Bestatter und unangebrachtes Verhalten

Hallo

Wir haben im September unseren Sohn gehen lassen müssen, es war eine Stillgeburt( 40+0). Unser Jonathan war perfekt, gesund und stark, das hat ihn aber nicht schützen können vor plötzlichen Kindstod im Mutterleib.
Ich würde gerne erzählen wie die Bestattung/ Beerdigung ablief und fragen ob diese normal ablief oder ob wir durch unsere Gefühllage überempfindlich reagieren.

Ich entschuldige mich jetzt schon über die Länge des Textes und seiner Formulierung. Ich bin noch immer sehr aufgewühlt und verarbeite das Geschehen.

Wir hatten keine persönlichen Erfahrungen mit der Planung einer Beerdigung und wollten uns auch nicht durch Verwandtschaft/Freunde helfen lassen, da wir es als letzten Akt als Eltern gesehen haben.

Vorab hat mein Mann beim Bestatter angerufen und den Sterbefall erklärt und ein Termin ausgemacht.

Dort angekommen wurden wir nicht unfreundlich aber auch nicht mit Mitgefühl/ Anteilsnahme begrüßt.

Erster Punkt den er ansprach war die Bezahlung, da die Kühlung im Leichenhaus/Krankenhaus pro Tag abgerechnet wird und er bei der Abholung diesen Betrag bezahlen muss und wir sollen den Betrag direkt ausgleichen. Wir meinten dann das unser Sohn nicht im Leichenhaus liegt sondern im Kreißsaal und das er dort bleiben kann bis wir uns entschieden haben was für eine Bestattung wir haben wollten. Diese Antwort reichte dem Bestatter nicht und er rief beim Krankenhaus an und teilte uns dann mit das keine Gebühr anfällt.

Als nächstes fragte er uns welchen Friedhof/Grab wir uns vorstellen. Wir kamen vorbereitet und wussten welchen Friedhof wir wollten, da er ein schönen Kinderabteil hat. Diesen kreuzte er dann beim Formular zur "Grab Bestellung" an. Mein Mann war skeptisch und hat nachgefragt ob das auf wirklich reicht und ob es dafür keine spezielles Grabart gibt, die angegeben werden muss. Seine Antwort "Er weiß nicht genau aber das müsste reichen". Das hat uns nicht gereicht und er musste beim Amt anrufen, es stellte sich raus er muss eine spezielle Angabe für ein Kindergrab angeben.
Er war total unvorbereitet obwohl wir ihn schon telefonisch informiert haben.

Nächster Punkt war der Sarg, einfacher Kiefersarg für Kinder, mehr Auswahl hat er nicht. Ich wollte ihn schon vorab sehen um vorbereitet zusein. Als der Bestatter den Sarg vor uns abgestellt hat, war unsere erste Reaktion das der Sarg zu klein ist. Er meinte es wäre eine Standardgröße und alle Neugeborene "reinpassen". Wir meinten unser Sohn wäre groß (56 cm, 3900g) und dieser Sarg wäre definitiv zu klein. Unsere Meinung hat er wieder einfach abgewimmelt und wir haben darauf vertraut das er die Erfahrung hat. Einige Stunden später ruft er uns an und teilt uns mit das er den Leichnam abgeholt hat und der Sarg wirklich zu klein ist, er würde ein größeren bestellen und betonte es würde uns nichts extra kosten. Mein Mann war total wütend auf ihn, es war sein Fehler aber er stellte sich wie ein großzügigen Wohltäter dar.

Nach diesen drei Punkte war ich schon total fertig, es war für mich eine schwere Geburt und ich hatte mehrere Geburtsverletztungen. In keinem Moment hat es dem Bestatter interessiert wie es uns geht. Mein Mann hat wie verrückt nach Tempos in unseren Taschen gesucht, da der Bestatter es nicht für nötig hielt welche uns anzubieten. Irgendwann bin ich einfach aufgestanden weil ich eine Pause brauchte, ohne mit der Wimper zu zucken hat er weiter gemacht. Mein Mann fragte dann nach ein Glas Wasser für mich und wurde angeguckt als würde er nach Champagner fragen.

Wir haben unseren kleinen Mann im Krankenhaus zum Abschied nochmal umgezogen. Für die Beerdigung hatten wir dann nochmal andere Kleidung mitgebracht. Der Bestatter sagte dann "Ist die Kleidung nicht zu groß? Er hätte ein schönes Leichenhemd für Neugeborene ".
Ich meinte zu ihm "Ich will das unser Sohn in normaler Kleidung beerdigt wird".
Wir hatten auch ein passendes Mulltuch, was dem Bestatter auch missfiel, "sein Weißes würde besser passen", was wir auch verneinten. Danach meinte er es wäre eh kein Platz für das Mulltuch im Sarg.
Er hat sich wie ein Verkäufer verhalten.

Als nächstes mussten wir den Antrag für die Sterbeurkunde unterschreiben. Beim durchlesen fiel mir auf das wir den Antrag schon vom Krankenhaus bekommen hatten, den wir schon ausgefüllt und weitergeleitet hatten. Der Bestatter meinte" Nicht schlimm dann kriegen sie es zweimal " übersetzt "ich kann es als Beschaffung der Geburtsurkunde/Sterbeurkunde abrechnen".
Eigentlich hat er für uns nur zwei Anträge stellen müssen
1. Grabantrag: hätte er falsch gemacht, hätten wir nicht Fragen gestellt
2. Sterbeurkunde: haben wir schon selber beantragt
Sein Service ( Aufnahmen der Daten, Behördengänge, Beratung usw.) hat 387, 00 Euro gekostet. Ich weiß nicht wie er auf diese Summe kommt.

Insgesamt hat uns die Beerdigung fast 2000 Euro gekostet. Wir mussten, nach unterschreiben des Vertrag, sofort bezahlen, Bar oder mit Karte.

Bei der Beerdigung begrüßte der Bestatter uns mit den Worten " Sind sie vollständig?". Im Nachhinein ist uns aufgefallen das er nicht einmal sein Beileid ausgesprochen hat. Wir waren für ihn nur Kunden, die er abwickeln und Geld rausschlagen konnte.

Zum Schluss sagte der Bestatter wir könnten in den nächsten Tage die Sterbeurkunde abholen. Einige Tage nach der Beerdigung rief mein Mann an und fragte nach den Unterlagen und die Kleidung von Jonathan. Die Unterlagen wären da, die Kleidung die Jonathan an hatte, hat er mit den Sarg gelegt. Wir hatten nicht geklärt was mit der Kleidung passiert aber hatten damit gerechnet das wir gefragt werden. Ohne Absprache hat er eine der wenigen Erinnerungsstücke, die wir von unserem Kind hatten, genommen.

Im Nachhinein schäme ich mich dafür diesen Mann mein kleinen Jungen anvertraut zuhaben. Ich hoffe das er ihn mit Respekt behandelt hat.

Ich weiß nicht was ich erwartet von diesem Post aber mir geht es schon besser diese Erfahrung in Worte gefasst zuhaben.

Danke

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Mir fehlen die Worte! Euer Verlust ist so unfassbar traurig. Was ich vom Bestatter halte sage ich lieber nicht, sonst werde ich gesperrt.

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Deiner Schilderung nach klingt der Bestatter schon unprofessionell / inkompetent, da stimme ich dir absolut zu, was man allerdings nicht erwarten kann, ist Mitgefühl, Beileid und ähnliches. Das erwarte ich von einem Bestatter auch nicht, sondern er soll professionell seinen Job machen.

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Die Aufgabe eines Bestatters ist auch die eines Seelsorgers. Er ist kein reiner Verkäufer oder sollte es nicht sein.

Ich arbeite in einem Hospiz und kann dir sagen, dass es ganz wunderbare BestatterInnen gibt. Es gibt BestatterInnen, sie sich z.B. auf die Bestattung von Kinder spezialisiert haben.
Ein guter Bestatter lässt viel Raum für Selbstgestaltung und Mitbestimmung. Dazu gehört sehr wohl ein hohes Maß an Mitgefühl (nicht Mitleid) und Sensibilität.

Als mein Mann Zuhause starb, suchte ich mir einen der Lieblingsbestattater aus und der machte es ganz wundervoll.
"Ich werden ihn nicht abholen, sondern möchte, dass Sie mir Ihren Mann übergeben, wenn für Sie der richtige Zeitpunkt gekommen ist!"

Sein Unternehmen (und auch viele andere) kommen nicht mehr mit den mittlerweile üblichen Lieferwagen zur Abholung, sondern mit einem Leichenwagen, der offensichtlich ein Leichenwagen ist. Denn dieses Bild gehört in den Alltag und "Wir liefern ja nix, wir holen jemanden ab!"

All DAS ist professionell. Bezahlen muss man die trotzdem, aber alles, was ich rund um die Bestattung meines Mannes erlebte, war jeden Cent wert.

Der genannte Bestatter in dem Bericht oben, war nicht nur unprofessionell, sondern schlicht gierig.

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Natürlich spricht ein Bestatter sein Beileid aus und Empathie kann man von ihm auch erwarten! Sonst hat er den Beruf verfehlt!

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Hallo du,

beim Lesen deines Berichts schossen mir Tränen der Trauer, aber auch der Wut in die Augen. Mir fehlen selten die Worte, aber da habe ich heftig schlucken müssen.

Wie kann man nur so kalt, empathie- und respektlos mit Trauernden umgehen, offenbar nur von Profitgier gesteuert agieren und dabei auch noch jegliche Professionalität vermissen lassen?

Es tut mir sehr leid, dass ihr diese schlimme Erfahrung machen musstet und so unsensibel und unprofessionell durch einen ohnehin schon extrem fordernden, nervenaufreibenden und emotional schwierigen Prozess geführt wurdet.

Ich wünsche euch für die Verarbeitung alles Erlebten viel Kraft, viele Hände, die euch halten, viele gute Gespräche (gerne auch hier, mein Postfach steht dir jederzeit offen) und einfach nur das Beste für euren weiteren Weg. Mein herzliches Beileid zum Verlust eures Sohnes Jonathan.

Liebe, fassungslose Grüße,

DieKati

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Oh man, nach dem Lesen deines Textes musste ich erstmal vor die Tür eine rauchen und mir wirklich die Tränen wegwischen. Es tut mir so leid, was du/ihr dort erlebt habt.

Ich hatte schon mit einigen Bestattern zu tun, aber sowas habe ich noch nie erlebt. Natürlich, man muß auch über Geld sprechen, das gehört dazu....aber doch nicht so und wenn dann kommt da später eine Rechnung. Es handelte sich bei mir immer um Erwachsene, aber die Bestatter sind im Normalfall eine wertvolle Begleitung und keine gefühlskalten Idioten. Und bei Beerdigungen von Kindern gehört da noch mal ein ganz andere Hausnummer Feingefühl dazu.

Ich habe eigentlich gar keine Worte, für das, was ihr da erleben musstet. Ich weiß auch gar nicht, wie man damit jetzt umgehen sollte. Ich kann dir nichts raten....ich bin einfach sprachlos udn geschockt.

Nimm das Thema mit in die Aufarbeitung, ich denke das ist wichtig. Ich wünsche euch viel Kraft.

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Hallo,
das was ihr mit diesem Bestatter erlebt habt, war nicht normal.

Es tut mir sehr leid, daß ihr nicht professionell begleitet wurdet.

Ein Neugeborenes, Baby, Kind beerdigen zu müssen, heißt die Zukunft zu begraben...............

Diese ganze Vorgehensweise würde mich auch sehr wütend machen. Für den Bestatter war das ein reines Geschäft, von dem er wohl nicht mal Ahnung hat.

Eine große Auswahl an Särgen oder Urnen, für Kinder, gibt es leider wirklich nicht.............. ich hatte mal 1 Woche Praktikum im Krematorium gemacht, da war überhaupt nichts "schönes, tröstendes, Kind gerechtes, ansprechendes" dabei. Aber auch dort, selbst die Angestellten am Empfang und Organisation, sind mitfühlender und zuvorkommender, als Euer Bestatter. Sowas geht überhaupt nicht.

Wir hatten 3 Jahre im Ort einen komischen Pfarrer. Ich hätte niemanden von ihm beerdigen lassen, da hätte ich mir jemanden von außerhalb geholt, und wenn ich den größten Krach mit dem hiesigen Pfarrer riskiert hätte.

Ich wünsche Euch alles alles Gute, und hoffe sehr, daß ihr von der Familie und Freunden gut aufgefangen werdet.

Claudia

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Sei freundschaftlich gedrückt 🫂.

Ich würde mich irgendwo über diese Person beschweren. Leider weiss ich nicht, welche Anlaufstelle das wäre. Starten würde ich wohl beim Ombudsmann oder der Gemeinde.

🕯️✨für Jonathan

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Boah Ist das schrecklich

Wir haben 2016 unseren sohm verloren (6tage nach geburt durch Krankheit)

Bestatter war echt super, es gab einen katalog mit Särge, sie hatte Ideen mit luftballons steigen schwimmkerzen, habem einen wunderschönen grabplatz bekommen usw, ich durfte bei der Abholung dabei sein und bin zum friedhof mit im Leichenwagen gefahren.

Alles in allem hat sie uns nur 750 euro berechnet, grabkosten für 20 jahre mit inbegriffen, da die sich nicht an tote babys bereichern sondern da nur den einkaufspreis in Rechnung stellen.

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Mein Beileid zu eurem Verlust.
Das Verhalten des Bestatters ist ja nicht zu fassen - Unprofessionell und empathielos.

Wir haben 2016 unser Kind verloren - ebenfalls eine Stillgeburt. Wir konnten wählen, ob wir eigene Kleider im Sarg anziehen oder etwas aus dem Katalog wählen wollten. Es gab verschiedene Särge und Urnen zur Auswahl, die Preise standen im Katalog dabei, so wussten wir, was auf uns zukommt (wir haben uns für eine Urnenbeisetzung entschieden). Wir durften sogar bei der Einäscherung dabei sein. Das hat sie für uns organisiert. Sie ist vorab mit uns den Ablauf der Beerdigung durchgegangen und hat nach unseren Wünschen gefragt.

Es tut mir sehr leid, dass ihr das so erleben musstet. Der Verlust selbst ist schon schlimm genug.

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Mein herzliches Beileid! Das tut mir sehr leid, dass ihr euren Sohn verloren habt.
Auch wir mussten unsere erste Tochter beerdigen. Sie war ein Frühchen.
Es ist ganz schlimm wie mit euch umgegangen wurde.
Wir hatten einen sehr einfühlsamen Bestatter. Man sah ihm an, dass es auch für ihn schwer war über den Tod unseres Kindes zu sprechen.
Er war sehr emphatisch und hat auch sehr wenig verrechnet.

Ich wünsche euch alles Liebe und ich hoffe, dass ihr das Ganze gut verarbeiten könnt.
LG

Bearbeitet von lella6