Stressthema Vokabeln

Tipps und Tricks fürs Vokabellernen

Spätestens ab der 5. Klasse kommt kein Kind mehr am Vokabellernen vorbei. Doch wie soll bloß die große Menge an Wörtern hängenbleiben? Ein Überblick über effektive Lernmethoden, Vokabeltrainer und wie ihr eure Kinder dabei unterstützten könnt.

Autor: Heike Byn

Vokabellernen: Selbst Sprachtalente müssen pauken

Vokabellernen
Foto: © Fotolia / jovannig

Englisch in der 5. Klasse, im Gymnasium zusätzlich noch Französisch oder Latein ab der 5. oder spätestens 6. Klasse, manchmal noch Spanisch, Italienisch oder eine andere Fremdsprache als AG oder in der Oberstufe. Im Laufe der Zeit sind das Tausende von Vokabeln, die irgendwie ins Schülerhirn hinein und vor allem auch drinbleiben sollen. Selbst Naturtalente kommen da nicht ums regelmäßige Pauken herum. Was sollen da erst die Schüler sagen, denen das stumpfe Lernen von Wörtern und Redewendungen alles andere als leicht fällt? Zur Unterstützung gibt es jede Menge Lernmethoden, doch selbst die effektivste bringt nichts, wenn sie nicht zum Lerntyp passt und regelmäßig genutzt wird. Gerade jüngere Schüler brauchen dabei in der ersten Zeit noch die Hilfe ihrer Eltern.

Elternhilfe beim Vokabellernen: Einteilen, abfragen, begleiten

„Wichtig ist, dass Eltern den Kindern gerade am Anfang beim Einteilen der Lernmengen helfen und kontrollieren, ob sie die Vokabeln auch tatsächlich abschreiben und durchlesen", erklärt Josef Zimmermann, Leiter der katholischen Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern in Köln. Das heißt konkret: Ihr vereinbart mit eurem Kind am besten eine tägliche Lernzeit von bis zu 10 Minuten pro Sprache – und die wird dann ins Hausaufgabenheft oder den Tages-/Wochenplaner eingetragen und nach dem Erledigen abgehakt. Dabei begleitet ihr euer Kind durch Kontrolle und Abfragen, bis es die Aufgabe alleine organisieren kann. Wie lange das dauert, hängt von seiner Persönlichkeit ab. Lasst euch nicht von Lobeshymnen anderer Eltern auf ihre gut organisierten Vokabellerner beeindrucken. Solche Kinder sind die Ausnahme – oder erfunden. Die meisten Schüler brauchen noch während der gesamten Unterstufe die Hilfe ihrer Eltern beim Wörterpauken. Wenn ihr unsicher seid, wie ihr eurem Kind helfen könnt, fragt den jeweiligen Sprachenlehrer um Rat. Er kennt euer Kind aus dem Unterricht und kann sein Lernverhalten gut einschätzen. Wenn das Vokabellernen zum Streitthema wird, kann es helfen, wenn fürs Abfragen oder sonstige Kontrollieren ältere Geschwister, Tanten, Onkel oder die Großeltern eingespannt werden.

Der Klassiker: Pauken mit der Vokabel-Liste

Seit 100 Jahren hat sich kaum etwas an dieser Methode geändert. Der Schüler lernt hier nach einer Vokabelliste aus dem Schulbuch oder eines dazu passenden Vokabeltaschenbuchs nach dem Prinzip durchlesen, zuhalten, laut aufsagen – und wieder von vorn. Zwar kann das Kurzzeitgedächtnis die Vokabeln so ganz gut aufnehmen, doch im Langzeitgedächtnis landen so nur die Inhalte, die oft gebraucht werden, besonders einprägsam sind und ständig wiederholt werden.

Lernen mit Karteikasten: Aufschreiben, sortieren, wiederholen

Für das Lernen mit Karteikasten schreiben die Kinder die Vokabel und ihre Übersetzung auf ein Kärtchen. Zusätzlich sinnvoll ist es, das neue Wort auch in einem sinnvollen Satz unterzubringen und den dazuzuschreiben. Die meisten Vokabellisten in Schulbüchern bieten dazu schon Redewendungen und Beispielsätze in einer Extra-Spalte an. Alle Kärtchen einer Lektion wandern dann in einen Karteikasten mit mehreren Fächern und werden nach folgendem System gelernt: Gekonnte Wort-Kärtchen wandern immer ein Fach weiter nach hinten. Alle anderen werden wiederholt. Am nächsten Tag werden dann alle Vokabeln wiederholt. Die gekonnten Vokabeln kommen noch ein Fach weiter nach hinten und müssen erst nach einer Woche wieder gelernt werden und so weiter. Eine genaue Anleitung für diese Methode gibt es auf der Website des Schulpsychologen-Verbandes.

Vokabellernen mit Computer-Programm oder Apps

Einen digitalen Karteikasten mit ausgetüftelter Systematik zur regelmäßigen Wiederholung bieten zahlreiche Computer-Programme, das derzeit bekannteste ist die Software „Phase 6". Dabei schreibt der Schüler die Wörter mit dem Programm auf virtuelle Kärtchen, die die Software speichert oder über Apps importiert werden können. Die Lerninhalte werden zum verwendeten Schulbuch gekauft. Sind alle Kärtchen für eine Lektion komplett, startet die Abfrage. Dazu wählt das Programm eine zufällige Kombination von Kärtchen aus, die der Schüler schriftlich beantworten muss. Ist die Antwort richtig, rutscht die Vokabel von Phase eins in Phase zwei. Falsch übersetzte Begriffe wandern zurück in die erste Phase. Je höher das Level der erreichten Phase ist, desto weniger wird das entsprechende Wort noch abgefragt. Ist eine Vokabel fünf Mal richtig übersetzt worden, geht das Programm davon aus, das sie im Langzeitgedächtnis verankert ist.

Während Eltern „Phase 6" und einige andere vergleichbare Programme Lerninhalte kaufen müssen, bietet das Netz auch kostenlose Programme zum Online-Lernen. Z.B. Pons.com, OnlineVokabeltrainer.de, Leo.org oder Dict.cc.

Die kostenlosen Versionen sind allerdings nicht an die Vokabeln der verwendeten Schulbücher angepasst.

Die Auswahl an Apps ist groß und vielfältig. Viele Programme sind kostenlos, oft müssen aber hilfreiche Zusatzfunktionen dazugekauft werden. Apps, mit denen man einfach nur Vokabellisten lädt und abgefragt wird, sind dabei jedoch weniger effektiv als das Lernen mit einer Vokabelliste, bei der ein Schüler die Vokabeln per Hand abschreibt. Anders sieht es mit Programmen aus, die ein spielerisches Element enthalten, z.B. ein Vokabel-Memory, bei dem der Schüler für die richtige Antwort belohnt wird. Solche Angebote zeigen oft auch den jeweiligen Lernfortschritt an und machen so deutlich wo man steht und wie man weiterkommen kann. Beliebte Apps sind hier z.B. Wokabulary (für Mac, iPad, iPhone) oder die Kleine Vokabelbox (für Android-Geräte).

Vokabellernen mit Bildern

Von dieser Lernmethode profitieren vor allem visuelle Lerntypen, die Lernstoff am besten mithilfe von Fotos, Bildern, Grafiken oder Zeichnungen aufnehmen. Allerdings ist der Aufwand hier ziemlich hoch, denn für jede Vokabel sollten die Schüler (bei jüngeren Kinder ist Elternhilfe gefragt) ein Bild finden, ausdrucken, ausschneiden und auf einem Bilderkärtchen beschriften. Zwar funktioniert das Gedächtnis besser, wenn ein Wort mit einem Bild verknüpft ist, doch abstrakte Begriffe, Füllwörter und Verbindungswörter sind auf diese Art nur schwer bis überhaupt nicht bildlich darstellbar.

Natürlich sorgt auch hier der digitale Lernmarkt für Abhilfe – die allerdings ein paar Euro kostet. So bietet z.B. der Pons-Verlag (im Google Play Store und über iTunes) gleich ganze Bilderwörterbücher als App an, die nur aus Bildern/Fotos und dem dazu passenden Wort plus korrekter Aussprache bestehen.

Unübersehbar: Vokabellernen mit Klebezettel

Wenn Kinder gut visuell lernen, hilft ihnen folgende Methode beim Wiederholen von schwer einprägsamen Vokabeln: Dazu schreiben sie die jeweiligen Vokabeln auf kleine farbige Klebezettel und heften sie überall dort in der Wohnung an Möbel, Türen, Wände oder Spiegel, wo sie im Laufe des Tages oft vorbeikommen.

Eselsbrücken verbinden Wort und Übersetzung

Lernen mit witzigen oder einprägsamen Merkhilfen macht nicht nur Spaß, sondern ist auch nachweislich effektiv: Dabei verknüpft das Kind mit einer Eselsbrücke die Vokabel und ihre Übersetzung miteinander: Beim lateinischen Adjektiv „omnibus" (= alle) stellt es sich zum Beispiel vor, wie alle Wartenden an einer Haltestelle in den Omnibus einsteigen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass eine Assoziation Sinn hat – wer sich eine Eselsbrücke ausdenkt, hat schon den Großteil der Lernarbeit geleistet. Je kreativer und verrückter die Sätze, desto einfacher kann sich das Gehirn neue Wörter, aber auch Zahlen und Daten, merken.

Gedächtnis-Weltmeisterin rät: Lernen mit Fantasie und Geschichten

Welche Lernmethode am Ende die besten Erfolge erzielt, hängt vor allem von der Merkfähigkeit und Konzentrationsleistung des jeweiligen Schülers ab. Dennoch ist erwiesen, dass mit Bild- und Assoziations-Methoden oder solche, in denen wie bei den spielerischen Vokabel-Apps der Spaß im Vordergrund steht, deutlich mehr Vokabeln als mit anderen Methoden hängenbleiben. Das weiß auch Christiane Stenger, ehemalige Jugend-Gedächtnis-Weltmeisterin, aus eigener Erfahrung. „Was wir spannend finden, bleibt auch in unserem Gehirn hängen." Sie rät Schülern, ihr Hirn mit Fantasie zu überlisten und sich beim Vokabellernen immer wieder auch mal Brücken aus Erinnerungen zu bauen. Beim englischen Wort „apple" (= Apfel) sollen sich Kinder z.B. vorstellen, ob der Apfel rot oder grün ist, wie er riecht und wie er schmeckt, wenn sie hineinbeißen würden. „So verknüpfen sie dann beim Lernen ihr Wissen mit dem Geruchs- und Geschmackssinn. Die beiden helfen dann später mit beim Erinnern. Auch Bewegung hilft laut Christiane Stenger dem Gehirn, sich Dinge zu merken. Deshalb ist es auch gut, dass sich Kinder zu Vokabeln Bewegungen oder Aktionen ausdenken: Wenn sie das französische Verb „chanter" (= singen) immer in hohen Tönen trällern, vergessen sie das nach ein paar Mal garantiert nicht mehr.

Vokabeln: Gut geplant ist halb gelernt

  • Nur 10 Minuten täglich!
    Wer jeden Tag ein bisschen – so um die 10 Minuten sind optimal – Vokabeln lernt, muss sich gar nicht erst vor Vokabeltests oder Klassenarbeiten stundenlange Lernerei antun.
  • Realistische Ziele setzen
    Lieber pro Tag 5 bis 10 Vokabeln lernen, als einmal die Woche 70 Stück. Mit den kleinen Einheiten sind das im Monat dann schon zwischen 150 und 300 gelernter Vokabeln.
  • Wortgruppen lernen
    Vokabeln einer Lektion kreisen meist um ein Thema. Deshalb die einzelnen Vokabeln zu Gruppen zusammenfassen und im Block lernen. Z.B. alle Verben, die mit Sport zu tun haben.
  • Lesen hilft!
    Lernanfängern in einer Fremdsprache hilft es, wenn sie die neuen Vokabeln in einem Lesezusammenhang wiedererkennen. Deshalb eigenen sich z.B. fremdsprachige Werbetexte oder Kinderbücher sehr gut zum Lesen, weil sie in einem einfachen Stil geschrieben sind.
  • Fernsehen hilft auch!
    Wer seine Lieblingsserie einfach einmal im O-Ton mit englischen Untertiteln schaut, kann viele Redewendungen und Vokabeln so ganz neben bei lernen – und die Aussprache wird auch besser.
  • Belohnung muss sein!
    Die tägliche Vokabeleinheit gepaukt? Dann gibt's zur Belohnung ein Bonbon oder was anders, das Spaß macht und motiviert.