weitete sich aus zum Stuhlgang.
Ein PD wurde von beiden verweigert (keine Fremden im Haus!!!), sie hatte recht schnell PS 3 bewilligt.
Mehrfache Stürze ohne Folgen.
Er versorgte sie alleine kocht, putzt, wäscht, wäscht sie, wirklich absolut vorbildlich.

Im Januar ein weiterer Sturz, Oberschenkelbruch. Krankenhaus, OP. Und die Lüge an SV meinerseits, dass sie nur nach Hause statt in ein Heim entlassen wird, wenn mind. 2x täglich ein PD kommt.
Die Kröte hat er gsd geschluckt.... und jetzt froh drüber.
Sie hat jetzt PS5, ist komplett bettlägerig.
Wir füttern, tränken, waschen und wickeln sie, ziehen sie um, komplett wie ein hilfloses Baby.
Und sie bekommt trotz dem Alzheimer alles mit was um sie rum vor sich geht. Wenn es ihr nicht behagt, hat sie die Augen zu und spielt toter Mann.
Sitze ich nur neben ihr und streichle sie und erzähle, sind die Augen auf und sie hört aufmerksam zu und reagiert. Wenn ich sag ich hab dich lieb, dann lächelt sie.

Und jetzt aktuell:

E. verweigert jetzt essen, d.h. Medis bekommst oral nimmer rein. Gestern hab ich ungelogen 30 Minuten gebraucht um ihr Apfelmus mit Medis drin reinzulöffeln, der Mund ging nicht auf. Und dann hat sie alles (3 TL!) in der Backentasche gehamstert statt zu schlucken 

Beim Doc angerufen, er sagte dann: Nun, es ist ja eh palliativ inzwischen. Also alles absetzen, ausser die Tropfen am Abend, aber die gehen in Apfelsaft gut, trinken tut sie.
Und Schmerzpflaster bekommt due jetzt (Ventanyl).

H. war grad am Telefon ehrlich erleichtert, dass er ihr nix mehr reinzwingen muss.

Und das nächste, der PD ist gerade unterbesetzt, und die haben nen Ersatz geschickt. Der junge Mann hatte keine Ahnung, was zu tun ist! H. sagte, der braucht heute mittag nicht kommen, das macht er lieber selber.
Mein Mann ist im HO, da kann er helfen.

Beim PD angerufen hab ich, und das so gesagt: Wenn sie niemand haben der schon da war, dann sollen sie niemand schicken. Der jedenfalls braucht nimmer kommen, sagt H.

Die klären das jetzt intern ab und rufen mich dann an.

Sie liegt inzwischen fast komplett in Embryonalhaltung, nur das rechte Bein ist leicht gestreckt.
Wickeln und waschen gestaltet sich zusehends schwieriger, weil sie die Oberschenkel zusammenpresst - ich hebe mit einer Hand das Fleisch am Oberschenkel an, um dazwischen rein zu kommen, hilft ja alles nix wenn sie da wund wird oder wieder nen Pilz bekommt. Der PD macht das eher nicht, da wird halt mal drübergewischt wie es geht (ich weiß dass die unheimlich Stress haben und alles, aber Intimbereich gehört einfach ordentlich gesäubert, sorry!). Zumal die morgens tatsächlich nur dafür kommen, alles andere machen wir selber.

Ich wünsche ihr wirklich, dass sie einfach einschläft und nimmer aufwacht. Einen schmerzfreien Tod.
Die Morphin Pflaster ermöglichen das hoffentlich.

Ich danke fürs lesen, und das ausheulen dürfen. Meine 13jährige nimmt das natürlich auch sehr mit, Oma hat sie ja mit großgezogen. Das belastet mich zusätzlich, das Kind aufzufangen. Meinem Mann geht es wie mir, momentan versuchen wir uns Beide gegenseitig zu stützen.

In Grau, weil ich hier nach wie vor nicht als ich schreiben kann - der Name wird bereits von einem anderen Mitglied verwendet 😄

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Oje, es ist hart dabei zuzuschauen, es ist eine harte Zeit für euch alle. Ihr macht das super, auch wenn sie es nicht mehr äußern kann...das Geschenk, welches sie von ihrer Familie bekommt, das ist das größte was ein Mensch sich nur wünschen kann. Zu Hause im gewohnten Umfeld sterben dürfen. Ihr seid wunderbar und ihr leistet wunderbares. Ich finde das muß man heutztage einfach aussprechen, denn es ist schon lange nicht mehr selbstverständlich, das man im Kreis seiner Lieben sein Leben zuende bringen darf.

Auch ich rate dir, nach einem mobilen Hospizdienst zu suchen, wir haben da sehr gute Erfahrungen mit gemacht....viel gemacht haben sie eigentlich nicht, aber sie waren für uns Pflegende eine wahnsinnige Stütze.
Sie hat das Essen eingestellt, ich denke du hast dieses Zeichen richtig verstanden und kennst ihre Wünsche diesbezüglich.
Das schwierigste ist, das man sich jetzt zurücknimmt, loslässt. Alles was noch vor ein paar Wochen wichtig war ist es jetzt nicht mehr. Das Waschen zB hat jetzt mittlerweile eher einen symbolischen Wert, mehr nicht mehr. Es geht jetzt noch um leidensmindernde Maßnahmen.
Hat sie einen Port? Ich denke nicht, sonst müsste sie sich nicht mit den Medikamenten abquälen. Sprich noch mal mit dem Hausarzt, ich denke einige ihrer gewohnten Dauermedikamente können jetzt abgesetzt werden, der Fokus liegt alleine auf der Schmerzlinderung. Morphium gibt es auch als kleine Ampullen zum Schlucken, damit kann hochdosieren, seid großzügig damit.
Was meine Mutter damals noch gut angenommen hat, das waren Mundpflegestäbchen, die Feuchtigkeit tat wohl im Mund gut. Versucht auch nicht mehr ein Gebiss einzusetzen. Die hießen damals "Lemon Sticks", ich weiß den Preis nicht mehr, aber die Apotheken kenne sich da aus.
Du hast egschrieben, das sie noch Apfelsaft trinkt. Nimmt sie auch pures Wasser oä ohne Fruchtsäure an? Der Saft kann die Haut sehr reizen.

Meine Nichte war damals im selben Alter, wie deine Tochter jetzt. Ja, es war hart für sie, die Oma so zu erleben. Ich hatte aber die Kraft sie da mit durchzuziehen, sie wollte immer helfen, immer etwas für Oma machen. Ich kam dann auf die Idee, das sie Oma doch aus ihrer Lieblingszeitung vorlesen könnte. So hatte sie eine Aufgabe, auch wenn meine Mutter es nicht mehr wirklich mitbekam. Sie hat ihr täglich vorgelesen, oft auch aus einem Buch was sie selber gerade las. Sie sagt mir heute, das diese Hilflosigkeit ihr so zugesetzt hatte, nicht die Tatsache das ihre geliebte Oma bald stirbt. Sie wollte auch gebraucht werden, wie wir.

Bearbeitet von Butterstulle
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Danke dir.
Die Medis sind jetzt, nach Rücksprache mit dem Hausarzt, alle weg. Morphin bekommt sie über Pflaster, schlucken mag (oder kann?) sie nimmer.

Den Hospizdienst rufe ich nachher an und lasse mich mal beraten.

Unsere Tochter könnte tatsächlich einfach vorlesen, das ist eine gute Idee! E. wird zwar nicht wirklich verstehen worum es geht, aber die Stimm hören, und dass sie nicht alleine ist.

Pures Wasser geht nicht, da verzieht sie das Gesicht. Sie war schon immer ein süßer Zahn. Kleine Stücke Schoki oder sehr süsses Apfelmus oder sehr reife Banane oder Joghurt mit viel Marmelade. Das geht noch, nicht immer, aber oft ein bisschen.
Deswegen muss das trinken süß sein.

70

Oh, ich verstehe....natürlich, dann soll sie weiterhin das bekommen, was sie mag....immer mochte. Meine Mama war auch so ein süßer Zahn, zum Ende hin liebte sie gekochten Schokopudding, süßen Grießbrei und Milchreis...den haben wir püriert, genau wie Pfannkuchen oder Zuckerkuchen. Es ging ja schon gar nicht mehr um die Menge.

Ich wünsche euch allen viel Kraft für die nächste Zeit.

7

Einer der schlimmsten Phasen überhaupt, einfach nur zusehen und 'nichts' machen können.

Ich wünsche der Schwiegermutter einen friedlichen und vor allem schmerzfreien Lebensabend und euch viel Kraft!

1

Sehr schade, dass das mit dem PD nicht so gut läuft, wünsche euch, dass die eine gute Lösung finden und euch zumindest bei der Pflege entlasten können. Ihr macht das ganz toll, so lebt man Familie. Alles Gute und viel Kraft für die kommende Zeit 🍀

2

Das mit dem PD war nur heute so extrem, morgen kommt wer anders, das ist geklärt, und alles sehr freundlich und ohne Vorwurf oder so meinerseits, er bedankte sich sogar für das nette Gespräch.
Mit dem Intimbereich, nunja.... ich mache es abends immer gründlich, dann ist tagsüber nicht sooo schlimm.
Nur, wenn ich mal ausfalle wird es blöd.

3

„Wir füttern, tränken, waschen und wickeln sie, ziehen sie um, komplett wie ein hilfloses Baby“


Bitte hör auf wickeln oder füttern zu sagen! Das macht man bei Erwachsenen nicht! Man reicht essen an und wechselt das inkontinenzmaterial.

Für dich wirkt sie wie ein Baby! Ist sie aber nicht. Es ist dennoch ein erwachsener Mensch

Bearbeitet von schlefi
5

Himmelherrgott, ich bin keine Pflegefachkraft, sondern Laie und behandele sie auch nicht wie ein hilfloses etwas! Sie ist meine geliebte Schwiegermutter, und ich erhalte ihr die Würde wie ich nur kann! Woher soll ich bitte wissen wie was in Pflegesprache heißt?!
Und krieche selber auf dem Zahnfleisch daher inzwischen.

Und du hängst dich hier an Worten auf.... Empathie war gerade aus?

10

Ich hänge mich nicht an Worten auf, sondern habe es dir erklärt

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„Der PD macht das eher nicht, da wird halt mal drübergewischt wie es geht (ich weiß dass die unheimlich Stress haben und alles, aber Intimbereich gehört einfach ordentlich gesäubert, sorry!“

Die Pflege kann niemanden zwingen! Sonst wäre es Gewalt in der Pflege!
Wenn jemand etwas ablehnt dann ist das so. Dann macht man nur soweit wie man kommt.

Absolut richtiges Verhalten

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Wow. Irgendjemand gibt es wohl immer. Glückwunsch, den Pokal hast diesmal du gewonnen.

9

Warum?

Es ist nun mal so das es Gewalt in der Pflege ist , wenn jemand etwas ablehnt.

Da nützt es auch nichts wenn ein Angehöriger meint, das muss aber so gemacht werden.

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Ach Skala,
ich habe im ERE immer schon bewundert wie liebevoll du von deiner Schwiegermutter sprichst und mit ihr umgehst.

Du kümmerst dich ja schon lange um sie.
Gerade die „Gespräche“ tuen euch bestimmt beiden gut.

Ich wünsche dir viel Kraft für die nächste Zeit! Und pass auch auf dich auf 🫂

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Ich danke dir. Magst du mir einen Tipp geben, wer du bist?

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Du wirst mich nicht kennen 🙈😄
Ich lese schon lange mit (auch im alten ERE schon), bin aber erst seit ca. einem Jahr aktiver beim Schreiben.
Ich habe auch keine Excel-Tabelle 😉, aber deine Art zu schreiben hat mich berührt und blieb deshalb hängen.
Vielleicht magst ja mal wieder vorbei schauen 😉

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Meine Mama hat ebenfalls Alzheimer. Allerdings ist sie körperlich noch fit. Wir haben uns nach 2 Jahren der häuslichen Pflege für ein auf Demenz spezialisiertes Pflegeheim entschieden,mein Papa konnte nicht mehr, und ich war aufgrund der Pflegeverpflichtung neben Kindern und Berufstätigkeit auch am Limit. Denn ja, ich kenne das: trotz Pflegedienst ist man immer noch involviert, sie schaffen einfach nicht alles in den engen Zeitfenstern.
Übrigens: das Heim war in unserem Fall völlig umsonst das Schreckgespenst. Sie wird dort so liebevoll umsorgt und vor allem gefördert und gefordert durch das Zusammenleben mit anderen Erkrankten - das könnten wir zuhause in diesem Umfang nicht leisten. Sie ist dort nochmal aufgeblüht und sehr zufrieden.
Bei euch ist es palliativ - unser Pflegeheim nimmt zB auch Palliativpatienten um sie auf dem letzten Weg zu begleiten. Oder eventuell kommt auch ein Hospiz infrage?
Ich verstehe, dass euer Wunsch ist, sie zuhause zu behalten, aber vielleicht wäre das für euch alle der bessere Weg.
Gerade im Hinblick auf (hygienische) Versorgung und Schmerzmedikation - und auch, damit ihr mal wieder etwas zur Ruhe kommt.
Ich jedenfalls würde mir wünschen, sollte ich jemals betroffen sein, dass meine Angehörigen diesen Weg gehen,bevor sie sich aufreiben.

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Es war immer ihr Wunsch, zuhause zu sterben. Und es geht gerade so schnell.... von mitte Jänner bis jetzt so rapide. Ein Heim, egal welches, wäre nur noch für kurze Zeit. Das packen wir noch.

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Dann wünsche ich euch für die bevorstehende Zeit viel Kraft! Und wenn es geschafft ist, investiert unbedingt in eure Erholung! Pflege von Angehörigen ist, insbesondere emotional, ein enormer Kraftakt. Wie sehr, das wurde mir erst bewusst, als meine Mutti schon einige Monate im Pflegeheim war und ich mental zur Ruhe kam. Alles Gute für Euch!

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Ich wünsche euch ganz viel Kraft für diese Zeit, und das was kommen wird.

Vergesst dabei euch selbst nicht. #herzlich Ich habe schon oft mitbekommen wie Angehörige ausschließlich nur auf den "Patienten“ geschaut haben. Sie haben vergessen selbst etwas zu essen usw. Achtet auch gut auf euch.

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Ich möchte dir einfach sagen wie bewundernswert ich finde, was du tust. Deine Taten sind mit Mitgefühl getränkt und deine Worte sind liebevoll ohne pathetisch zu wirken (meine wahrscheinlich schon).

Mein jüngerer Bruder (39) ist durch MS zum Pflegefall geworden. Inzwischen kann er weder laufen, noch sitzen, ist inkontinent und kann nur noch mit Mühe selbstständig trinken und essen. Die letzten Monate ging es rapide Berg ab. Vor 3 Wochen musste er für mehrere Tage ins Krankenhaus, als wir ihn zurück bekommen haben, hatte er eine große offene Stelle am Rücken. Niemand hat sich wirklich gekümmert, man hätte keine Zeit gehabt ihn zu drehen, zu waschen etc. Er muss jetzt wieder ins Krankenhaus, da alles, was versucht wurde, um die Wunde zum heilen zu bekommen, nicht gewirkt hat und sie größer wird.

Ich finde es toll, wie du unterstützt, auf eine Weise wie ich es nicht könnte. Er wohnt in meinem Haus (völlig unentgeltlich- keine Miete oder Nebenkosten), Einkaufen oder mit ihm sprechen/ Zeit verbringen. Das sind Dinge, die ich geben kann. Pflege ist etwas, was ich nicht leisten kann. Deshalb ist es mir wichtig, dir zu sagen, wie bemerkenswert ich finde, was du täglich leistest.

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Was DU leistet, ust beeindruckend! Ich drück dich mal, unbekannterweise.

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Danke für deine Worte und viel Kraft für dich. Ähnlich wie manch andere hier, denke ich, dass sie (durch Essensverweigerung) bald ihre letzte Reise antreten wird. Bei meiner Oma waren es ab diesem Zeitpunkt noch 3 Wochen.

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