ADHS und hochbegabt ?!?

Hallo,

hat jemand ein (auch schon größeres) Kind (im Umfeld), das ADHS hat u hochbegabt ist?

Die Symptome stehen wohl in einer Art Wechselbeziehung bzw. das ADHS beeinträchtigt Leistungen / Interaktionen und der Frust darüber begünstigt problematische Verhaltensweisen des ADHS. Besonders weil die Kinder sehr selbstkritisch sind und selbst merken, was alles „nicht klappt“, gleichzeitig von vielen Angeboten etc. aber unterfordert u gelangweilt sind, über wenig Anstrengungsbereitschaft verfügen und ihre Stärken gar nicht erst entwickeln. … stattdessen verfestigen sich negative Muster und es entsteht ein negatives Selbstbild :-(

Zumindest so in der art würde ich das zusammenfassen, was ich in letzter zeit gelesen habe und wovon ich befürchte, das es auf mein Kind genau so zutrifft . Gerne Korrektur / Ergänzung!!

Ich würde gerne ein paar persönliche Erfahrungen hören, zB zu folgenden Fragen, aber auch anderes, was euch einfällt.

1) Wann u woran wurde ADHS+Hochbegabung bemerkt?
2) Wie geht es dem Kind damit? Gab es Verhaltensprobleme, Frust, …? auch körperliche Symptome?
3) Was macht ihr, um das Kind zu unterstützen? Was könnt ihr empfehlen?
4) Wie geht ihr nach außen mit der Hochbegabung um? Wem erzählt ihr das (nicht)?


Wir vermuten, dass eines unserer Kinder beides mitbringt. Entsprechende Anstöße kamen auch schon von außen, mal mehr in die eine, mal mehr in die andere Richtung . Wir warten noch ein paar Wochen auf den Ersttermin im SPZ. Ich habe mich nicht getraut zu sagen, dass ich mein Kind für sehr intelligent halte, habe Verdacht auf ADHS genannt, aber als ich geschildert habe, wie es meinem Kind ergeht, hat die Dame gesagt, sie gibt mir den nächsten freien Termin.

Besonders da unser Kind eigentlich immer auffällt (es ist einfach „anders“), traue ich mich auch gar nicht, anderen Eltern diesen Verdacht zu erzählen. Ich habe Sorge, dass es als Angeberei bzw Ausrede für Erziehungsprobleme gedeutet wird. Probleme haben wir tatsächlich bzw unserem Kind geht es nicht gut und wir kommen da alleine nicht mehr weiter. Kontakt zum JA zwecks Hilfen zur Erziehung haben wir auch aufgenommen. Kinderarzt voll im Bilde u nach anfänglicher Skepsis („dieses Kind doch nicht!“) nun doch der Meinung, dass zumindest ein Ausschluss sein muss, wenn nicht besondere Förderung notwendig wird.

Es kommt mir so vor, als sei mein Kind psychosozial in einem starken Ungleichgewicht. In manchen Dingen ist es sehr weit entwickelt (sprachlich , reflektiert), in anderen hat es massive Probleme (emotional, psychisch, Konzentration, Motivation).

In unserer Familie gibt es vieles - Suchterkrankungen, Depressionen, auch mit/trotz besonderen Begabungen - ich will mein Kind stärken und vor so einem Weg bewahren! Und ich will auch nach außen hin sicher auftreten (sofern Diagnose gestellt wird).

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Mein Partner hat ADHS und Hochbegabung, ich selbst nur Hochbegabung. Bei dem Kindern (2 und 4) können wir es noch nicht einschätzen.

Bei meinem Partner kam die Diagnose ADHS erst im Studium heraus. In der Kindheit gab es zwar einige Probleme, insbesondere auch wegen "aufmüpfigem Verhalten" und dergleichen in der Schule. Die Lehrer auf dem Gymnasium haben dann (5./6. Klasse glaube ich) eine psychologische Begutachtung angeregt. Mein Partner hat es so in Erinnerung, dass die Psychologin nach nur einem Termin zu dem Fazit kam: Das Kind hat doch einen 2er-Schnitt, da muss man nichts machen. Ob das wirklich so war, keine Ahnung.
Schulisch hat sich die Hochbegabung mit dem ADHS die Waage gehalten und die Noten waren immer okay, die Lehrer etwas genervt.

Studium und hohes Maß an Selbstorganisation war dann schon deutlich schwieriger und bei der Diplomarbeit war dann Ende der Fahnenstange, das hat gar nicht geklappt. Dann wurde Diagnostik wegen ADHS gemacht. Dabei wurde auch die Hochbegabung festgestellt. Und dank Medikation konnte dann auch das Studium erfolgreich abgeschlossen werden.

Unsere Hochbegabung erwähnen wir in der Regel nicht, außer wenn das Thema darauf kommt. Ich erwähne manchmal Freunden und Familie gegenüber das ADHS meines Partners, wenn ich erklären will, warum manche Situationen für ihn schwierig sind (Multitasking kann er einfach nicht, also z.B. Haushalt und Kinderbetreuung gleichzeitig). Oder natürlich wenn jemand sich Gedanken macht, ob das eigene Kind ADHS hat, dann erwähnen wir es auch. Also weder ADHS noch Hochbegabung sind ein Geheimnis, aber beides ist auch nicht oft Thema.

Generell wird es mit der Zeit einfacher. Er braucht für alles ein gutes System (Kalender, ToDo-Liste etc.), aber mit etwas Übung klappt das jetzt mit Mitte 30 problemlos. Beruflich ist er auch gut organisiert und kommt gut klar. Nur mit Vorgesetzten gab es IMMER Probleme. Die haben sich nicht respektiert gefühlt. Mittlerweile ist er selbstständig und das läuft super. Er hat auch seit Jahren keine Medikation mehr gebraucht.

Multitasking ist wie gesagt ein Problem und es werden auch mal Dinge vergessen und ihm geht oft Geschirr zu Bruch etc. Aber er hat auch eine unglaubliche Energie und schafft wirklich viel und stemmt auch ohne Multitasking seinen Teil der Aufgaben im Alltag.

Mein Partner hält sich sehr gezielt von Suchtmitteln (inklusive Koffein und Alkohol) fern, weil er da eine besondere Anfälligkeit vermutet.

Mein Partner hat schon immer mit Selbstwertproblemen zu kämpfen, weil er ja bereits als Kind oft Erwartungen nicht erfüllen konnte, Dinge vergessen oder kaputt gemacht hat, oder auch gerne in soziale Fettnäpfchen getreten ist. Mittlerweile ist er sozial sehr kompetent, das hat er sich aber erst im Erwachsenenalter erarbeitet und die Kindheit hat ihn schon sehr geprägt. Ihm tut es gut, dass ich halt nicht nur die Schwächen, sondern auch die Stärken sehe. Für mich ist ADHS nicht negativ, sondern nur anders. (Ich selbst bin hochsensibel, da gilt das gleiche.) Klar, ADHS und Schule passt nicht gut zusammen, das ist ein Problem. Aber ansonsten finde ich, dass ADHS viel positives mit sich bringt. Interessante Gesprächspartner, viel Energie und Freude am Aktivitäten, sprudelnde Emotionen (auch die positiven), oftmals viel Kreativität usw. Und wenn mal wieder Geschirr oder auch etwas anderes kaputt geht, ist mir das ziemlich egal. Mein Partner hatte jahrelang immer Angst, dass ich dann wütend oder vorwurfsvoll reagiere. Für mich zählt aber nur Absicht. Und es steckt ja keine böse Absicht dahinter.

Ich denke auch für Kinder mit ADHS ist es ganz wichtig, dass man nichts erwartet, was sie nicht erfüllen können und nicht überreagiert, wenn Dinge vergessen werden oder kaputt gehen oder wenn wegen Impulsivität etwas blödes passiert. Und ich denke es kann nie schaden, den Fokus auf die Stärken des Kindes zu richten.

Ansonsten ist bei ADHS Struktur und Organisation immer ganz wichtig. Kinder brauchen da sicher noch Unterstützung, als Erwachsene können sie es dann hoffentlich selbst.

Wenn du noch Fragen hast, schreib mich gerne an. Aber letztendlich sollte man sich auch erstmal nicht zu viel Gedanken machen und erstmal die Diagnostik abwarten.

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Wie du geschrieben hast: Listen!
Wenn eine Aufgabe überfordert, schreibt man eine Liste (oder spricht sie mit den Eltern ab, wenn man nicht schreiben kann).
Also beim oben erwähnten Beispiel "Brot schmieren" könnte man schreiben:
Schneidebrett aus dem Schrank holen, auf Arbeitsplatte legen.
Brot aus dem Brotkorb holen, Butter aus dem Küchenschrank holen, Käse aus dem Kühlschrank holen. Messer aus der Besteckschublade holen.
Brot mit Butter betreichen, eine Scheibe Käse aus der Packung holen, auf das Brot legen, Packung wieder schließen, zurück in den Kühlschrank legen. Brot durchschneiden, Messer in die Spülmaschine stellen. Restliches Brot wieder in den Brotkasten legen. Schneidebrett abwischen und abwaschen, in den Trockenständer stellen."


Und das macht man so oft, bis man es ohne Liste kann oder man hängt sich die Liste in die Küche (kann auch verallgemeinerte Punkte enthalten wie "alles zurückstellen, was man aus dem Kühlschrank oder Küchenschrank geholt hat, Besteck und Geschirr nach Gebrauch in die Spülmaschine, angebrochene Packungen wieder schließen").

Ich konnte lange Zeit nicht aufräumen und es hat mir dann geholfen, solche kleine Listen zu schreiben wie "Müll sammeln, alle Bücher auf einen Stapel, Schreibtisch leer räumen, säubern, Sachen nach Kategorien dort ordnen, Bücher nach Kategorien sortieren und ins Regal einsortieren" usw. Vorher sah ich nur ein riesiges Chaos - selbst, wenn es in 2 min hätte beseitigt werden können - und schob die Aufgabe oft tagelang vor mir her, weil ich nicht wusste, wo anfangen und was genau machen. Noch besser ging es mit Zeitangaben und Timer und einem Korb, in den erst mal alles aus einer Einheit - Tisch, Regalfach, Boden etc. - gelegt werden konnte, damit optisch Ordnung herrschte, ich sauber machen konnte und dann einzelne Kategorien aus dem Korb wegsortieren konnte.

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Ooooh, das ist ein toller Tipp mit dem Aufräumen und Korb für eine Einheit!!

Ich versuche ständig, meinen Mann zum Aufräumen zu "erziehen", aber für ihn ist das Chaos auf dem Sofa/Bett/Küchentisch zeitgleich ein Chaos im Kopf... Und am Ende - wenn ich lang genug geschimpft hab - nimmt er das ganze Chaos, steckt es in eine Schublade/Tüte/Wäschekorb und lässt es dann so. Und da finde ich das Chaos dann genauso unaufgeräumt wie vorher 🤪

Ich will manchmal auch nicht wahr haben, dass er auch seine Spezialbedürfnisse hat. Danke für den Tipp, wie man damit umgehen kann ☺️ wirf bei der nächsten Gelegenheit am lebenden Objekt getestet 😂

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Hallo, die Frage kann ich dir nicht beantworten.

Was denkst du den, was die Hochbegabung deines Kindes ist?

Die oben genannten Punkte finde ich persönlich ganz normal. Da sehe ich jetzt nichts außergewöhnliches was auf ADHS schließen könnte.

Selbstkritisch und merken was nicht klappt ist doch normal und positiv 🤔

Wenig Anstrengungsbereitschaft... also ich muss meine Tochter auch zum lernen zwingen...

Von alleine hätte sie die ,,guten" Noten nicht.

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"Was denkst du den, was die Hochbegabung deines Kindes ist?"

Hochbegabung bezieht sich nicht auf einen einzelnen Punkt. Das ist nicht "hat mit 6 Jahren die Relativitätstheorie aufgestellt, ist aber ansonsten strunzdumm", um es mal extrem auszudrücken 😉

Hochbegabung ist, wie andere nicht-neuronormative Probleme auch, ein komplexes Thema.

Ein Beispiel das gerne genommen wird, ist, sich selbst extrem früh lesen beizubringen. Nicht beigebracht bekommen, sondern selbst beibringen.

Das heißt aber nicht, dass jedes Kind, das sich selbst früh lesen beibringt, hochbegabt ist und auch nicht, dass jedes hochbegabte Kind sich selbst lesen beibringt.

Das heißt eher, dass hochbegabte Kinder eine ganze Reihe solcher ungewöhnlicher Dinge tun und einfach nicht ins Raster passen. Nicht in einem einzelnen Punkt, sondern ständig, immer, überall.

Leider finden einige Eltern den Stempel hochbegabt erstrebenswert, weil "schaut alle her, wie toll unser Kind ist!!" - was bei den anderen Eltern natürlich zu Augenrollen führt.

Echt Betroffene wollen deshalb eigentlich gerne diesen Stempel vermeiden - das Kind ist nicht besser, es ist ANDERS. Das ist im Kindesalter und noch mehr in der Pubertät alles andere als toll, da man oft wahnsinnig aneckt. Als Kind fängt man an, sich dümmer zu stellen als man ist oder sich extrem anzupassen, um nicht aufzufallen, und um akzeptiert zu werden.

Hochbegabung ist, wie Autismus und auch ADHS, ein komplexes Thema. So wie auch nicht jeder Autist bereits als Baby wild mit den Armen rudert oder komisch guckt.

Aktiv werden muss man dann, wenn ein Kind dauerhaft ANDERS ist - und darunter LEIDET.

Dass die TE das wahrnimmt, dass es ihrem Kind nicht gut geht, ist ein hervorragender erster Schritt, und das sollte nicht kleingeredet werden.

Ob nun Hochbegabung, ADHS, Autismus oder einfach ne doofe Klassenlehrerin, die einem den Tag vermiest - das sollte man den Profis überlassen zu klären. Wenn ein Kind leidet, muss geschaut werden, woran das liegt.

Liebe Grüße aus der neurodiversen Ecke 🙋

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Eine Hochbegabung kann sich durchaus auf eine einzelne Fähigkeit beschränken! Wir fördern durchaus ein Kind, das in Mathematik hochbegabt ist und mit 13
Jahren in diesem Fach Abituraufgaben lösen kann. In allen anderen Fächern ist er absolut unauffällig und zeigt ein ganz normales Lernverhalten. Also doch, das gibt es sehr wohl, dass eine einzelne Begabung hervorsticht und man in einem Bereich als hochbegabt gilt.

Bearbeitet von janiaa
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Ja gibt es

Ein guter erfahrener Begabungsdiagnostiker erkennt es beim IQ Test

Ein SPZ ist eher darauf ausgelegt Defizite zu finden und sehr oft nicht erfahren in Bezug auf HB und scheinbar ADHS

Hätte dir eine PN geschrieben

Geht aber nicht mehr weil du grau bist

Es gibt gute Gruppen für deine Fragestellung im Netz

Bearbeitet von Elise22
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Hallo,

Meine Tochter hat die Kombination ASS/Hochbegabung in Teilbereichen.
Es ist sehr schwierig, sie ist mit einfachen Alltagshandlungen überfordert, aufgrund ihrer Intelligenz ist sie sich dessen bewußt, kann es aber nicht ändern. Ich stelle mir das sehr frustrierend vor wenn man am PC Programme schreiben kann, aber dafür nichtmal in der Lage ist sich ein Brot zu schmieren (Beispiel).

In welchen Bereichen liegt die Hochbegabung bei Deiner Tochter? Wie hoch ist ihr Gesamt IQ?

LG
Sunny

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Es gibt eigentlich keine Hochbegabung in Teilbereichen. Aus den einzelnen Teilbereichen wird ein Gesamt IQ ermittelt. Liegt dieser unter 130 ist man nicht hochbegabt, auch wenn man in einzelnen Bereichen über diesem Wert liegt. Genauso ist man nicht minderbegabt, wenn man in einigen Bereichen unter dem durchschnittlichen Bereich liegt. Es kommt immer auf den Gesamtwert an

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Doch, es gibt eine HB in Teilbereichen. Wenn sie im Teilbereich Sprache die 130 knackt, aber in den anderen Bereichen nicht.. und so insgesamt unter 130 bleibt.

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1) Wann u woran wurde ADHS+Hochbegabung bemerkt?

Es gab schon (sehr starke) Anzeichen quasi seit ich 3/4 Jahre alt war. Diese wollten/konnten die Beteiligten jedoch nicht sehen.

2) Wie geht es dem Kind damit? Gab es Verhaltensprobleme, Frust, …? auch körperliche Symptome?

Ich hatte zum Glück eine begeisterungsfähige Mutter, ich gehe ehrlich gesagt davon aus dass auch sie ADHS+Hochbegabung hat. Dadurch hatte ich keine Verhaltensprobleme, da ich immer maximal gefördert und gefordert wurde und nie ne Sekunde Langeweile aufkam.
Ich durfte insgesamt 3 Klassen überspringen und Hochleistungssport machen. Das muss für meine Eltern eine enorme Belastung gewesen sein, aber anders wäre ich nicht glücklich geworden.
Körperlich habe ich das Problem, dass ich sehr suchtanfällig bin. Bedingt durch mein ADHS muss ich immer überall mit Abstand die Beste sein oder ich gebe auf. Das hat dazu geführt, dass ich als Erwachsene mit Adipositias zu kämpfen hatte und eben als Kind immer Klassenbeste sein musste und sehr viel Sport machen. Mir hat immer dieses Mittelmaß gefehlt und das hat man bei Adipositas auch körperlich gesehen, wenn du das meinst.

3) Was macht ihr, um das Kind zu unterstützen? Was könnt ihr empfehlen?

Meine Mutter hat alle meine verrükten Ideen unterstützt. Wenn ich im Hyperfokus war, wurde ich dabei unterstützt.
Ich wurde aber nie dazu angehalten, sie im Feinschliff zuende zu bringen. Das würde ich aber eigentlich schon empfehlen.

4) Wie geht ihr nach außen mit der Hochbegabung um? Wem erzählt ihr das (nicht)?

Dadurch dass ich sehr früh mein Abi hatte und sehr schnell studiert habe, werde ich häufiger von Leuten darauf angesprochen. Ich verneine aber immer bzw. tue überrascht - alles andere würde als "Angeberisch" rüberkommen und mir und dem Gegenüber auch nichts bringen. Bei mir weiß es mein Mann, meine Mutter und die Schulleiterin unseres Sohnes, als er um seine Hochbegabung ging (die er wohl geerbt hat, allerdings nicht das ADHS). Ich finde auch nicht, dass das irgendwen was angeht und es hat ja auch keine Relevanz - egal ob ADHS oder HB oder nicht - ich muss mich anpassen und meine Leistung erbringen und dabei nicht meine Mitmenschen stören. Kinder mit ADHS/HB sind immer noch Kinder. Wichtig ist es, emotional verfügbar zu sein der Rest ergibt sich im Regelfall (oder auch nicht)

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Meine Frau hat die Kombination, das weiss sie allerdings erst seit diesem Jahr. Beim IQ-Test war sie am oberen Anschlag. Als Mädchen ohne die Hyperaktivität wurde sie als Kind nie diagnostiziert. Im Prinzip ist sie wie ein Hochleistungsrechner ohne Festplatte. Wir sind was das betrifft völlig verschieden. Ich bin nicht so schlau, kann aber auf Wissen zugreifen, das ich mir vor 25 Jahren in der Schule angeeignet habe. Bei ihr ist das wie weg.

Mit der richtigen Diagnose und Behandlung, hätte sie wohl akademisch durchstarten können. Lehre für uns daraus: Beim eigenen Kind solche Dinge ernst nehmen und Problemen nachgehen. Auch Kinder, die in der Schule nicht negativ auffallen und zumindest durchschnittliche Leistungen erbringen, brauchen vielleicht Hilfe. ADHS gibt's ja in verschiedenen Ausprägungen: Hypernervöse Zappelphilippe, die keine Sekunde still halten können und extrem auffallen, und dann solche, die keinen Fokus haben, aber sich unauffällig verhalten.

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PS
Was man dem Kind evtl. sagen könnte:
Hochbegabung bzw. Begabung ist erst mal etwas Gutes. Man hat die Möglichkeit, effizient und schnell zu denken.
ADS hat zwar auch gute Seiten, ist aber ein Hindernis.
Wenn das Kind frustriert ist, ist das in etwa so, als wenn jemand mit Weitsichtigkeit keine Brille trägt. Er wäre in der Lage, lesen zu lernen und flüssig Texte zu verstehen, das wird aber behindert, weil er die Buchstaben verschwommen sieht und sich enorm anstrengen muss, um etwas zu erkennen. Bekommt er eine passende Brille, kann er problemlos lesen.

Bei Hochbegabung und ADS muss quasi "die Brille" in Form von passenden Strategien zum Umsetzen der Begabung trotz der Behinderung (des Hindernisses) durch die ADS gefunden werden.

Vielleicht wird dann der Frust weniger.

Hochbegabte haben ein höheres Potenzial als durchschnittlich Begabte, solche Strategien selbst zu finden, mit Unterstützung von Fachleuten oder Büchern zum Thema, in denen erklärt wird, was das ADS ausmacht und worauf man besonders achten muss.

Und ADS hat eben auch Vorteile, die sich teilweise mit der Hochbegabung potenzieren können, man nimmt z.B. bei beidem mehr wahr, einmal durch das weiträumigere Denken und ggf. bessere Abrufen/ Erinnern und dann durch die Wahrnehmungsoffenheit, also dadurch, dass man von Haus aus mehr aufnimmt und weniger rausfiltert.

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Das mit der Brille ist ein gutes Beispiel. Ich wurde in meinen Zwanzigern schleichend kurzsichtig. Für die Arbeit am Computer war das irrelevant, aber als ich eine Brille hatte, war ich überrascht, wie gestochen scharf die Welt ist... Meine Frau dagegen hat mich für einen Gedächtniskünstler gehalten, weil ich einen nichttrivialen Text nur einmal lesen muss statt dreimal, um ihn zu erfassen. Bis ihr irgendwann aufgegangen ist, dass sie die Ausnahme ist. Sie hatte gedacht, dass alle Leute Texte mehrfach lesen.

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Das ist ein sehr schöner Beitrag 😀
Die Metapher werde ich mir merken für den Fall, dass auch meine Kinder betroffen sein könnten.
Ich würde mein Kind aber auch auf die Kehrseite der Medaille aufmerksam machen: dass seine Wahrnehmung eine andere ist, dass es (sich) anders fühlt als die Mitmenschen. Dass es im falschen Umfeld merkt nicht dazu zu gehören. Dass man deshalb auch schneller aneckt. Ich würde bei Zeiten das Impostor Syndrom erwähnen oder rejection sensitive dysphoria.
Wobei ich hoffe, dass man diese negative Entwicklung mit einer frühzeitigen Testung besser abwenden kann.

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Geh doch mal in die Kinder- und Jugendpsychatrie oder in ein Universitätsklinikum.

Das wurde bei mir und meiner Schwester im Grundschulalter auf Empfehlung der Lehrer gemacht.

Ergebnis: Beide hochbegabt, beide ADS.

Ich habe gerade schon in einem anderen Forum dazu geschrieben.

Was soll das Ergebnis des Tests sein?

Meine Schwester und ich haben ganz normal Abi gemacht und haben studiert. Wir waren auf ausgelassenen Partys und haben gute und schlechte Noten geschrieben.

Ja. Wir verstehen manche Sachverhalte schneller als andere.
Das wars auch schon 😉

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Hallo,
mein Kind hat eine ADS Diagnose und er war schon immer anders.
So stark aufgefallen ist das in der Familie nicht, nur dass er mir sehr ähnlich ist (Meine Mutter, als ich die Probleme in der Kita angesprochen habe:" Er ist doch genauso wie du als Kind. ")

Er hat sich schon von Babyalter an oft weg geträumt und hat die meiste Zeit in seiner Welt gelebt. Die Kita wollte einen I Status, der KA meinte, was das für eine Welt ist, in der ein kleines Kind nicht mehr träumen darf, wenn er das in der Schule weiter macht, dann müsste man dem nachgehen.

Und ja, in der Schule gab es dann Probleme. Er war 90% der Zeit nur körperlich anwesend und auch bei den Hausaufgaben hatte er eine Aufmerksamkeitsspanne von max 2 min. Sein Kurzzeitgedächnis war massiv eingeschränkt. Das wurde auch nicht besser. Das war nicht das einzige, was ihn anders macht, aber das Hauptproblem.

Deshalb bin ich mit ihm zum Kinder und Jugendpsychologen gegangen.

Sie haben unter anderem einen IQ Test gemacht, um zu schauen, ob er überfordert ist.
Ich war nicht dabei, aber er hat wohl die letzten Fragen nicht mehr beantwortet, war nicht mehr groß ansprechbar (siehe Problem in der Schule), aber der Arzt meinte, selbst wenn sie diese Fragen als falsch werten würden, war der Wert so hoch, dass er "mit dem IQ nun wirklich keine Probleme in der Schule haben sollte".

Und tatsächlich wurden diese IQ Tests genau für sowas ursprünglich entwickelt, um zu ermitteln, ob ein Kind besondere Förderung brauchen wird.

Nun ja, er bekam unterschiedliche Therapien, aber als sein Leidensdruck zu groß wurde, bekam er Medikinet und das hat echt Wunder gewirkt.

Was ihn anders macht und woran man erkennt, dass er zumindest überdurchschnittlich Intelligent sein dürfte,

er konnte und kann mit Gleichaltrigen nichts wirklich anfangen, er meint, er versteht ihr Verhalten nicht und sie verstehen ihn nicht.
Die Gedanken, die er sich macht, die Fragen, die er stellt, waren irgendwie nie "altersgerecht"
Was greifbarer ist, er muss ein Wort nur ein oder zweimal lesen und schreibt es dann richtig, für immer 😳
Dadurch hat er selbst in der 2.Klasse so gut wie keine Rechtschreibfehler gemacht und wenn, dann nur einmal.
Das hat mich, die lange eine LRS hatte, besonders beeindruckt 🙈
Er lernt Vokabeln in einer Geschwindigkeit, die echt erstaunlich ist, 50 Vokabeln in einer knappen Stunde sind durchaus möglich, wenn er die dann nicht nur für den Vokabeltest am nächsten Tag lernt, sondern auch noch ein paar mal wiederholt, dann bleiben die auch.
Und noch einiges mehr.

Und ja, diese Verzweiflung, wenn man immer unter seinen Möglichkeiten bleibt und es einfach nicht schafft, was man eigentlich kann, kennen mein Sohn und ich zur genüge.
Und das zerstört tatsächlich das Selbstwertgefühl. Mit sämtlichen Folgeerscheinigungen.

Bearbeitet von Skorgla