Die Einsamkeit der Mütter
Das Baby braucht fast nichts zum Glück, als liebevoll umsorgt zu werden. Doch als Mutter kann man sich in dieser Zweisamkeit ganz schön einsam fühlen.
Wenn das Baby der einzige "Gesprächspartner" ist
Vielleicht kennst du das auch: Nach einem halben Tag Babysprache kann schon der Plausch mit dem Postboten zu einer geistigen Herausforderung werden. Kein Wunder, denn der Partner ist beim Job, die Verwandten wohnen nicht um die Ecke, und die Freunde von früher haben wenig Zeit. "Mein Kleiner ist zehn Monate alt, und ich fühle mich so einsam. Ich bin jeden Tag mit meinem Baby allein. Die Familie wohnt weit weg, so wie auch die Freunde. Ich habe niemanden zum Reden", beschreibt eine unserer Userinnen dieses Gefühl. Ein Gefühl, das unsere Urgroßmütter so nicht kannten. Denn sie waren so gut wie nie allein: Großeltern und andere Verwandte lebten entweder im selben Haus oder in der Nachbarschaft, man half einander, und nur selten zog man aus der Heimatstadt weg.
Das Zweier-Team aus Mutter und Kind ist also ein recht neues Modell. Und obwohl es tagsüber in den meisten Familien die Regel ist, scheint es vielen Müttern nicht wirklich gut zu tun. Natürlich können sich auch Väter einsam fühlen. Zwar nehmen 80 Prozent der Papas, die eine Elternzeit nutzen, diese nur für die Mindestzeit von zwei Monaten. Wenn du aber einer der Väter bist, die den Langstrecken-Part der Elternzeit selbst übernehmen, darfst auch du dich angesprochen fühlen.
Allein mit der Verantwortung fürs Neugeborene
Die Einsamkeit mit Baby kann viele Gesichter haben. Ganz frischgebackenen Mamas zeigt sie sich gern als kleiner Schreck: wenn ihnen klar wird, dass sie die meiste Zeit ganz allein für das winzige Menschlein verantwortlich sind. "Als unser Kind geboren wurde, hatte mein Mann Urlaub", erinnert sich Christina aus Wuppertal. "An dem Morgen, als er wieder zur Arbeit musste, ahnte ich plötzlich, was eine Panik-Attacke ist! Mir wurde schlagartig klar: Jetzt bin ich ganz allein verantwortlich für unser noch so winziges Baby!" Was Christina jetzt half: "Eine 'Standleitung' zu meiner Mutter, und in jeder Mittagspause ein Telefonat mit meinem Mann, zur 'Lagebesprechung' in Sachen Baby."
"Mutter sein ist doch nicht alles!"
Ein Glück, dass sich die anfängliche Unsicherheit im Baby-Alltag bald auflöst! Das Wickeln klappt fast im Schlaf, eine wunde Stelle an Babys Po löst keine Aufregung mehr aus, und der Säugling hat einen einigermaßen festen Tagesrhythmus entwickelt. Einerseits ist diese innige Zeit mit dem Baby etwas Wunderschönes. Zugleich kann es in dieser fast symbiotischen Bindung auch ganz schön einsam werden. Denn eine Mutter hat andere emotionale Bedürfnisse als ein Baby: "Ich fühl' mich so allein mit der Maus. Ich liebe mein Kind über alles. Aber ich fühle mich so an sie gekettet und unselbständig", postet eine urbia-Userin dazu. Ihr Fazit: "Mutter sein ist doch nicht alles!"
Vielen Müttern ist es zu Hause auch einfach zu still: "Meine Tochter schlief, ich hatte schon die Wohnung geputzt und saß nun auf dem Sofa und las. So ging das jeden Tag. Aber ich bin ein geselliger Mensch, mir war das zu wenig!" erzählt Jana aus Leverkusen. Ihr Rettungsanker: Sie gründete eine Krabbelgruppe. Und seit ihre Tochter abgestillt ist, bringt sie sie öfters zur Oma und engagiert sich bei einer Hilfsorganisation. "Ich bin viel ausgefüllter als 'nur' mit dem Baby!" sagt die gelernte Erzieherin.
Das Gefühl, mit allem allein gelassen zu sein
Vielleicht aber fühlst du dich eher allein gelassen, als allein? Diese Spielform der Einsamkeit beschreiben unsere Userinnen so: "Wir bauen ein Haus, und ich bin eigentlich ständig allein. Erst jetzt weiß ich, was es heißt, so müde zu sein, dass man kaum noch aus den Augen schauen kann. Seit Juli stille ich stündlich in der Nacht", oder auch so: "Unsere Verwandten wohnen weit weg. Mein Mann kommt nur am Wochenende heim. Somit bin ich während der Woche Einzelkämpferin mit meinen beiden Söhnen. Da gerate ich an mein Limit."
Eine schnelle Lösung gibt es meist nicht, wenn frau zu wenig Unterstützung hat. Es hilft, die eigenen Ansprüche zurückzuschrauben: Ein Haushalt mit Baby muss nicht klinisch rein sein! Entlastend ist es auch, sich einfach mal in unserem Forum auszusprechen und zu erleben: Es geht nicht nur mir so! Andere Userinnen können trösten oder auch erzählen, was ihnen selbst durch stressige Phasen geholfen hat.
Das hilft gegen die Einsamkeit mit Kind
"Geh' doch einfach mal wieder unter Leute!" Vielleicht hast auch du diesen gut gemeinten Rat schon gehört. Doch das ist gar nicht so einfach, wenn keine hilfreichen Großeltern in der Nähe wohnen oder du dein Kind vielleicht noch gar nicht abgeben möchtest. Sowieso ist es oft nicht leicht, die alten Freundschaften zu pflegen, vor allem wenn die Freunde selbst noch keine Kinder haben. Was du aber machen kannst, wenn dir zu Hause die Decke auf den Kopf fällt: Aktivitäten ausprobieren, bei denen dein Baby oder Kleinkind dabei sein kann:
- Sport mit Baby
Dein Baby darf mit ins Lady-Fitness-Studio, zum Mama-Baby-Fitnesskurs und zum Outdoor Workout mit Baby und Buggy, wie sie in vielen Städten angeboten werden. Außerdem gibt es Yoga- oder Pilates-Kurse speziell für Mütter mit Babys. Veranstalter sind Fitness-Studios und andere kommerzielle Anbieter sowie Hebammenpraxen (Yoga, Pilates). - Ehrenamt mit Kind - gemeinsam statt einsam
Du kannst dich ehrenamtlich engagieren, auch mit Kind. Der Paritätische, die Freiwilligen-Zentren der Caritas oder die "Känguru"-Projekte der Diakonie suchen Frauen, die überlastete Familien, Alleinerziehende oder auch Flüchtlinge unterstützen: beim Ausfüllen von Anträgen helfen, ihnen mal das Baby abnehmen oder mit dem älteren Kind spielen.
Auch mit Kind möglich sind Besuche bei alten Leuten in der Gemeinde oder im Altenheim, vermittelt z. B. vom Besuchsdienst des DRK oder ASB. Die meisten Senioren tauen schnell auf, wenn ein kleines Kind dabei ist. Aber auch der Großeinkauf wird geselliger, wenn man eine alte Nachbarin mitnimmt, die kein Auto hat. - Andere Mütter mit Babys treffen
Vielleicht glaubst du, in Müttertreffs oder Krabbelgruppen würde nur über volle Windeln und Kochrezepte gesprochen? Aber dieses Vorurteil trifft oft nicht zu. Jede Gruppe ist anders, und meist findet man eine, die zur eigenen Wellenlänge passt. Angeboten werden sie von Familienbildungsstätten, Nachbarschaftsheimen, Kirchengemeinden und dem Kinderschutzbund. - Selbst eine Krabbelgruppe gründen
Gibt es kein Angebot in der Nähe, kannst du auch selbst eine Krabbelgruppe ins Leben rufen - über einen Aushang im Gemeindezentrum, in der Bäckerei, am Schwarzen Brett der Stadtteil-Bücherei oder der Kita. Auch durch Gründung eines urbia-Clubs kannst du Mütter aus deiner Gegend finden. Getroffen wird sich reihum zu Hause, oft stellt aber auch die Kirchengemeinde einen Raum zur Verfügung. - Mama und Baby gemeinsam aktiv
Ist dir reine Geselligkeit zu wenig, sind Mitmach-Angebote ideal, wie Pikler-, DELFI- oder PEKIP-Gruppen, Babygymnastik oder -massage, Musikkurse für Babys und Babyschwimmen. Mit einem Kleinkind kannst du Wassergewöhnungkurse, Eltern-Kind-Turnen, Kurse im Singen und Tanzen für Kleinkinder sowie Bewegungskurse besuchen. Veranstalter: Schwimmbäder, die VHS, Häuser der Familie oder Familienbildungsstätten sowie Sportvereine, aber auch kommerzielle Anbieter. - Neue Freundinnen finden
Wenn deine früheren Freunde weit weg wohnen oder berufstätig sind, kannst du über unsere Rubrik "Mitgliedersuche" eine Freundin finden, die auch gerade in der Babypause ist und in deiner Nähe wohnt. Hier hat sich schon manch schöne Freundschaft ergeben!