Alle wollen rein – was tun?

Kinder im Elternbett

Für Kinder ist Mamas und Papas Bett ganz klar die erste Adresse, wenn sie zum Beispiel nachts Angst haben. Aber gehören sie da wirklich hin? Oder sollten sie lieber grundsätzlich in ihrem eigenen Bett schlafen?

Autor: Christiane Bertelsmann

"Leni Mamapapabett, Leni Anst!"

Kind Elternbett panther F Roeder
Foto: © panthermedia.net / F. Roeder

Dienstagnacht, drei Uhr. Kleine nackte Kinderfüße tapsen über den Hausflur. Den Lieblingsteddy fest unter den Arm geklemmt, steht Leonie (2) vor dem Bett ihrer Eltern. Sie schluchzt. „Leni Papamama-Bett. Leni Anst.“ Die Mutter seufzt – und rückt zur Seite.

Kommt Ihnen diese Szene bekannt vor? Bestimmt, denn es gibt kaum ein Kind, das nicht nachts ins Bett seiner Eltern schlüpfen will. Oder die ganze Nacht bei den Großen verbringt.

Das Familienbett

An der Frage, ob Kinder im Elternbett schlummern dürfen oder nicht, scheiden sich die Geister. Für manche Familien ist das völlig in Ordnung. Gerade Mütter, die ihre Babys stillen, finden es praktisch, das Kleine ganz in ihrer Nähe zu haben. Nicht zuletzt wegen der Kuschelzeit. Es ist ein ganz wunderbares und sehr beruhigendes Gefühl, wenn das Baby im Bett direkt neben einem schläft. Die ruhigen Atemzüge zu hören, die kleine Hand neben sich zu spüren – Glück pur. Für Mutter und Baby. Und keine neue Idee. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein war es völlig selbstverständlich, dass Babys bei den Eltern oder zumindest bei der Mutter im Bett schlafen. Wo Platzmangel herrscht, ist das noch heute so.

Wenn sich ein Paar bewusst für das Familienbett entscheidet, sollten allerdings alle damit einverstanden sein – Mutter und Vater. Sonst kann es leicht zu Konflikten kommen, insbesondere falls ein Elternteil schlechter schläft, wenn ein Kind im Bett mitschlummert. „Kinder wachsen, das Bett wächst nicht mit“, bringt es die Psychologin Svenja Lüthge auf den Punkt, „mit etwa zwei Jahren schlafen die Kinder unruhiger, weil sie stärker träumen. Sie bewegen sich mehr, wühlen nachts im Bett herum. Das weckt auch die Eltern.“ Umgekehrt werden gerade ältere Kinder häufig wach, wenn die Erwachsenen später ins Bett gehen – oder morgens aufstehen. Ihnen fehlt dann der Schlaf.

Sicherer Schlaf im Erwachsenenbett

Doch für kleinere Kinder kann das Familienbett eine gute Lösung sein – wenn man ein paar Sicherheitsregeln beachtet. Denn nicht in jedem Elternbett schlummert es sich ungefährlich – das betrifft besonders sehr kleine Babys. Prof. Dr. Gerhard Jorch, Direktor der Unikinderklinik Magdeburg, nennt die Gründe, die das Risiko für Babys erhöhen, an  plötzlichem Kindstod zu sterben, wenn sie im Elternbett schlafen: „Kinder aus Raucherhaushalten sind besonders gefährdet, denn die schädlichen Stoffe hängen in der Bettwäsche und in den Wänden. Es ist sozusagen alles damit kontaminiert“, so der Mediziner. Auch für Babys, die auf dem Bauch oder in Seitenlage schlafen, ist das Risiko größer.

Wer sein Baby ins Erwachsenenbett mitnehmen möchte, sollte genug Platz haben. Schwere Federbetten, eine zu weiche Matratze und Kopfkissen sind absolut tabu – Erstickungsgefahr. „Ideal ist ein Babyschlafsack oder eine leichte Decke fürs das Baby“, rät der Experte. Hält man sich an diese Ratschläge, so geht das Risiko gegen Null – das haben aktuelle Forschungen bewiesen. Sehr junge Babys (unter vier Monaten) sind jedoch im Gitterbettchen, das neben dem Elternbett stehen kann, besser und sichererer aufgehoben. „Wenn allerdings Mutter und Kind zusammen nach dem Stillen einschlafen, muss man auch keine Angst haben – wenn die eben genannten Sicherheitsbedingungen eingehalten werden“, sagt Gerhard Jorch.

Und das Liebesleben?

Reden wir nicht drumherum: ein Kind, das dauerhaft die Nacht im Elternbett verbringt, ist ein ziemlich sicheres Verhütungsmittel. In Sachen Liebesleben läuft nix wenn Klein-Mäxchen oder Sarah daneben liegen. Und das ist richtig so. „Sex im Familienbett ist tabu“, sagt Psychologin Svenja Lüthge, „das irritiert die Kinder.“ Gerade Männer finden es deshalb nicht so toll, ihr Bett – und die Partnerin - mit Sohn oder Tochter teilen zu müssen.

Nach indidviduellen Lösungen suchen

Was also ist die Lösung? Was hilft gegen den nächtlichen Sturm der Knirpse aufs Elternbett? Und: Kriegt man die Kleinen wieder raus aus der für sie so begehrlichen großen Kuschelwiese? Experten sind sich inzwischen einig: Das muss man individuell lösen. Kinderarzt Jorch, selbst Vater von neun Kindern, hat die Erfahrung gemacht, dass weder das eine noch das andere Extrem das Richtige ist. Weder sollten die Kinder Nacht für Nacht das Elternbett okkupieren und gar nicht mehr im eigenen Bett schlafen. Es ihnen zu verwehren, ist aber auch nicht das Mittel der Wahl. Wenn die Kids im Schulalter sind, finden sie es im eigenen Bett meistens viel spannender als im Bett der Eltern. Gerade, wenn man es ihnen in ihrem Bett besonders gemütlich gemacht hat, freuen sie sich an ihrer Selbständigkeit. Doch es kann durchaus auch vorkommen, dass auch die Großen nachts an die Schlafzimmertüre klopfen, etwa wenn sie einen Alptraum hatten.

Wie bringe ich mein Kind dazu, im eigenen Bett zu schlafen?

Experte Jan-Uwe Rogge gibt in diesem Video die Antwort: 

Interview mit Psychologin Svenja Lüthge

Fragen an Svenja Lüthge, Psychologin aus Kiel und Mutter zweier Kinder:

Dürfen Kinder bei ihren Eltern im Bett schlafen?

Das muss jedes Paar für sich entscheiden. Wenn sich alle dabei wohl fühlen, kann das sehr entspannend für Eltern und Kinder sein. Besonders in der Babyzeit. Man sollte sich aber bewusst werden, dass für Partnerschaft und Gespräche im Schlafzimmer kein Raum mehr ist. Die Kinder stehen im Mittelpunkt – nicht nur tags, sondern auch nachts.

Was ist, wenn ein Kind bei einem Elternteil aufwächst?

Mit einem Kind im Bett zu schlafen, ruft gerade bei Müttern ähnliche Gefühle wach, wie man sie auch einem Partner gegenüber empfindet: Geborgenheit, Nähe, Vertrauen. Als alleinerziehende Mutter sollte man sich selbst gegenüber ehrlich sein – vor allen im Hinblick darauf, dass man viellicht mal einen neuen Partner hat. Aus meiner Praxis weiß ich, dass es dann doppelt schwierig ist, den Kinder begreiflich zu machen, dass sie nicht mehr bei Mama im Bett schlafen sollen.

Ist es für Kinder wichtig, alleine schlafen zu lernen?

Unbedingt! Mit dem Ende der Babyzeit ist die Zeit für ein eigenes Bett reif. Schon Kleinkinder müssen das lernen, was wir Psychologen Selbstregulation nennen. Also die Fähigkeit, selbst mit Ängsten fertig zu werden und durch bestimmte Handlungen einen emotional stabilen Zustand zu erlangen. Selbstverständlich müssen die Eltern ihren Kindern dabei helfen. Kein Kind tröstet sich in der Nacht alleine. Aber man kann gemeinsam mit dem Kind Strategien und Rituale entwickeln, wie es sich selbst beruhigen kann. Das kann sein, indem es sein Kuscheltier oder ein Schnuffeltuch an sich. Ich habe auch schon einem meiner jungen Klienten, der Angst vor Monstern hatte und deshalb nicht schlafen konnte, ein Anti-Monster-Spray verschrieben – in Wirklichkeit war es Lavendelöl. Das hat sehr gut genutzt.

Wie kann man dem Kind auf dem Weg zum Alleine-Schlafen helfen?

Durch Verlässlichkeit und Rituale. Kinder brauchen das Gefühl: Die Eltern sind für mich da. Ich bin nicht alleine. Tür zu – Licht aus – das geht gar nicht. Schon im Mutterleib sind die Kinder an Geräusche gewöhnt, das wirkt auf sie beruhigend. Wenn man Kinder von den Eltern isoliert, fühlen sie sich abgeschoben und damit im wahrsten Sinn des Wortes mutterseelenallein. Rituale sind gerade für die Ins-Bett-Geh-Zeit wichtig und hilfreich. Damit kann man schon in der Babyzeit anfangen.

Wie könnte so ein Ritual aussehen?

Erstmal mit der Ansage, dass die Spielzeit jetzt vorbei ist. Dann bettfertig machen, Abendessen, Zähneputzen und je nach Vorlieben vorlesen, singen, erzählen, beten. Dafür sollte man sich Zeit und Ruhe nehmen – je ruhiger sich das Kind vom Tag verabschieden kann, desto besser die Nachtruhe.

Was ist, wenn Kinder Alpträume haben oder krank sind?

Dann dürfen sie natürlich ins Elternbett. Aber sie sollten verstehen, dass das eine Ausnahme ist und nicht die neue Regelsituation. Hier ist es an den Eltern, konsequent zu bleiben.

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