Ohne Sorgen ins Morgen

Altersvorsorge für Frauen

Geringeres Einkommen, Babypause, weniger Rente – eigentlich müssten Frauen bei ihrer privaten Altersvorsorge Vollgas geben. Doch viele verdrängen das Problem – mit fatalen Folgen. urbia zeigt Strategien gegen die drohende Versorgungslücke auf und stellt Anlagemöglichkeiten vor.

Autor: Sabine Ostmann
Autor: Andrea Lützenkirchen

Rentnerin in Deutschland

Frau Eltern Computer Finanzen
Foto: © panthermedia.net/ Werner Heiber

Eigentlich ist es paradox: 23 Prozent der berufstätigen Frauen in Deutschland ließen sich im vergangenen Jahr zu ihrer Altersvorsorge beraten. Allerdings reduzierten Frauen im gleichen Zeitraum ihre Rücklagen fürs Alter um fast 18 Prozent auf durchschnittlich rund 165 Euro. Ihre männlichen Kollegen hielten es genau anders herum: Lediglich 13 Prozent von ihnen haben Beratungsangebote wahrgenommen, aber durchschnittlich haben sie 230 Euro auf die hohe Kante gelegt.

Altersarmut ist weiblich

Die Ergebnisse einer Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach scheinen das alte Vorurteil zu belegen, nach dem Frauen Schuhe kaufen, während Männer über ihre finanzielle Zukunft nachdenken. Dabei ist es gerade für den weiblichen Teil der Bevölkerung existenziell wichtig, sich frühzeitig um eine vernünftige Absicherung zu kümmern. Schließlich ist die Situation von Rentnerinnen in Deutschland alles andere als rosig: Ihre durchschnittlichen Altersbezüge liegen bei gerade mal 521 Euro. Nur rund drei Prozent der Frauen bekommen 1.000 Euro und mehr (Rentenbericht der Bundesregierung 2011).

Weibliche Altersarmut hat viele Gründe: Vor dem Renteneintritt sind Frauen heute im Schnitt 26 Jahre berufstätig, Männer dagegen 37 Jahre. Frauen verdienen immer noch 20 Prozent weniger als ihre Kollegen. Und vor allen sind sie es, die Angehörige pflegen oder wegen der Kinder aus dem Beruf aussteigen und nach der Familienzeit oftmals nur noch einen Teilzeitjob ausüben.

Zwar werden Kindererziehung und die Pflege von Angehörigen bei der Rentenberechnung berücksichtigt, dennoch warnen Experten vor einer dramatischen Versorgungslücke. Vor allem Babypausen und Teilzeitjobs rächen sich im Alter: „75 Prozent der heute 35- bis 50-jährigen Frauen haben eine Rente unter dem jetzigen Hartz-IV-Niveau zu erwarten,“ warnt Mechthild Upgang, Finanzberaterin und Vorsitzende des Bundesverbandes der unabhängigen Finanzdienstleisterinnen.

Die Ehe hat als Altersvorsorge ausgedient

Dass es um die eigene Altersvorsorge nicht zum Besten steht, ist den meisten Frauen bewusst. Dennoch sorgt lediglich ein Drittel von ihnen ausreichend fürs Alter vor. Die Mehrheit verdrängt das Problem oder verlässt sich auf den Ehemann. Doch angesichts der Tatsache, dass jede dritte – in Großstädten sogar jede zweite – Ehe geschieden wird, garantiert das traditionelle Familienmodell längst keinen finanziell abgesicherten Ruhestand mehr. Zwar werden im Falle einer Scheidung Rentenansprüche aus den gemeinsamen Ehejahren nach wie vor geteilt, doch nach einer Trennung bleiben die Kinder in der Regel bei der Mutter. Während der frühere Partner weiterhin voll berufstätig ist und gute Rentenansprüche aufbaut, sieht das Leben für die Ex ganz anders aus. Als Alleinerziehende kaum voll erwerbstätig, fallen auch ihre Rentenansprüche gering aus. Deshalb sollte jede Frau, egal ob ledig, verheiratet, geschieden oder allein erziehend für ihre Altersabsicherung etwas auf die hohe Kante legen.

Familienzeit nur gegen Rentenbeiträge

„Wer heute den Kopf in den Sand steckt, wird morgen mit den Zähnen knirschen,“ warnt Mechthild Upgang. Je eher, desto besser, lautet also die Devise. Denn je früher Frauen mit der privaten Absicherung starten, desto mehr Geld haben sie im Alter auf dem Konto. Gerade junge Frauen mit Kinderwunsch, die eine Familienpause planen, benötigen ein üppiges Vorsorge-Polster. Und wenn die Kinder erst mal da sind, sollte die private Altersvorsorge sogar noch aufgestockt werden, um die Nachteile bei der gesetzlichen Rente auszugleichen. Im Grunde, so raten Finanzexpertinnen wie Mechthild Upgang, sollten Frauen nur dann zugunsten der Familie auf die eigene Erwerbstätigkeit verzichten, wenn der Partner im Gegenzug eine hinreichende eigenständige Altersvorsorge für sie finanziert. Auch unverheiratete Mütter die in einer festen Partnerschaft leben, sollten auf einer derartigen Absicherung bestehen.

Frauenspezifische Beratung gefragt

Entschließt sich eine Frau, ihre Geldgeschäfte und vor allem ihre Altersvorsorge selbst in die Hand zu nehmen, tut sie gut daran, sich kompetent beraten zu lassen. Doch wo? Die meisten Angebote von Banken und Anlageberatern sind auf traditionelle männliche Erwerbsbiografien zugeschnitten. Doch was nützt das Frauen, die in Teilzeit arbeiten oder wegen der Familie jahrelang nicht erwerbstätig waren? „Gerade wegen ihrer oft geringen Rentenerwartung müssten Frauen besonders intensiv informiert werden. In der Praxis aber werden sie besonders schlecht beraten", sagt Mechthild Upgang. „Eine sinnvolle Altersvorsorge für Frauen muss auf ihre individuelle Lebenssituation zugeschnitten sein,“ betont sie und rät dringend zu einer individuellen Beratung durch einen unabhängigen Spezialisten.

Die vier Säulen der Altersvorsorge

Bei der Beratung steht zunächst ein Kassensturz an: Wie hoch ist die gesetzliche Rente? Wie viel Geld wird im Alter benötigt? Wie groß fällt möglicherweise die Versorgungslücke aus? Wie viel kann für die private Altersvorsorge monatlich erübrigt werden? Je später eine Frau mit dem Ansparen fürs Alter beginnt, desto mehr Geld muss sie zurücklegen. Bei Berufstätigen sollten dies, je nach Einstiegsalter, zehn bis 20 Prozent des Nettoeinkommens sein. Erst dann geht es darum, ob je nach Risikobereitschaft und persönlicher Lebensplanung eine offensive oder eine defensive Anlagestrategie verfolgt wird. Finanzexpertinnen empfehlen, die Altersvorsorge auf mehrere Säulen zu stellen, um das Risiko zu streuen.

Säule 1: Riester Rente und betriebliche Altersvorsorge

Bei der betrieblichen Altersvorsorge sowie bei der Rürup- und Riester-Rente beteiligt sich sogar der Staat an der Vermögensbildung. Bei der betrieblichen Vorsorge werden Teile des Gehalts steuer- und sozialabgabenfrei in eine Altersvorsorge investiert. Frauen profitieren dabei ganz besonders: Bei Betriebsrenten erhalten sie meist gleiche Leistungen für gleiche Beiträge – bei privaten Renten- und Lebensversicherungen zahlen Frauen aufgrund ihrer höheren Lebenserwartung meist mehr als Männer oder erhalten niedrigere Leistungen.

Geringverdienerinnen oder Müttern ohne eigenes Einkommen bietet vor allem die Riester-Rente eine gute Möglichkeit, schon mit geringen Beiträgen ein kleines Vorsorgevermögen zu bilden: In den ersten drei Jahren nach der Geburt eines Kindes müssen Mütter nur einen Sockelbetrag von jährlich 60 Euro einzahlen, um die volle Förderung in Höhe von 154 Euro zu bekommen. Zusätzlich gibt es 185 Euro für jedes Kind, (300 Euro für alle ab 2008 Geborenen). Doch auch für berufstätige Frauen, lohnt es zu riestern. Sie können zusätzlich bis zu 2.100 Euro ihrer Einzahlungen steuerlich geltend machen. Selbständige, die nicht Riester-berechtigt sind, können die Möglichkeiten der Rürup-Rente nutzen. Ebenso wie Riester-Verträge ist auch diese Vorsorgeform Hartz-IV-sicher.

Säule 2: Lebensversicherung und private Rentenversicherung

Lebens- und Rentenversicherungen sind sichere und überschaubare Bausteine der privaten Altersvorsorge. Wer seine Familie nach seinem Tod gut versorgt wissen will, wählt eine Kapital-Lebensversicherung als Kombination aus Versicherungsschutz und Altersvorsorge. Die private Rentenversicherung ist geeignet, wenn für die Altersversorgung angespart werden soll. Für beide Versicherungsformen gilt: Sie sind auf eine langfristige Bindung hin angelegt und setzen ein regelmäßiges Einkommen voraus. Eine vorzeitige Auflösung ist immer mit Verlusten verbunden. Die Abschlusskosten können bei diesen Versicherungen recht hoch sein – unbedingt detailliert aufschlüsseln lassen. Außerdem ist bei neu abgeschlossenen Lebensversicherungen wegen der Absenkung des Garantiezinses in Zukunft mit sinkenden Renditen zu rechnen.

Säule 3: Immobilien als Altersvorsorge

Frauen haben oft große Scheu vor dem Kauf einer Immobilie. Sie trauen sich die Finanzierung nicht zu und fürchten die Schuldenlast. Doch gerade Immobilien sind für die Altersvorsorge gut geeignet: Einem Gebäude kann die Inflation nichts anhaben. Die Eigentümerinnen kommen in den Genuss von Steuervorteilen und können im Alter mietfrei wohnen. Vorausgesetzt, die Immobilie ist ihr Geld wert. Anlegerinnen sollten nicht blind den Versprechen des Verkäufers folgen, sondern im Zweifel den Wert durch einen unabhängigen Gutachter taxieren lassen. Das Modell Immobilie eignet sich nur für Frauen, die über ein regelmäßiges Einkommen in ausreichender Höhe verfügen. Denn der Kauf und die damit verbundenden Nebenkosten (Notarkosten, Gebühren für Grundbucheintragung etc.) sollten mindestens zu 20 Prozent aus eigenen Mitteln finanziert werden. Das Abbezahlen eines Kredites erstreckt sich über viele Jahre; außerdem sollte jeder Immobilienbesitzer Rücklagen für notwendige Reparaturen und Sanierungen bilden.

Säule 4: Investmentfonds

„Die nahezu ideale Geldanlage für Frauen“, so Finanzberaterin Upgang, „sind Investmentfonds“. Bei dieser Anlageform zahlen viele Anleger in einen Topf ein. Die Kapitalgesellschaft, die den Topf verwaltet, erwirbt von den Geldern viele unterschiedliche Wertpapiere und streut so das Risiko. Die Fondsanleger erhalten Anteilscheine, die das Miteigentumsrecht am Fonds verbriefen. Die Entscheidung, welche Wertpapiere oder Immobilien gekauft werden, trifft der/die Fondsmanager/in.

Investmentfonds haben den großen Vorteil, dass sie äußerst flexibel sind. Sie können jederzeit aufgelöst werden, Zahlungen vorübergehend eingestellt werden – etwa im Falle einer Babypause, wenn kein Geld hereinkommt. Außerdem bieten Fonds gute Renditechancen – und die sollten sich gerade Frauen nicht entgehen lassen: Geschickt angelegt können schon 25 Euro im Monat über 30 Jahre hinweg eingezahlt ungefähr 80.000 Euro erbringen. Aber: Die Rendite kann wegen der Kursschwankungen nicht garantiert werden. Das Risiko minimiert sich jedoch, wenn die Anlegerin in den ersten zehn Jahren nicht an ihr Geld heran muss. Natürlich sollten die Anteile nicht verkauft werden, wenn die Kurse gerade im Keller sind.

Zum Weiterlesen

 

Links 

  • www.deutsche-rentenversicherung.de
    Informationen zur gesetzlichen Rentenversicherung
  • www.finanzexpertinnen.de
    Website des Bundesverbandes unabhängiger Finanzdienstleisterinnen e.V. (gibt unter anderem Informationen zu qualifizierten Beraterinnen)
  • www.test.de
    Website der Stiftung Warentest, die regelmäßig Lebens-, Rentenversicherungen, Riester-Anbieter oder auch Investmentfonds unter die Lupe nimmt.
  • www.rente.com
    Allgemeine Informationen zur privaten Altersvorsorge und gesetzlichen Rente
  • www.vorsorge-und-finanzen.de
    Vorsorge-Ratgeber für Verbraucher