Frühgeburt

9 Prozent aller Kinder in Deutschland kommen zu früh auf die Welt. Mehr zu den Ursachen, präventiven Maßnahmen und Behandlungsmethoden auf urbia.de.

Wann spricht man von einer Frühgeburt?

Bei einer Geburt vor dem Abschluss der 37. Schwangerschaftswoche oder einem Geburtsgewicht von weniger als 2500 Gramm spricht man von einer Frühgeburt. Heute haben Frühgeborene viel bessere Überlebenschancen als früher. Speziell die Neugeborenen-Intensivmedizin hat sich stark weiterentwickelt und ermöglicht auch sehr früh geborenen Babys eine gute Versorgung. So sind heute selbst Frühchen ab der 22. Schwangerschaftswoche überlebensfähig. Neben der Anzahl der Schwangerschaftswochen, entscheidet das Gewicht des Kindes über dessen Überlebenschance.

Aktuell kommen 9 Prozent aller in Deutschland geborenen Kinder zu früh auf die Welt. Diese Rate ist zwar seit Jahren konstant, gehört aber zu den höchsten Frühgeburtenraten in Europa. Gründe für die relativ hohe Zahl an Frühgeburten können in etwa 40 Prozent der Fälle nicht geklärt werden, dennoch zählen Experten das steigende Alter der Mütter sowie eine Häufung von Diabetes Mellitus zu den Ursachen. Auch bei Mehrlingsschwangerschaften kommt es meist zu einer Frühgeburt. Wenn die Schwangere bereits zuvor Frühgeburten gehabt hat oder selbst zu früh auf die Welt gekommen ist, dann besteht ebenfalls ein erhöhtes Risiko. Meist ist es die Kombination aus verschiedenen Faktoren.

Prävention

Extrem früh geborene Kinder können sich meist nicht völlig gesund entwickeln. Ein positives Gegenbeispiel ist die kleine Frieda, die 2010 nach 21 Schwangerschaftswochen und fünf Tagen mit 460 Gramm und 26 Zentimetern als das jüngste Frühchen Europas zur Welt kam. Heute ist die Kleine gesund und entwickelt sich gut. Trotz solcher Ausnahmebeispiele möchte wohl jede Schwangere eine Frühgeburt so gut wie möglich vermeiden. Tatsächlich gibt es Maßnahmen, die werdende Mütter ergreifen können, um einer Frühgeburt vorbeugend entgegenzuwirken. Bei der Prävention von Frühgeburten geht es in erster Linie darum, eine extreme Frühgeburt, also eine Geburt vor der 31. Schwangerschaftswoche, zu verhindern.

Die einfachste Maßnahme ist die Vermeidung von übermäßigem Stress. Wenn sich der Herzschlag einer Schwangeren aufgrund von Stress erhöht, so erhöht sich auch der des Kindes. Deshalb ist es wichtig, vermeidbaren Stressfaktoren entgegenzusteuern und sich mehr Ruhepausen zu gönnen. Ein gesundes Maß an Stress ist nicht belastend für den Fötus und einer gesunden Entwicklung somit nicht abträglich. Wer jedoch unter Dauerstress und Ängsten leidet, die nicht ohne Weiteres zu bewältigen sind, sollte sich Hilfe suchen. Der Konsum von Zigaretten, Alkohol und Drogen führt bekanntermaßen oft zu Früh- und Fehlgeburten. Aber auch auf bestimmte Lebensmittel sollte während der Schwangerschaft verzichtet werden, um das Risiko einer Frühgeburt zu minimieren. Weiterhin gehört eine vaginale Infektion zu den häufigsten Ursachen einer Frühgeburt. Während der Schwangerschaft sollten regelmäßige Tests diesbezüglich vorgenommen werden. Ohnehin tragen regelmäßige Arzttermine zur frühzeitigen Erkennung einer möglichen Frühgeburt bei. Eine umfangreiche ärztliche Aufklärung über das Verhalten und die Risiken während der Schwangerschaft sensibilisiert Schwangere besser für die Vorgänge in ihrem Körper. Informierten Frauen fallen körperliche Veränderungen während der Schwangerschaft schneller auf. Zudem sollte eine schwangere Frau ihrem Arbeitgeber rechtzeitig Bescheid sagen, damit entsprechende Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz getroffen werden können.

Anzeichen

Anzeichen für eine drohende Frühgeburt können regelmäßig auftretende Wehen sein, eine Blutung oder ein Ziehen im unteren Bereich des Rückens und das Gefühl, das Gewicht des Kindes würde nach unten drücken. Ein häufig auftretendes Problem, ist die Zervixinsuffizienz, eine verfrühte Verkürzung des Gebärmutterhalses. Wenn ein solcher Fall eintritt, wird der Muttermund weich und beginnt sich zu öffnen. Ein eindeutiges Symptom ist das verfrühte Platzen der Fruchtblase. Ist dies passiert, kann eine Schwangerschaft nicht weitergeführt werden. Ein Großteil der Frühgeburten wird von Infektionen im Genitalbereich der Schwangeren ausgelöst. Aber auch Krankheiten bei der Mutter oder dem Fötus können eine Frühgeburt begünstigen und auch der Zustand der Plazenta kann zu  vorzeitigen Wehen oder einem Blasensprung führen. Zwar können die Wehen durch ein wehenhemmendes Medikament, so genannte Tokolytika, unterbunden werden, dennoch bleibt die Ursache für die Wehen bestehen.

Folgen

Die derzeitigen Überlebenschancen von Frühchen, die vor der 23. Schwangerschaftswoche geboren werden und weniger als 1500 Gramm wiegen, sind gering. Schwere Behinderungen sind nicht ausgeschlossen. Ein häufiges Problem bei viel zu früh geborenen Kindern ist die nicht voll entwickelte Lunge. Steht eine Frühgeburt unmittelbar bevor, verabreicht der Arzt oftmals Glukokortikoide, um die Reifung der Lunge zu beschleunigen. Noch vor 30 Jahren war die Atemnot durch eine nicht vollständig entwickelte Lunge die Haupttodesursache bei Frühchen. Aufgrund der noch sehr feinen Blutgefäße kann es auch zu einer Hirnblutung kommen, die bei einigen Kindern zu gesundheitlichen Schäden führt. Ebenso tritt bei Frühgeborenen eine  erhöhte Anfälligkeit für Infekte auf. Darunter fallen vermehrt Darminfekte, da ein unausgereifter Darm viele Keime noch nicht verarbeiten kann. Als langfristige Folgen einer Frühgeburt können Atemwegserkrankungen, Autismus, Behinderungen, Lernschwächen und noch eine Reihe anderer Auffälligkeiten auftreten. Bei zu früh geborenen Kindern ab der 37. Schwangerschaftswoche ist die Wahrscheinlichkeit gesundheitlicher Folgen aufgrund des fortgeschrittenen Entwicklungsstadiums wesentlich geringer.

Maßnahmen

Nach einer Frühgeburt wird das Baby in einem Inkubator, auch Brutkasten genannt versorgt, bei dem Temperatur und Luftfeuchtigkeit reguliert werden und die Luft mit Sauerstoff versetzt wird. Hier kann sich das Frühgeborene erholen und entwickeln und ist gleichzeitig vor Viren und Bakterien geschützt, die das empfindliche Immunsystem angreifen könnten. Auch werden hier Herzschlag und Atmung überwacht. Je nach Entwicklungsstufe und Geburtsgewicht der Frühgeborenen, sind nach der Geburt verschiedene Behandlungen notwendig. Da das Verdauungssystem bei extremen Frühchen meist noch nicht richtig funktioniert und sie Muttermilch noch nicht vertragen, werden sie mit einer Zucker-Wasser-Lösung ernährt. Sehr wichtig für Frühchen wie für jedes andere Neugeborene ist der Körperkontakt zu den Eltern. Eine hierfür entwickelte Technik ist das „Känguruhen“, eine Methode, bei der das Frühchen mehrere Stunden am Tag auf die nackte Haut der Mutter oder des Vaters gelegt wird, um durch Körperkontakt eine Bindung aufzubauen und Stress abzubauen. Dadurch, dass die Verbindung zur Mutter zu früh abgebrochen wurde, wird in vielen Kliniken darauf geachtet, dass die Nähe zwischen Mutter und Kind nach der Frühgeburt so gut wie möglich gepflegt wird. Für gewöhnlich wird die medizinische Versorgung so lange fortgeführt, bis der eigentliche Geburtszeitpunkt erreicht ist. Damit Eltern von Frühgeborenen lernen, ihr zerbrechlich wirkendes Baby zu betreuen, werden sie vom Krankenhauspersonal angeleitet. So soll zum Bespiel eine akustische Stimulation wie das Vorsingen oder das Sprechen mit dem Baby sich positiv auf eine gute Entwicklung der Frühchen auswirken.

Die Behandlungsmöglichkeiten bei Frühgeburten werden immer besser. Inzwischen sind die Überlebenschancen bei sehr früh geborenen Babys gestiegen und nur noch ein Drittel trägt Behinderungen davon. Zugleich steigt die Anzahl der Frühgeburten: Derzeit sind es rund 15 Millionen Babys weltweit. Mediziner in Deutschland müssen eine Frühgeburt rechtlich erst ab 24 Schwangerschaftswochen retten, in anderen Ländern teilweise noch später. Japan ist das einzige Land, in dem die Ärzte verpflichtet sind, Frühchen bereits mit 22 Wochen zu retten. Im Fall von extrem frühgeborenen Babys müssen Ärzte die Entscheidung zwischen medizinisch Machbarem und ethisch Vertretbaren treffen. Eltern werden im Idealfall sofort nach der Geburt ermutigt, sich um ihr Baby zu kümmern. Die entwicklungsfördernden Konzepte wirken sich positiv auf das Frühchen aus: Atmung und Herzfrequenz normalisieren sich, sie schlafen besser und nehmen schneller zu.