Smileys für gutes Verhalten?

Belohnungssysteme: So motivieren sie Kinder

Punkte und kleine Prämien sollen Kinder belohnen, wenn sie ihr Zimmer aufräumen, die Hausaufgaben machen oder Zähne putzen. Wann Belohnung funktioniert, und wann nicht!

Autor: Gabriele Möller

Vorfreude aktiviert ein Glückshormon

Belohnung

Ein Kind erhält ein Fünf Euro Schein zur Belohnung

Foto: © iStock, KurKestutis

Die Idee ist einfach: Wenn ein Kind für ein bestimmtes Verhalten ein Sternchen bekommt, und für zehn Sterne ein kleines Geschenk, wird es sich Mühe geben, dieses Ziel auch zu erreichen. Tatsächlich aktiviert bereits die Aussicht auf Belohnung im Gehirn den Botenstoff Dopamin, ein "Glückshormon". Es löst das schöne Gefühl der Vorfreude aus, sagen Wissenschaftler, und dieses stärke auch die Motivation. Doch Verstärkerpläne, wie Belohnungssysteme auch genannt werden, können unerwünschte Nebenwirkungen haben, weshalb du einige Dinge beachten solltest:

Keine Belohnung für die Hausaufgaben

Wenn Eltern selbstverständliche Tätigkeiten wie das Erledigen der Hausaufgaben, das Zähneputzen, oder das Abräumen des eigenen Tellers belohnen, entwickelt der Nachwuchs schnell eine "Was kriege ich dafür?"-Haltung: Er macht kaum noch etwas aus eigenem Antrieb. Studien zeigten zudem: Bei Kindern, die für alles und jedes belohnt werden, verliert die Belohnung bald ihren Reiz. Die Eltern müssen sich ständig neue Dinge ausdenken, um die Motivation aufrecht zu erhalten.

Sternchen für die "Kür", nicht für die "Pflicht"!

Es sollte - um es sportlich auszudrücken - eher die Kür belohnt werden, als die Pflicht: wenn ein Kind also auch in den Ferien Rechnen übt oder wenn es eine aufwändigere Aufgabe übernimmt, wie das Fegen der Garage oder das Ausräumen der Spülmaschine. Aber auch Dinge, die Kinder leicht vergessen, können mit "Tokens" (= Punkten, Sternen, Stempeln etc.) gewürdigt werden: "Kommt das Kind nach Hause, soll seine Schuhe ins Regal stellen und die Jacke aufhängen, dann könnte man das mit einem Belohnungssystem begleiten", erklärt Katja Seide, Sonderpädagogin, Bloggerin und dreifache Mutter aus Berlin.

Eltern müssen also abwägen, was tatsächlich eine Belohnung wert ist, und was nicht. Zwar mag das Aufräumen des Kinderzimmers theoretisch eine Selbstverständlichkeit sein. In Wirklichkeit braucht es schon eine Menge Selbstüberwindung, ein Chaos aus gefühlten 1000 Legosteinen zu beseitigen. Auch das kann also "punktewürdig" sein. Generell gilt aber: Möchte man ein Punktesystem verwenden, "sollte man es sehr spärlich einsetzen und die Belohnungen klein halten. Ist das Verhalten eingeschliffen, sollte man die Belohnungen ausschleichen", rät Katja Seide.

Wann Belohnungssysteme nicht funktionieren

Vielleicht möchtest du ein Sternchensystem ausprobieren, damit dein Kind aufs Töpfchen geht, sich besser benimmt, bei den Mahlzeiten mehr isst oder bessere Schulnoten bekommt. Doch hier können Smileys und Co. wenig helfen, sagen Experten. Wann ein Kind zuverlässig sauber ist, hängt zum Beispiel sehr von der Reife bestimmter Hirnareale ab. "Soll das Kind aber lernen, regelmäßig nach dem Toilettengang zu spülen und sich dann die Hände zu waschen, könnten Belohnungen greifen", erklärt Sonderpädagogin Seide.

Bei problematischen Essern sind Sternchen ebenfalls ungeeignet. Denn werden sie fürs Essen extra belohnt, verlieren sie noch mehr das Gefühl dafür, dass Essen etwas Selbstverständliches und Genussvolles ist. Auch in Sachen Schulnoten ist Zurückhaltung angesagt: Schlechte Noten beruhen oft auf Verstehensproblemen, und auch die Aussicht auf Belohnung macht knifflige Aufgaben nicht einfacher. Hier ist konkrete Hilfe wichtiger.

Hilft Sternchensystem gegen schlechtes Benehmen?

Wenn ein Kind sich schlecht benimmt, müssen Eltern gut abwägen, ob ein Punktesystem geeignet ist. "Haut, kratzt oder spuckt es zum Beispiel, ist es sinnlos, dieses Verhalten durch Belohnungen verändern zu wollen. Denn es ist nur ein Symptom dafür, dass es ein tiefergehendes Problem hat", betont Seide. "Es fühlt sich vielleicht ungeliebt, hat zu wenig Aufmerksamkeit der Eltern, oder wird im Kindergarten geärgert." Manipuliere man mithilfe von Belohnungen an dem Symptom herum, könne es zwar vorübergehend verschwinden. "Das Kind wird aber wieder damit anfangen, um auf seine Not aufmerksam zu machen."

Anders kann die Sache liegen, wenn Sohn oder Tochter vielleicht im Unterricht viel hineinreden oder gern mit den Tischnachbarn schwätzen: Wenn Lehrer und Eltern hier keine tiefer gehenden Ursachen vermuten, können Sternchen manchmal unterstützen: Für jeden einigermaßen störungsfreien Vormittag gibt es von der Lehrerin einen Aufkleber, und für zehn davon eine Belohnung von den Eltern.

Bei Schlafproblemen sind Belohnungen fast immer ungeeignet. "Schreit ein Kind abends beim Einschlafen nach den Eltern, oder kommt in der Nacht regelmäßig ins Elternbett, dann liegt das daran, dass es Angst hat, bzw. sein Bindungsverhalten aktiviert wurde", erklärt Erziehungsexpertin Seide. Wolle man hier mit einem Belohnungssystem gegensteuern, komme beim Kind die Aussage an: "Wenn du deine Angst nicht mehr verbalisierst, bekommst du ein Geschenk."

Tokensysteme: welches ist geeignet?

Möchten Eltern und Kind ein Tokensystem probieren, ist es nicht wichtig, ob sie Punkte, Stempel oder Sticker wählen. Entscheidend ist, dass positives Verhalten belohnt, negatives aber nicht bestraft wird, etwa durch Wegnehmen von Punkten. Denn das frustriert, zerstört die Motivation und beschädigt vor allem die vertrauensvolle Beziehung zu den Eltern oder auch Lehrern.

Das Kind darf außerdem nicht mehr zu klein sein. "Es muss mindestens schon einmal das gewünschte Verhalten gezeigt haben, also körperlich und psychisch in der Lage sein, es auszuführen", betont Seide. Es sei außerdem entscheidend, dass das Kind dem Belohnungssystem zustimme, denn "ein Kind, das etwas partout nicht möchte, wird sich auch durch glitzernde Sternchen nicht dazu verleiten lassen."

Je jünger das Kind, mit desto weniger Punkten sollte die Belohnung erreichbar sein. Denn kleine Kinder sind Kurzstreckenläufer in Sachen Motivation. Beliebt ist bei ihnen vor allem Greifbares, wie eine Prämien-Box, aus der sie sich etwas aussuchen dürfen: ein Jojo, eine Muschel, eine kleine Limo-Flasche, ein Waschhandschuh in Tierform, ein Sandförmchen, ein Kaleidoskop, eine Kuckuckspfeife, eine Muh-Dose, ein Stehaufmännchen. Aber auch das Lieblingseis in der Eisdiele oder ein Mal freie Auswahl beim Bäcker.

Erlebnis-Belohnungen - bei älteren Kindern hoch im Kurs

Kinder ab dem Grundschulalter können schon etwas weiter in die Zukunft schauen und mehr Punkte ansparen. Für sie eignen sich besonders gut Erlebnis-Belohnungen: eine halbe Stunde geführtes Ponyreiten auf dem Bauernhof, ein Besuch im Zoo, auf der Cart-Bahn, im heißgeliebten Schnellrestaurant, im Experimentier-Museum, im Freizeitpark, im Kasperle-Theater oder Kino. Oder auch einfach: an einem frei gewählten Tag mitten in der Woche richtig lange aufbleiben zu dürfen.

Manchmal ist es dabei für ein jüngeres Geschwisterkind schwierig, wenn das ältere Kind eine Belohnung erhält. Vielleicht ist es selbst noch zu klein für ein Tokensystem. Möchte es nun auch Smileys haben, können Eltern ihm hier und da Stempel für kleine Handreichungen geben, sowie eine Belohnung, die beim älteren Kind keinen Neid auslöst (Sammelfigur, Tier-Aufkleber). Als Erlebnis-Belohnungen für das ältere Kind können Eltern wiederum Unternehmungen vorschlagen, die für das jüngere Kind sowieso noch nicht in Frage kämen (Kino, Cart-Bahn), um Neidgefühlen vorzubeugen.